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„Gugga goht emmer“

Einkaufserlebnis Bunt gemischt sind Waren und Besucher. Jung und Alt genießen die Tatsache: In Kirchheim gibt es wieder den Monatsmarkt. Von Sabine Ackermann

Marianne Beutelschieß ist in ­Einkaufslaune. Zwei Blusen für sie selbst, ihre ­bessere Hälfte bekommt ­sogenannte „Diabetikersocken“ mit Softbund. „Ich bin so froh, dass wieder Markt ist. Denn Socken ohne Gummi krieg’ ich in keinem Laden“, sagt die 86-Jährige, die mit ihrer Tochter Renate Berger bei „Manu’s Strumpfmoden“ fündig wurde. „Wir haben seit der Pandemie auch einen Online-Shop“, klinkt sich Marktbeschicker Klaus Böhm aus Kettershausen im Allgäu ein. Seit 40 Jahren unterwegs zum „Wohle der Füße“ habe er das Geschäft von seinen Eltern übernommen. In diesem Jahr sei er erst auf drei Krämermärkten in Süddeutschland gewesen, erzählt er und macht seinem Ärger Luft. „Bei den regelmäßig stattfindenden Wochenmärkten ist es egal, wenn sich dabei Tausende Leute anstecken können. Doch uns macht der Staat kaputt.“

Schlendert man durch Kirchheims Straßen und Gassen, läuft der erste Monatsmarkt seit März 2020 etwas schleppend an - was sich allerdings mit dem Sonnenschein minütlich ändert. Größere Freiflächen im Areal des Krämermarkts machen deutlich, es scheinen nicht alle Händler gekommen zu sein. Erstaunlich, wo man doch den Satz „Gott sei Dank, endlich ist wieder Markt“ vor oder hinter dem Warentisch immer wieder hört.

Das Geld sitzt nicht so locker

Trotzdem, das Geld sitzt auch bei den Käufern nicht mehr so locker. „Nein, billiger geht’s nicht, das ist beste Qualität“, sagt Monika Schwarz freundlich, aber bestimmt. Sie und ihr Mann Guido verkaufen Kopfbedeckungen jeglicher Art, vom Säugling bis zum Hochbetagten, und es gibt sogar Modelle, „die 40 Prozent UV-Schutz haben“. Die Kundin überlegt, probiert einen von diesen Hüten an und ist noch nicht ganz überzeugt. Das Geraderücken der Krempe und eine andere Farbe haben sie letztendlich überzeugt, die schützende Kopfbedeckung ist gekauft. „Gugga goht emmer“, nennt Dagmar Grossmann den Grund, warum sie erst mal alles inspiziert und dann kauft.

„Ist nicht einfach, aber wir kämpfen“, berichtet Beate Frey aus Aalen, die seit rund 17 Jahren Mineralien in sämtlichen Farben, Formen und Größen verkauft. Monika Lauretta ist mit Tochter Carnela und ihrer Schwester Rosemarie Oßwald aus Jesingen hier und sie sind froh, dass der Markt wieder stattfindet. Nicht nur, denn sie haben einen Preisnachlass ausgehandelt. „Ich gebe Ihnen einen Corona-Rabatt“, scherzt Händler Nazit Sarkin und schneidet gekonnt eine runde Tischdecke aus abperlendem Stoff für die Damen zu. Nahezu Akkordarbeit leistet „Emma von dr Alb“, wie sie sich nennt. Seit 49 Jahren verkauft sie Gemüsehobel mit unterschiedlichen Einsätzen und führt mit Tempo und Witz vor, wie ratzfatz sie Gurken, Zwiebeln und Weißkohl in feine Streifen schnippelt. Und es klappt, die Leute bleiben stehen und schauen ihr amüsiert zu. „Dank meinen Hobeln ist die Scheidungsrate in Esslingen zu 90 Prozent zurückgegangen“, haut die 69-Jährige raus, die eine Bereicherung für jeden Krämermarkt ist.