Lokales
Glosse: Küssen verboten

Es gibt Küsse, auf die könnte man gut und gern verzichten. Wenn sich der Partner kurz nach dem Aufwachen herüberbeugt und einem für einen kurzen Moment der Hauch des Todes ins Gesicht weht, möchte man‘s am liebsten mit den Prinzen halten und rufen: Küssen verboten! Gott sei Dank hilft Zähneputzen.
Gesellschaftlich akzeptierter, aber viel viel unangenehmer, sind jene Küsse, die man gar nicht kommen sieht. Nichts ahnend streckt man dem Bekannten eines Bekannten, den man in seinem Leben noch nie zuvor gesehen hat, auf der Party die Hand zum Gruß entgegen. Dieser ergreift die Hand, aber nur, um sein Gegenüber ruckartig an sich zu reißen und auf beide Wangen zu küssen. Bäh! Da hilft nur ein gezielter Tritt gegens Schienbein. Auch die Handküsse, die gesetztere Herren den Damen ab und zu angedeihen lassen, sind möglicherweise gut gemeint, aber eben nicht jedermanns, pardon jederfraus, Sache. Aber was soll man dagegen tun? Die Hand wegziehen? Zubeißen? Na ja . . .
Einen ganz besonders unangenehmen Beigeschmack hatte das Küsschen, das ein Mann in Ruit am Montagvormittag unverhofft von zwei Damen bekommen hat. Der 85-Jährige hatte gerade Geld abgehoben und musste an der Ampel vor der Bank warten, als er von einer jungen Frau abgelenkt wurde. Plötzlich kamen zwei weitere hinzu und küssten ihn auf die Wangen. Der Spuk war so schnell beendet, wie er begonnen hatte. Erst zu Hause bemerkte der Mann, dass sein Geldbeutel fehlte. Offenbar war der Ärmste Küsse von Wildfremden einfach nicht gewöhnt. Das ist durchaus verständlich. Schließlich sind es meistens Frauen, die unfreiwilligen Kussattacken zum Opfer fallen. Womit wir wieder beim Schienbeintritt wären.