Lenninger Gemeinderat einstimmig für die Sanierung der Schlössle-Fassade – Feuerwehr setzte Fachwerk unter Wasser
Hanf und Kalk statt Schafwolle und Silikon

Das Schlössle ist ein Blickfang in Oberlenningen. Aus diesem Grund sollte es bereits vergangenes Jahr einen neuen Anstrich bekommen. Doch bei den Arbeiten kamen so einige Überraschungen zutage, weshalb die Fassade jetzt für rund komplett 170 000 Euro saniert wird.

Lenningen. „Wir haben die Arbeiten im Laufe der Renovierungen gestoppt, denn es zeigte sich, dass bei Starkregen und extremen Windverhältnissen Wasser in das Gebäude eintritt“, rief Hochbauamtsleiter Florian Fischer dem Lenninger Gemeinderat in Erinnerung. Ursache dafür ist die mangelnde Abdichtung zwischen Fachwerk und Ausfachung am Schlössle. Daraufhin wurde der Restaurator Erwin Raff zurate gezogen. Er bekam ein „Versuchsfeld“ von fünf Quadratmetern zugewiesen, um seine Abdichtungstechnik testen zu können. Unterschiedliche Abdichtungsversuche fanden sich einige an der Fassade des denkmalgeschützten Gebäudes. „Von Silikon bis Schafwolle war alles drin. Silikon verträgt sich nicht unbedingt mit alten Baustoffen, und Schafwolle zieht Feuchtigkeit an“, teilte Florian Fischer dem Gremium mit.

Erwin Raff will deshalb den Putz an den Schnittstellen Holz und Mauerwerk entfernen, die Zwischenräume mit Hanf ausstopfen und dann mit Kalkmörtel verschließen. „In die Fuge eindringende Feuchtigkeit bringt den Hanf zum Quellen und dichtet die Fuge ab. Bei Trockenheit wird die Feuchtigkeit wieder abgegeben. Der Kalkputz unterstützt diesen Vorgang“, sagte Florian Fischer und stellte klar, dass es eine hundertprozentige Abdichtung bei alten Gebäuden nicht geben kann, denn jedes habe andere Eigenarten. „Wir können es nicht wie in eine Plastiktüte einpacken, sondern nur auf natürlichem Weg austrocknen“, verdeutlichte er. Um die vorgeschlagene Anwendungsweise zu prüfen, wurde die Fassade von der Feuerwehr unter Wasser gesetzt. „Es zeigte sich: Die Maßnahme war ein voller Erfolg. Im Gegensatz zu den anderen Bereichen trat an der Testfläche kein Wasser mehr in das Gebäude ein. Wir sehen die Methode als den richtigen Weg an“, so der Hochbauamtsleiter. Zudem entspricht die Farbgestaltung nicht mehr dem ursprünglichen Anstrich. „Hier wurde mehr oder weniger verschlimmbessert“, führte Florian Fischer weiter aus. Auch das soll wieder in Ordnung gebracht werden.

Das Kirchheimer Architekturbüro Bankwitz erstellte die Kostenschätzung. Darin enthalten ist auch die Beseitigung der Wasserschäden an den Boden- und Wandbelägen. „Alles zusammen ist ein Rundum-Sorglos-Paket, um das Schlössle wieder gut herzurichten“, so der Amtsleiter. Dafür würden Kosten von etwa 170 000 Euro entstehen, und der Gemeinderat hatte nun zu entscheiden, ob das Schlössle in Zukunft komplett in neuem Glanz erstrahlt oder nur die schlimmsten Stellen ausgebessert werden sollten.

„Wir müssen das Gesamtpaket machen. Genau dieses Verfahren wurde am Pfarrhaus in Oberboihingen angewendet und dort funktioniert es“, wusste Falk Kazmaier. Ihn störte jedoch, dass die fast abgeschlossenen Malerarbeiten nun ein zweites Mal ausgeführt werden müssen. Armin Diez interessierte, ob eine Gewährleistung möglich ist. „Bei historischen Häusern gibt es keine geltenden DIN-Normen, weshalb es schwierig ist“, so Florian ­Fischer.

Georg Zwingmann ist froh, dass es überhaupt eine Lösung für das Problem gibt. „Das Thema beschäftigt uns schon lange Zeit. Wenn wir den Aufwand betreiben, dann richtig. Wir sollten in Abstimmung mit dem Denkmalamt arbeiten, um Fehler zu vermeiden. Sonst bezahlen wir die Dinge doppelt – und das können wir uns nicht leisten“, gab er zu bedenken. Jürgen Rau äußerte den Wunsch, Restaurator Raff intensiv in die Bauaufsicht einzubinden, da er dessen Kompetenz für absolut notwendig erachtet, um weiteres Ungemach vermeiden zu können. „Erwin Raff an vorderster Front dabei – das ist mir am liebsten“, erklärte er. Eine fachlich kompetente Überwachung der Arbeiten ist für Karl Boßler unabdingbar. „Für mich gehören dazu Firmen, die auch die speziellen Erfahrungen mitbringen. Können und Wissen muss vorhanden sein“, stellte er klar. Ins gleiche Horn blies Kurt Hiller. „Da waren in der Vergangenheit wohl rechte Murkser am Werk, wenn Silikon und Schafwolle zum Einsatz kamen. Wir brauchen Fachfirmen“, fand er deutliche Worte. Dieser Ansicht war auch Bürgermeister Michael Schlecht. „Die Sache schreit förmlich nach einer beschränkten Ausschreibung“, erklärte er.

Einstimmig sprach sich der Gemeinderat für die komplette Fassadensanierung in Höhe von 170 000 Euro aus. Beginn der Arbeiten soll im kommenden Frühjahr sein. Aus­drück­lich wünscht sich das Gremium, dass Restaurator und Architekt in engem Kontakt miteinander arbeiten, um so ein langfristig gutes Ergebnis erzielen zu können. Ganz zugluftfrei wird das Schlössle jedoch nicht werden, wie es sich Wolfgang Tröscher insgeheim für die Büchereimitarbeiterinnen wünschte. „Komplett luftdicht bekommen wir solch ein altes Gebäude nicht – aber die Situation wird deutlich verbessert“, ist Florian Fischer überzeugt.