Erkenbrechtsweiler. Der Heidengraben muss einst ein prächtiges Oppidum gewesen sein. Die Siedlungsanlage umfasste rund 1 700 Hektar, die Befestigungsanlage hat eine Länge von elf Kilometern. Hervorragend geeignet, Landwirtschaft zu betreiben, aber auch in Krisenzeiten Bevölkerung aufzunehmen. Die Berghalbinsel zwischen Erkenbrechtsweiler, Grabenstetten und Hülben wird im Norden durch die Steilhänge des Albtraufs begrenzt. „Das haben sicher auch die Kelten gedacht und nahmen sich einen kleinen Abschnitt, um darauf Wall, Graben und den städtischen Kern, die Elsachstadt, zu errichten. Der Heidengraben ist das größte archäologische Kulturdenkmal, das wir haben“, zeigte Ingo Rust, dass er im Vorfeld zu seiner Denkmalreise seine Hausaufgaben gemacht hatte.
Dass die Anlage heute auf den Gemarkungen von drei Gemeinden, zwei Landkreisen und zwei Regierungspräsidien liegt, was die gute Zusammenarbeit aller beteiligten Behörden im Sinne der archäologischen Arbeit erforderlich mache, unterstrich Dr. Frieder Klein, Leiter der archäologischen Denkmalpflege im Regierungspräsidium Tübingen. Er ist froh, dass die Gemeinden und deren Bürger sich des Heidengrabens bemächtigen und die Geschichte der Kelten auf der Schwäbischen Alb weitertragen. Mit Hilfe eines Keltenmuseums in Grabenstetten, mit einem Keltenfest in Hülben, der jährlich stattfindenden Kinderuni und dem Archäologieforum, bei dem sich Archäologen wissenschaftlich austauschen – finanziert vom Förderverein Fakt.
„Erkenbrechtsweiler nimmt eine Vorreiterrolle ein, was Rekonstruktionen anbelangt. So wurden die Grabhügel nach den Ausgrabungen wieder aufgeschüttet und das sogenannte Tor G der Stadtanlage teilrekonstruiert“, erläuterte Dr. Frieder Klein den Zuhörern aus Ministerium, Regierungspräsidien, Denkmalamt und Landtag, die Staatssekretär Ingo Rust begleiteten.
Dieser warb um Verständnis für den Denkmalschutz, der in Baden-Württemberg immerhin unter dem Stichwort „Bewahrung des kulturellen Erbes“ in die Verfassung aufgenommen sei. Es komme immer wieder vor, dass kulturelle Schätze bei Bauarbeiten oder auch bei landwirtschaftlichen Arbeiten ans Tageslicht kommen. Da könne sich ein Bau schon mal verzögern, bis die Wissenschaftler ihre Rettungsgrabung abgeschlossen haben. „Auch beim Umpflügen von Äckern sind schon bedeutende Funde gemacht worden, die im Laufe der Jahrhunderte durch das Absenken des Bodens nach oben kamen“, sagte Ingo Rust und deutete auf die Felder, die auf dem Gebiet des Heidengrabens liegen.
Erkenbrechtsweilers Bürgermeister Roman Weiß nahm diesen Faden auf und erläuterte, dass die drei Anrainergemeinden des Heidengrabens deswegen bereits dazu übergegangen sind, landwirtschaftliche Flächen aufzukaufen. „Im Übrigen sehen wir die Grenzen zwischen Gemeinden und Kreisen nicht mehr so streng. Das taten die Kelten schließlich auch nicht“, meinte er augenzwinkernd und sprach diplomatisch von der „Region Heidengraben“.
Die Anlage aus dem zweiten und ersten vorchristlichen Jahrhundert sei kulturhistorisch, aber auch touristisch ein Highlight. „Deswegen sind wir gerade dabei, auch bei der EU Fördergelder zu beantragen, um dieses archäologische Denkmal besser präsentieren zu können“, sagte Weiß, der auch im Namen seiner beiden verhinderten Bürgermeisterkollegen aus Grabenstetten und Hülben sprach.
In Erkenbrechtsweiler wurde den Gästen schließlich noch demonstriert, dass auch in der Archäologie Hightech unverzichtbar geworden ist. Mit einer Foto-Drohne können mittlerweile Luftbilder erstellt werden, anhand derer man auf dem Computer 3-D-Modelle schafft, die aufzeigen, wie beispielsweise das Kelten-Oppidum ausgesehen haben könnte. Für die Wissenschaft ein großer Vorteil, wie Staatssekretär Rust ergänzte, da ohne diese Technik die Vermessung von Hand erfolgen müsste, was ungleich aufwendiger sei.
Am Heidengraben öffnet am Tag des Denkmals, Sonntag, 8. September, ab 10 Uhr der Verein Fakt seine Pforten in der Unteren Straße 6 in Erkenbrechtsweiler und gibt einen Einblick in die Arbeit der Gruppe. Am Tor G beim Wanderparkplatz in Erkenbrechtsweiler gibt es einen Informationsstand, an dem Studenten der Archäologie ihr Wissen an Interessierte weitergeben.