Das schöne Frühjahr sorgt für viele Äpfel, die Krim-Krise für niedrige Preise
Gute Ernte, schlechte Preise

Nach der verhagelten Ernte im vergangenen Jahr gibt es diesen Herbst auf vielen Streuobstwiesen mehr als genug Äpfel. Doch bei den meisten Wiesenbesitzern kommt kaum Freude auf: Das mühsame Auflesen wird mit einem sehr niedrigen Preis entlohnt.

Kirchheim. Laut dem Obstbauberater des Landkreises Esslingen, Albrecht Schützinger, hängt die gute Ernte mit dem schönen Frühjahr zusammen. „Es gab kaum Frost, und Ausfälle sind nur lokal anzusiedeln“, sagt er. Außerdem sei die Ernte im vergangenen Jahr relativ gering gewesen, nicht zuletzt aufgrund des Hagels. In der Regel folge auf ein schlechtes ein gutes Erntejahr.

Ingrid Blankenhorn betreibt zusammen mit ihrem Mann Walter Blankenhorn eine Getränkehandlung und Saftkelterei in Dettingen. Sie sagt, dass die geerntete Menge bei jedem ihrer Kunden unterschiedlich sei, aber „dadurch, dass der August so kalt war, verschiebt sich die Ernte weiter nach hinten“. Viele ihrer Stammkunden würden berichten, dass die Äpfel noch an den Bäumen hängen und gar nicht aufgelesen werden können.

Viele Vorteile bringt die große Menge an Obst allerdings nicht. Zum Teil brechen Bäume, die nicht genug gepflegt worden sind, zusammen. „Abgebrochene Fruchtäste sind für den Baum aber nicht gefährlich“, meint Schützinger. Es werde im Folgejahr zwar etwas weniger Ertrag geben, irreparabel beschädigt sei der Baum jedoch nicht.

Ein viel größeres Problem für die meisten Wiesenbesitzer ist der Preis, den man momentan für die Ernte erhält. „Die große Menge senkt den Preis. Der Preis, den der Naturschutzbund vorschlägt, liegt bei 20 bis 25 Euro. Momentan bekommt man rund vier Euro für 100 Kilogramm aufgelesenes Obst“, klagt der Obstbauberater.

Doch es ist nicht allein die gute Ernte, die den Preis senkt. Internationale Konflikte wie die Krim-Krise und der Bürgerkrieg in der Ukraine beginnen, sich auch im Kleinen auszuwirken. „Durch den Import-Stopp in Russland bleiben große Lagerbestände an Äpfeln übrig, die jetzt bei uns auf dem Markt sind und noch zusätzlich den Preis verschlechtern“, erklärt Schützinger und fügt hinzu: „Außerdem wird seit einigen Jahren aus anderen Ländern billiges Obst importiert.“

„Der Einstiegspreis ist im Grunde immer niedrig, soll aber normalerweise im Laufe des Herbstes steigen“, erklärt Ingrid Blankenhorn. Sie bemerkt schon seit einiger Zeit immer wieder negative Aussagen, dass man für sein Streuobst zu wenig Geld erhält.

Ihrer Meinung nach ist der niedrige Preis jedoch nicht das einzige Problem. Früher habe man die selbst geernteten Äpfel in Lohnmost getauscht und damit die ganze Familie versorgt. Dadurch gab es günstigen Saft für den Eigenverbrauch. „Heute gibt es genug günstige Apfelsaftschorle in den Supermärkten. Und frisches Obst kann sowieso zu jeder Jahreszeit eingekauft werden“, sagt Ingrid Blankenhorn. Der Anreiz, selbst Obst zu ernten, zu verarbeiten und einzulagern, gehe dabei verloren.

Dass sich der Besitz einer Streuobstwiese wieder lohnen muss, dieser Ansicht ist Erwin Maier vom Verein „Onser Saft“. Mitglieder des Vereins bekommen bei der Ablieferung ihrer Äpfel zunächst den Tagespreis und später noch einen Aufschlag. Das zusätzliche Geld stammt aus dem Verkauf des Saftes, der etwas teurer ist als die aus Konzentrat hergestellten Säfte im Supermarkt.

„Im Moment bleiben circa 10 bis 15 Prozent des Streuobsts auf den Wiesen liegen“, schätzt Maier. Viele Besitzer werden älter und können 


Familien mit kleinen Kindern stellen Saft aus eigenem Obst her

sich nicht mehr richtig um das Grundstück kümmern. Kinder und Enkel vernachlässigen den Besitz oft.

Die Blankenhorns haben in den vergangenen Jahren jedoch eine Beobachtung gemacht, die dieser Entwicklung entgegensteht. „Seit einiger Zeit kommen wieder Familien zu uns, oft mit kleinen Kindern, die Saft aus eigenem Obst haben wollen“, erzählt Ingrid Blankenhorn. Die Saftkelterei bietet das sogenannte „Bag in Box“-Verfahren an. Hier wird das Obst gepresst und der Saft direkt in Plastiktüten abgefüllt, die wiederum in Kartons verpackt werden. Durch diese Methode ist der Saft ungeöffnet 18 Monate und einmal angebrochen drei Monate haltbar.

Für die Blankenhorns liegt die Attraktivität dieses Angebots daran, dass „die Leute ihren eigenen Saft trinken können, bei dessen Abfüllung sie sogar mitgeholfen haben“.

Vielleicht werden es gerade solche Angebote sein, die die Menschen in Zukunft dazu bewegen, ihre Streuobstwiesen zu pflegen . . .