Kirchheim. Grundsätzlich gilt: Lässt ein Hausbesitzer Dach, Fenster oder Fassade renovieren, muss er besser dämmen. So will es die Energieeinsparverordnung (EnEV). Ob der Hausbesitzer diese Maßnahmen freiwillig trifft oder beispielsweise durch Hagel oder einen Hausbrand dazu gezwungen wird, ist der Verordnung egal. Deshalb müssen sich in diesen Tagen viele Hausbesitzer nicht nur mit Notreparaturen herumschlagen, sondern auch mit der Frage der energetischen Sanierung.
Allerdings muss nicht jeder, dem der Hagel ein paar Dachplatten zertrümmert oder einige Löcher in die Fassade geschlagen hat, das ganz große Fass aufmachen. Aus dem Umweltministerium heißt es, dass keine Anforderungen nach der EnEV gestellt werden, wenn weniger als zehn Prozent des Dachs, der Fensterfläche oder der Fassade kaputt sind. „Sie dürfen nach der Reparatur lediglich nicht schlechter gedämmt sein als vorher“, so Frank Lorho, Ministeriumssprecher.
Selbst wenn mehr als zehn Prozent beschädigt sind und repariert werden müssen, ist der Hausbesitzer nicht gezwungen, eine Volldämmung vornehmen zu lassen. Die EnEV fordert lediglich, dass der beschädigte Teil saniert wird. Beispielsweise müssen nur jene Fenster gegen besser gedämmte ausgetauscht werden, die zertrümmert wurden, nicht jene, die intakt sind. Auch fürs Dach gilt: Nur die Flächen, die kaputt sind, müssen gedämmt werden. Dass die Dämmung eines Teils des Daches jedoch nicht besonders sinnvoll ist, gibt auch der Ministeriumssprecher zu.
Laut Andreas Banzhaf, Geschäftsführer und Inhaber der Banzhaf Holzbau GmbH, reagieren die meisten Kunden erst einmal mit Unverständnis, wenn sie von der Sanierungspflicht erfahren. Das Gesetz hält den Handwerker jedoch dazu an, die Kunden über die entsprechenden Maßnahmen zu informieren und sie auch durchzuführen. „Die Energieeinsparverordnung ist ein Gesetz, und auf Nichteinhaltung steht Bußgeld“, sagt Andreas Banzhaf. Er lässt sich von jedem Kunden schriftlich bestätigen, dass er über die Sanierungspflicht aufgeklärt worden ist. „Was der Kunde daraus macht, liegt nicht in meiner Hand. Wenn einer sich weigert, zu unterschreiben, müssen wir den Auftrag ablehnen“, so Banzhaf.
Allerdings sind ihm nach dem Hagel gar nicht so viele Dächer untergekommen, bei denen mehr als zehn Prozent der Fläche beschädigt waren. 300 Notmaßnahmen musste seine Firma in den drei Wochen nach dem Hagel durchführen. „Bei den meisten war nur ein Dachziegel kaputt, oder es waren sanierte Dächer, die schon eine Unterspannbahn hatten oder eine zweite wasserführende Ebene, sodass das Wasser nicht eindringen konnte“, so Banzhaf. Bei neueren Gebäuden greife die EnEV in der Regel ohnehin nicht, da diese energetisch bereits auf dem neuesten Stand seien.
Für Hausbesitzer, die größere Schäden zu vermelden haben und deshalb verpflichtet sind, energetisch zu sanieren, hat Andreas Banzhaf eine gute Nachricht: Wer eine Elementarschadenversicherung habe, bekomme die Kosten von der Versicherung erstattet. Das kann Michael Kuhn, Sprecher der SV Versicherung, bestätigen – allerdings mit Einschränkungen. „Wer durch die EnEV verpflichtet ist, sein Dach zu sanieren, bekommt die Aufwendungen dafür von der Versicherung ersetzt. Allerdings nur die, die tatsächlich den beschädigten Teil betreffen“, sagt Michael Kuhn. Wer sein Dach über den beschädigten Teil hinaus größerflächig saniere, müsse die Kosten im Wesentlichen selbst tragen.
„Die meisten werden allerdings gar nicht verpflichtet sein“, so Kuhn. Die Maßnahmen müssten schließlich „technisch umsetzbar und wirtschaftlich vertretbar“ sein. Das sei beispielsweise nicht der Fall, wenn die Mehrkosten einer Sanierung nach der EnEV die erreichten Einsparungen übersteigen. Darüber hinaus weist Kuhn darauf hin, dass laut EnEV nur der beschädigte Teil saniert werden muss. „Es mag zwar sinnvoll sein, sein Dach gleich ganz sanieren zu lassen, wenn man es schon anfasst. Das ist aber nicht mehr Sache der Versicherung. Die Versicherung zahlt jedenfalls nur die Sanierung und Reparatur des beschädigten Teils“, so Kuhn.