Manchen Streuobstwiesen droht das Aus – In Kirchheim soll ein Ranking Schwerpunkte setzen
Gesucht: Männer mit Latzhosen

Streuobstwiesen sind ein Markenzeichen der Region. Doch nur unverbesserliche Nostalgiker scheinen noch an ihren Erhalt in jetziger Ausdehnung zu glauben. Fachleute und Realisten sind bemüht, wenigstens einen Teil dieser Kulturlandschaft dauerhaft zu sichern.

Gesucht: Männer mit Latzhosen
Gesucht: Männer mit Latzhosen

Kirchheim. Was haben der Nordtrauf der Schwäbischen Alb und die Region Siebenbürgen in Rumänien gemeinsam? – Angeblich gibt es nirgendwo größere Streuobstwiesenbestände. Doch sie werden sehr schnell schrumpfen – auch wenn Kirchheim jetzt gegensteuert. Die Erkenntnisse, die Professor Christian Küpfer vor Kirchheims Gemeinderäten offenbahrte, sind nichts für sentimentale Menschen: „In zehn Jahren wird es auf Kirchheimer Boden wesentlich weniger Streuobstwiesen geben als heute“, machte der Naturschutz-Fachmann vor Kirchheimer Gemeinderäten unmissverständlich klar. Doch er stimmte nicht nur ein Klagelied an, sondern entfachte eine angeregte Diskussion über die Zukunft der landschaftsprägenden Wiesen. „Es geht um den Erhalt dieser Kulturlandschaft“, betonte er. Bislang waren die Maßnahmen rund um das Streuobst in Kirchheim überwiegend auf den Naturschutz ausgerichtet.

Professor Küpfer schlug nun vor, ein Ranking für alle Streuobstwiesengebiete Kirchheims in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten zu entwickeln. Kriterien wie der Pflegezustand der Bäume, die Hangneigung, das Landschaftsbild oder die Erreichbarkeit sind dabei entscheidend. So könne es gelingen, die Einzelkämpfer unter den Streuobstwiesenbesitzern zu einer Gruppe zu formieren.

Alle Fraktionen stellten sich hinter das Ziel, einen Teil der Streuobstwiesen gezielt zu erhalten. „Wir brauchen Leute mit Latzhosen und Baumsägen, die freudig an die Sache rangehen“, machte Reinhold Ambacher von den Freien Wählern klar. Wichtig seien auch neue Vermarktungsmöglichkeiten. Als „jammerschade“ bezeichnete SPD-Mann Hans Gregor den Verlust jeder einzelnen Streuobstwiese. Er schöpft jedoch Hoffnung aus der Tatsache, dass sich speziell im Jesinger Obstbauverein auch junge Leute engagier

en.

Den Streuobstwiesenpflegern müssten auch Menschen als Partner zur Seite gestellt werden, die die Flächen unter den Bäumen bewirtschaften, merkte Hanns-Karl Schühle an, sachkundiger Bürger für Naturschutzbelange. Lindorfs Ortsvorsteher Stefan Würtele ergänzte einige Vorschläge des Lindorfer Ortschaftsrates. So könne man eine Obstaufsammelmaschine und vielleicht auch einen Mäher für höheres Gras anschaffen und gegen Gebühr verleihen. Eine mobile Saftpresse könnte eine tolle Sache für Familien sein.

Wir brauchen eine neue Dynamik in der Diskussion, fasste Bürgermeis­

ter Riemer abschließend zusammen. Gleiches muss wohl auch für die Naturschutzgesetzgebung gelten. Die Meinung, dass die starren Regeln für Gütlesbesitzer in der Ötlinger Halde manch einen noch vollends von der Scholle vertrieben haben, teilen nämlich viele in Kirchheim.