Eine alte Lebensweisheit besagt: Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen.
Die Zeiten haben sich geändert, war sich die Versammlung der Gastronomen einig. Einigkeit auch bei der Klage, so könne es nicht weitergehen. Aber wie dann?
„Ich biete neuerdings geführte Verdauungsspaziergänge an“, meldete sich der Pächter des Landgasthofes „Froschweiher“. Der Bärentreiber ist die Oma, und dann schwärmt die gesamte Belegschaft aus, um sie wieder einzufangen. Eine Katastrophe, der Mangel an Fachpersonal!
Und dazu die Kleckerei, seufzte der Inhaber des Fitnesshotels „Ischiashof“. Bei mir beginnt das Wort „lecker“ schon lange mit „k“ und ich überlege, ob ich zum Menü eine Tube Fleckenpaste oder einen Regenumhang serviere.
Schmarrn! - brummte der Besitzer des Restaurants „Rouladenstube“, das bringt keinen Cent mehr Umsatz. Was wir benötigen, das sind Sponsoren. Die werfen doch dem Sport Millionen in den Rachen. Und was bringt zum Beispiel ein Rennradler ins Ziel? Nix - nicht einen müden Eintopf!
„Ja, soll meine Köchin jetzt Radprofi werden oder boxen?“, kam es vom Froschweiher, „oder soll sich mein Servicepersonal jetzt im Suppenteller-Weitwurf üben?“, gab der Ischias-Kollege zu bedenken.
Die Gruppe versank in resignierendem Schweigen und nahm kaum Notiz vom Verschwinden des Rouladenstuben-Fritze. Der hatte eine Idee: Was die Sportler können, kann er nämlich schon lang!
Nur heute!!!!!!!! Ihre Kaminkehrerinnung präsentiert Ofenschlupfer.
Verblüfft stoppte Willi Knoll das Auto und sah seine Frau Gerda fragend an. Was ist denn das, murmelte er und deutete auf die schwarze Werbetafel am Eingang zu einem Restaurant mit dem Namen „Rouladenstube“. Klingt nach Schnäppchen, erwiderte Gerda, gehen wir halt rein.
Guten Tag, die Kunstschlosserei Schulze heißt Sie sehr herzlich willkommen und wünscht guten Appetit, verkündete der Oberkellner. Äh, guten Tag, gab Willi verwirrt zurück, sind wir hier nicht im Restaurant Dings, äh, Rouladenstube? Aber gewiss, die Herrschaften, zwei Personen? Der Tisch am Fenster wäre noch frei, gesponsert von der Schreinerei Hartwig - Kreativität in Spanplatte. Willi legte den Arm schützend um Gerda und ließ sie vorsichtig Platz nehmen. Der Tisch war einladend gedeckt. Ein umfangreiches Bestecksortiment garnierte die Teller. Fast synchron murmelten die beiden den darauf mit Balsamico handgeschriebenen Text: Soll das Mahl bekömmlich sein, kauf das Geschirr bei Huber ein!
Der Kellner näherte sich wieder, überreichte die ledergebundene Speisekarte und deklamierte: Aus der Sponsorenpfanne kommen heute Ofenschlupfer, präsentiert von der Innung der Kaminkehrer, den Feuerungsspezialisten Ihres Vertrauens. Was wünschen die Herrschaften zu trinken? - Damit der Magen besser schafft, von Maier-Bräu den Gerstensaft?
Zitternd fanden sich die Hände von Willi und Gerda. Willi orderte eine Flasche Mineralwasser. Sehr gern, dienerte der Kellner, die stilvollen Gläser sind eine Leihgabe der Glasmanufaktur Lombardi.
Außer der Speisekarte studierten Willi und Gerda die Werbebotschaften auf dem Besteck, auf der Serviette (Bei Magendrücken, Übelkeit - Ihr Apotheker steht bereit!), auf dem Tischtuch und auf dem Salatblatt, welches den Salatteller bedeckte: Blatt für Blatt ein Hochgenuss - Salat vom Gärtner Kummernuss. Das Menü selbst wurde natürlich auch mit Werbesprüchen, schriftlich und verbal, herzhaft gewürzt.
Als der Ober dann mit einer Kaffeehymne loslegen wollte, winkte Willi erschöpft ab: Die Rechnung, bitte! Willi zählte den aufgerundeten Betrag in die elegante Rechnungsmappe und legte einen Bierdeckel dazu, auf dem er ergrimmt notierte:
Dem Küchenchef sei Lob und Dank, sein Sparmenü erhält uns schlank.
Foto und Text:
Gunter R. Schwäble