Weilheim. Sie sei nie wirklich glücklich gewesen, sagte Brigitte Bardot, die doch schön, reich und begehrt war. Wer arm dran ist, das ermittelte der amerikanische Ökonom Richard Easterlin, für den bedeute ein höheres Einkommen zugleich mehr Glück. Auch für Menschen in Schwellenländern, so Malessa, bedeute ein steigendes Einkommen mehr Lebenszufriedenheit.
Sind Grundbedürfnisse einmal befriedigt, ist das aber nicht mehr der Fall. Bei hohen Einkommen gelte eher das Gegenteil, sagte Malessa. Die Sorge um das Vermögen nehme zu. Depressionen, Sucht und psychische Erkrankungen seien bei den „oberen Zehntausend“ häufiger als beim Rest der Bevölkerung.
Ob unter den 150 Zuhörern in der Weilheimer Peterskirche wohl welche mit Telekom-Aktien saßen? Hätten sie im Jahr 1999 statt Telekom-Aktien Bier gekauft, so hätten sie heute genauso viel Flaschenpfand wie der aktuelle Aktienwert, sagte Malessa. Beim „Wunder von Bern“ hätten die siegreichen deutschen Fußballer im Jahr 1954 eine Prämie von 2 000 Mark erhalten. „Dafür würden Löws Jungs nicht einmal aus dem Bus steigen.“ Aber: „Waren die damals weniger glücklich?“ Mit Geld, schloss Malessa seinen finanziellen Exkurs, habe Glück nichts zu tun.
Auf Geldeinnahmen folgen Steuern. Wie viel von diesen hereinkommt, wüssten die Kommunen gerne im Voraus, doch das ist fast unmöglich. Die Römer machten es deshalb anders: Sie ließen die Steuern anstatt vom Finanzamt von Privatleuten berechnen und eintreiben und diese einen garantierten Mindestbetrag abliefern. Den korrupten Steuereintreiber Zachäus, von dem der Evangelist Lukas in der Bibel berichtet, stellt sich Malessa wie Danny DeVito vor, denn er war laut Lukas sehr klein. Schlimmer noch: Keiner machte ihm Platz, die Leute schnitten ihn. Freunde, die ihn weinend in den Arm oder lachend auf den Arm nahmen? Fehlanzeige. Für Malessa war er „wie ein Chef, der keinen Platz im Herzen der Mitarbeiter hat“. So einer könne nie produktiv sein.
Amen? Nein, Pause, denn Malessas Ansprache war in drei Teile gegliedert, auf angenehmste Weise unterbrochen von „Vocal Affair“, also der Sängerin Sandra Schöne sowie dem Gitarristen und Pianisten Patrick Schwefel. In gefühlvollen und souligen Stücken näherten sich die beiden dem Thema Glück auf ihre Weise.
Jenes Glück, das – so Malessa im zweiten Teil – die Psychologie als „instabilen Zustand subjektiver Zufriedenheit“ definiere, der unabhängig von objektiven Bedingungen sei. Die Suche nach dem Glück, das nicht von dieser Welt ist, würden die Menschen verbergen. Diese Suche sei quasi „die erogene Zone der Seele“. Manche versteckten ihre Suche hinter Vorhaltungen, etwa über den Pfarrer.
Als Jesus dem korrupten Steuereintreiber Zachäus begegnet, hält er ihm nichts vor und keine Gardinenpredigt. Denn, so Malessa: „Gottes Gerechtigkeit ist Gnade. Sie ist auch auf der Seite der seelisch halb verhungerten Reichen.“ Was die beiden geredet haben, nachdem Jesus sich selbst bei Zachäus zum Essen eingeladen hatte, verschweigt Lukas. „Das ist, wie wenn im Fernsehen von außen die Türklinken gefilmt werden“, sagte Malessa. Hinterher treten dann alle auf den Balkon und erklären sich der Presse. Zachäus erklärt anschließend, das betrogene Geld vierfach zurückzuzahlen und sein halbes Vermögen den Armen zu geben. „Das ist, wie wenn BASF, Sandoz und Co. ihren halben Gewinn in einen Umweltfonds stecken und Afrika mit kostenlosen AIDS-Medikamenten überschwemmen.“
Glücklich ist für Malessa, wer – wie ganz plötzlich Zachäus – von anderen wahrgenommen wird, wem etwas zugetraut wird, wer Achtung erfährt. Wer wie Zachäus oder wie Margot Käßmann Fehler zugeben kann. „Ihr dreiminütiger Rücktritt als Bischöfin war zugleich ihr Comeback“, sagte Malessa und gab den Zuhörern neben vielen Gedankenanstößen einen griffigen Merksatz mit: „Glücklich ist, wer glücklich macht.“
Viel Stoff für Gespräche, bei dezenter Musik und frischen Bätschern aus dem Hepsisauer Backhaus.