Junge Zeitung
Häkeln im Selbstversuch

Was heißt es, eine Mütze selbst zu häkeln? Dieser Frage geht unser Autor Andreas Attinger in einem Selbstversuch im Café Småland in Kirchheim nach.

Kirchheim. Von meiner Freundin habe ich eine myboshi-Mütze zum Geburtstag geschenkt bekommen. Das Ergebnis konnte sich mehr als sehen lassen. Davon motiviert stürze ich mich bewaffnet mit Häkelnadel und Wolle in den Kampf. Mithilfe von Caroline Kruse, Besitzerin des Café Småland in Kirchheim, soll meine erste selbst gehäkelte Mütze entstehen.

Das letzte Mal, dass ich eine Häkelnadel in der Hand hielt, ist sicherlich schon mehr als 15 Jahre her. In der vierten Klasse der Grundschule. Damals im Fach HUS, Heimat- und Sachkunde. Carola Kruse häkelt seit Dezember Mützen und verkauft sie in ihrem Café, das sie zusammen mit ihrer Freundin Sabine Riedl betreibt. Außerdem gibt es dort etliches rund ums Thema Dekoration und ökologisch produzierte Kleider zu kaufen.

Meine ersten Handgriffe sind noch sehr unkontrolliert. Wie halte ich am besten die Wolle? Eine gesunde Mischung aus Spannung und gleichzeitigem Lockerlassen zu finden, ist gar nicht so einfach. Zu locker, zu fest. Dieses Szenario begleitet mich nahezu die ganze Zeit. Als besonders kompliziert stellt sich der Anfang einer Mütze heraus. Doppelte und einfache „halbe Stäbchen“, wie eine der zahlreichen Häkeltechniken genannt wird, müssen abwechselnd angewendet werden. Nach einiger Zeit und vielen wieder geöffneten Maschen habe ich, zumindest in der Theorie, die Technik raus.

Jedoch werfen mich ein paar Unkonzentriertheiten beim Kampf durch das Wolle-Dickicht immer wieder zurück. Das ist aber auch ein wenig der Farbwahl geschuldet, wie mir Carola Kruse erklärt. „Bei schwarzer Wolle sind die Maschen nicht so deutlich zu erkennen.“ Für Anfänger empfiehlt sie deshalb, schwarzer Wolle eher aus dem Weg zu gehen. Vielleicht, aber sicher nicht nur deshalb, habe ich vor allem beim Abzählen der Maschen Prob­leme. Zählen sollte also gelernt sein. Meinen Fragen nimmt sich Carola Kruse gerne an. Und meinen Zählproblemen ebenfalls.

Insgesamt kann man bei myboshi zwischen 15 verschiedenen Designs wählen. Jedes davon besitzt einen anderen Schwierigkeitsgrad und kann mit einer individuellen Farbauswahl in Angriff genommen werden. Ob dicke, dünne oder filzige Wolle, für jeden ist etwas dabei. Meine Entscheidung fiel auf die Variante „Beppu – lustig geringelt“ aus dem myboshi-Buch. Schwierigkeitsstufe zwei von drei. 100 Gramm Wolle wird benötigt. Die Arbeitszeit beträgt laut Buch ungefähr 2,5 Stunden. Für mich reine Utopie. Nach gut zwei Stunden Arbeitszeit habe ich sechs von 17 notwendigen Häkelrunden geschafft. Eine der größten Hürden, den Farbwechsel, noch nicht inbegriffen. Den Selberversuch verlasse ich zwar nicht mit einer fertiggestellten Mütze, dafür aber mit der Motivation, das begonnene Werk zu vollenden.

Mein Fazit nach gut zweieinhalb Stunden Häkelspaß: In Anbetracht dessen, dass meine Finger seit langer Zeit mal wieder eine Häkelnadel berührt haben, denke ich, dass mit ein wenig Übung die Zeitangabe durchaus realistisch ist. Je länger ich häkelte, desto sicherer wurde ich in meinen Handgriffen. Und auch das Zählen klappte immer besser. Ich denke, dass wirklich jeder in der Lage ist, sich seine eigene Mütze zu häkeln. Das Besondere daran ist für mich, dass es die eigene Mütze ist. Nicht nur selbst gekauft, sondern auch selbst gemacht. Da kann keine gekaufte Mütze mithalten.