Kirchheim. Bürgermeister Günter Riemer führte aus, dass der Schafhof vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren erschlossen wurde. In dieser Zeit wurde für das Wohngebiet ein Verbrennungsverbot im Bebauungsplan verankert. „Hintergrund war, dass man hier eine saubere Luft haben wollte“, so Riemer. „In den 90er-Jahren weichte der Gemeinderat das Verbot auf.“ Was allerdings nichts daran änderte, dass die Wohnbebauung seinerzeit ausschließlich mit Nachtspeicherheizungen geplant wurde. Die Bewohner waren gezwungen, diese Heizvariante zu wählen. Ein Punkt, der in der Debatte am vergangenen Dienstag von den rund 200 Besuchern kritisiert wurde.
„Gemessen an der Einwohnerzahl weist Kirchheim insgesamt die größte Dichte an Elektroheizungen in Baden-Württemberg auf“, führte Günter Riemer weiter aus. „Das liegt auch daran, dass es in Kirchheim einen Hersteller solcher Geräte gab.“ In der ersten Regierungsphase von Angela Merkel habe mit Blick auf das Heizen mit Strom eine Wende begonnen. „Als erstes Industrieland der Welt wird Deutschland aus der Kernenergie aussteigen“, so Günter Riemer. „Damit muss sich auch die Stadt strategisch neu ausrichten, um einen Beitrag zur Energiewende zu leisten.“ Riemer betonte, dass bei diesem Thema aber nicht allein die Art der Energie- und Wärmeerzeugung eine Rolle spiele, sondern auch die Reduzierung des Energie- und Wärmeverbrauchs in Privathaushalten. Das wirke sich auch auf die Immobilienwirtschaft aus. Der Wert von Gebäuden sei abhängig von ihrem energetischen Zustand und der Art, wie sie beheizt werden.
Das bestätigte auch Iris Dettweiler von der Energieagentur des Landkreises Esslingen. Sie erklärte, dass Wärmeemissionen am Haus unter anderem mittels Thermografie, also unter Verwendung einer Wärmebildkamera, ermittelt werden können. So könne gezielt bei der Sanierung vorgegangen werden. Iris Dettweiler betonte, dass auch die Anlagentechnik über die Energiebilanz eines Gebäudes entscheide. Modernisierungen würden sich auch in diesem Bereich lohnen. Sie stellte auch Möglichkeiten der Bezuschussung von Modernisierungsmaßnahmen vor. Bis zum Jahr 2019 müssen der Expertin zufolge Elektroheizungen außer Betrieb genommen werden. Dettweiler betonte, dass es aber Übergangsfristen und Härtefallregelungen geben werde. „Wer finanziell nicht in der Lage ist, innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens umzustellen, kann hier eine Verlängerung beantragen und die Heizung trotzdem weiter nutzen“, so Iris Dettweiler.
Gerhard Kleih, Geschäftsführer für den Privatkundenbereich der EnBW, äußerte sich zu den Preisumstellungen, für die der Energiekonzern einem Großteil seiner Kunden ein neues Vertragsangebot zum 1. November 2011 macht. Im November 2012 werden die Preise durchschnittlich um 28,3 Prozent höher liegen. „Um das Ganze etwas abzufedern, erfolgt die Erhöhung in einer Stufe“, so Kleih. „Das heißt, ab November 2011 werden die Preise um 15,8 Prozent erhöht.“ Der Geschäftsführer betonte, dass es sich hier um Durchschnittswerte handle. „Die Bandbreite der Erhöhung ist gewaltig“, sagte Gerhard Kleih. „So kann sie in der zweiten Stufe zwischen 11,8 und 41,7 Prozent liegen. In der ersten Stufe kann sie zwischen 4,1 und 24 Prozent liegen.“
Seit November 2008 habe die EnBW die Preise nicht erhöht. „Wenn längere Zeit keine Anpassungen vorgenommen werden, dann folgen derartige Steigerungen“, erklärte Gerhard Kleih. Er betonte, „dass Kunden nicht in die Verträge hineingelockt worden sind“. Das Bundeskartellamt habe 2009 eine Untersuchung durchgeführt, in der die Preise des Energiekonzerns bewertet worden seien. Nach Abschluss des Verfahrens habe die EnBW im Herbst 2010 die Anpassung auf Basis der Untersuchungsergebnisse eingeleitet. Anhand einer Grafik veranschaulichte Gerhard Kleih, dass die EnBW beim Heizstrom im Vergleich zu anderen Anbietern trotz Preiserhöhung am Markt noch immer zu den günstigsten Anbietern zähle. Er unterstrich den Hinweis von Iris Dettweiler, den Energiehaushalt des Eigenheim in Augenschein zu nehmen und nach Optimierungsmöglichkeiten zu suchen.
In den neuen Verträgen habe der Energiekonzern einen Stolperstein für Privatkunden ausgeräumt. „Wenn die Kosten für erneuerbare Energien steigen, passen wir an, und wenn sie fallen, passen wir auch an“, so Kleih. Die jeweilige Kostenentwicklung werde eins zu eins weitergegeben. Darüber hinaus werde auch für den Wärmestrom ein allgemeiner Grundversorgungstarif eingeführt. Analog zum Haushaltsstrom schaffe dieser Tarif Sicherheit für Verbraucher, die umziehen oder sich noch nicht für einen Vertrag bei einem Wärmestrom-Anbieter entschieden haben. Gerhard Kleih wies auch darauf hin, dass die EnBW geprüft habe, ob eine Gastversorgung des Schafhofs möglich sei. Diesbezüglich werde der Konzern mit der Stadt Kontakt aufnehmen. Kleih erwähnte auch, dass über Contracting-Projekte eine Versorgung mit Nahwärme vorstellbar sei.
Andreas Kiefer, Sprecher der Agenda in Kirchheim, führte aus, dass auch die in Gründung befindlichen Teckwerke Interesse daran haben, derartige Wärmelieferungsverfahren anzubieten. Kiefer erklärte weiter, dass die Möglichkeit einer Anbindung an die bereits bestehende Hackschnitzelanlage bestehe. Auch die Geothermie stelle für den Schafhof eine Möglichkeit der Wärmeversorgung dar. Derzeit dürfe zwar nur 20 Meter tief gebohrt werden. Auf Landesebene gebe es aber derzeit Bestrebungen, das zu ändern.
In der Debatte regte Bürgermeister Riemer an, über die Möglichkeit nachzudenken, ein Heizkraftwerk zu installieren, das seinen Standort zum Beispiel beim Schlossgymnasium haben könnte. „Damit wäre es möglich, einen Teil des Schafhofs zu beheizen“, so Riemer, der versprach, diese Variante prüfen zu lassen. Zum Thema Energieversorgung will die Bürgerinitiative Schafhof, die sich im April gegründet hat, auch eine Messe organisieren.