Basketball
Gesucht: Nachhilfe für Spätzünder

Basketball Bei den Knights zeichnet sich ein hartnäckiges Muster ab. Warum die Mannschaft zum dritten Mal den Start verschläft, muss nun der Trainer klären. Von Bernd Köble

War es nun diese eine Sekunde Nachlässigkeit? War es die schwere Hypothek eines völlig misslungenen Starts, oder waren es die Zweifel an der eigenen Courage, als das Spiel fünf Minuten vor dem Ende schon fast gewonnen schien? Es ist diese seltsame Mischung aus Verzagtheit und Wagemut, die Kirchheims Basketballer nach vier Spielen und einem denkwürdigen 68:69 gegen Rostock zwischen Himmel und Hölle pendeln lässt. Wer bei sechs Sekunden auf der Uhr und einem Punkt Rückstand den Ball wie Keith Rendleman nach einem Alley-oop-Pass durch die Reuse drischt, zeigt großen Sport und starke Nerven. Vorausgesetzt er ist clever genug, auch die restlichen Sekunden heil zu überstehen. Die Knights waren es am Samstag nicht. Deshalb dauerte das Spiel am Ende 0,6 Sekunden zu lang.

Es ist nicht alles schlecht im Kirchheimer Spiel, aber vieles brüchig. Die augenscheinlichen Probleme, fokussiert in ein Spiel zu gehen, dokumentieren schwache Anfangsviertel gegen Artland und Hagen, die am Samstag in einem katastrophalen 6:23 in den ersten zehn Minuten gegen Rostock gipfelten. Woran das liegt, ist das derzeit größte Rätsel. Kirchheims Coach Mauricio Parra greift zum Zügel. Mehr Drill beim Aufwärmen, oder wie er es nennt: mehr Intensität in der Spielvorbereitung. „Nervosität lasse ich beim Saisonstart gelten“, meint der Spanier. „Aber nicht im vierten Spiel.“

Nervös war seine Mannschaft am Samstag vor allem im entscheidenden Moment, als es galt, eine Elf-Punkte-Führung fünf Minuten vor dem Ende über die Zeit zu retten. Bogdanovs glücklicher Dreier aus bedrängter Position war vielleicht der Knackpunkt im gesamten Spiel. Die wachsende Panik auf Kirchheimer Seite nutzten Talbert und Cardenas zu zwei weiteren erfolgreichen Würfen von jenseits der Linie. Damit war das Spiel, das man mit etwas mehr Ruhe hätte heimschaukeln können, nach weniger als einer Minute plötzlich wieder völlig offen. „Wir hatten bis dahin noch nie zweistellig geführt“, sucht Mauricio Parra nach Erklärungen für diese unerwartete Wende. „Wenn es dann derart schnell geht, wirst du nervös.“

Beirren lässt sich Parra nicht: „Wir machen vieles richtig, und wir machen kontinuierlich Fortschritte.“ Tatsächlich relativiert sich bei genauerem Hinsehen vieles. Tim Koch kämpft seit drei Wochen gegen hartnäckige Verspannungen im Nacken, die ihn beim Wurf behindern. Am Samstag unterliefen dem Scharfschützen in seiner Paradedisziplin und auch im Passspiel ungewohnt viele Fehler. Warum der 29-Jährige in der entscheidenden Schlussphase trotzdem auf dem Parkett stand, fragten sich viele. „Er ist unser erfahrenster Werfer und ein absoluter Schlüsselspieler“, verteidigt der Trainer seine Entscheidung.

Andreas Kronhardt dagegen übt in dieser Saison erstmals den Spagat zwischen Sport und Beruf. Das heißt: nur einmal Training am Abend - nach einem Acht-Stunden-Tag. Eine Zäsur, die man dem 29-jährigen Center, einem der zuverlässigsten Akteure der vergangenen Jahre, deutlich anmerkt. Und: Dass der Gegner vom Samstag unter den Top Fünf der Liga rangiert, ist kein Zufall. Aufsteiger Rostock hat mit Clay, Bogdanov und Jost mehr als zehn Jahre Erstliga-Erfahrung in seinen Reihen, dazu mit Hicks und Harris außergewöhnliche Importspieler.

Das gilt auch für Karlsruhe, den nächsten Gegner der Knights am Samstag. Das Team von Michael Mai kämpft mit ähnlichen Startschwierigkeiten wie die Kirchheimer. Knights-Sportchef Christoph Schmidt, der nach dem Rostock-Spiel eine schlaflose Nacht erlebte, sucht das Gute im Schlechten: „Nach diesem Spiel werden wir sehen, wie unsere Mannschaft gestrickt ist.“