Esslingen. Der Krankenstand im Bereich der AOK Neckar-Fils liegt bei 4,7 Prozent. Das bedeutet nicht nur einen gewissen Leidensdruck für die Betroffenen, das bringt auch finanzielle Ausfälle in Höhe von über 260 Millionen Euro in den Kreisen Göppingen und Esslingen mit sich. Grund genug, die Zahl genauer unter die Lupe zu nehmen: „Warum waren diese Menschen krank?“ stellt Thomas Schneider, stellvertretender Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils, die entscheidende Frage. Gemeinsam mit den Bezirksratsvorsitzenden der Krankenkasse, Dieter Hummel und Andreas Streitberger, präsentierte er jetzt den aktuellen Fehlzeitenreport. Die hohe Zahl an Fehltagen, die durch chronische Krankheiten verursacht wurden, ebenso der Zusammenhang zwischen Alter und Fehltagen sowie die Tatsache, dass Skelettprobleme mit Rückenleiden ganz vorne dran sind bei den Ursachen für Fehlzeiten, zeigen, wo der Hebel angesetzt werden kann: „Das betriebliche Gesundheitsmanagement muss systematisch weiter betrieben und weiterentwickelt werden“, bringt es Schneider auf den Punkt.
Dieter Hummel, Pressereferent des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall, sieht in mehr betrieblicher Gesundheitsförderung einen klaren Wettbewerbsvorteil und Imagegewinn für den jeweiligen Betrieb. Überdies fördert der Staat derlei Maßnahmen finanziell. Geschult werden müssten zum einen Arbeitnehmer, zum anderen speziell Führungskräfte, sei doch häufig der Krankenstand abhängig von den Vorgesetzten. Zugenommen hat nämlich auch die Zahl psychischer Erkrankungen. Sie machen zwar „nur“ fünf Prozent aller Krankheitsfälle aus, aber zehn Prozent der Ausfalltage. „Das ist ein relevanter Faktor“, macht Thomas Schneider klar. „Das betriebliche Engagement darf sich nicht in einem Ernährungstag erschöpfen“, wirbt Andreas Streitberger, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Esslingen dafür, sich vom bloßen „Kursle“ zu entfernen und sich umfassender auszurichten. Die Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze kann ebenso dazugehören wie ein nachhaltiges Sportangebot. „Gesundheit ist nicht Privatsache“, ist die Überzeugung von Streitberger, der mit Sorge sieht, dass die Krankheitsquote nur die halbe Wahrheit sagt: „Es gibt auch Menschen, die sich durch die Woche schleppen und von keiner Statistik erfasst werden.“
Zielgruppe der AOK, die mit 125 000 Mitgliedern unter den Beschäftigten in den Kreisen Esslingen und Göppingen Marktführer ist, sind vor allem mittelständische Betriebe ab etwa 100 Beschäftigte. Betriebliche Gesundheitsvorsorge schreiben sich aber längst auch andere Kassen auf die Fahnen. Seitens des Bundesgesundheitsministeriums wird die Betriebliche Gesundheitsvorsorge als geeignetes Mittel bewertet, „auf die gesundheitlichen Beanspruchungen der Beschäftigten und veränderten psychischen Belastungen, zum Beispiel durch den zunehmenden Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Zeitdruck, angemessen zu reagieren“.