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„Hebbe“ schwitzt gleich doppelt

Brauchtum Im Freilichtmuseum in Beuren ist am Sonntagvormittag der Kohlenmeiler ausgezogen worden. Insgesamt fünf Tage lang „wohnte“ Köhler Herbert Haag neben seinem Bauwerk. Von Philip Sandrock

Am Sonntag hätten Herbert „Hebbe“ Haag und seine Kollegen eigentlich keine Holzkohle benö­tigt, um ins Schwitzen zu kommen: Schon ohne die glutheiße Masse stieg das Thermometer im Beurener Freilichtmuseum auf weit über 30 Grad Celsius. Der frisch geöffnete Meiler stellte die Sommerhitze in den Schatten: Die Glutnester in der Kohle waren über 300 Grad heiß.

Seit Ende Juli hatten Köhler Hebbe und sein Team das Holz gestapelt. Nach fünf Tagen wurde der Kohlenmeiler im Freilichtmuseum am Vormittag geöffnet und die fertige Holzkohle herausgeholt. „Wir Köhler nennen das Ausziehen“, sagte Haag. Seitdem wohnte der Köhler neben seinem Bauwerk im Beurener Museum und kontrollierte alle zwei Stunden den Fortschritt innerhalb des Meilers. „Für das optimale Ergebnis darf die Temperatur nicht zu hoch sein“, betonte Haag, während seine Mitarbeiter die letzten Glutnester der kreisförmig um den ehemaligen Meiler verteilten Holzkohle löschten. „Wichtig ist, dass man nur so viel Wasser wie nötig nimmt, aber so wenig wie möglich“, erklärt Haag, denn das Wasser verschlechtere die Qualität der Kohle. 550 Grad sollten im Inneren idealerweise herrschen, dann gast das Holz bei geringer Luftzufuhr die meisten flüchtigen Inhaltsstoffe aus. Zurück bleiben einige Mineralien und der begehrte Kohlenstoff, der die Holzkohle schon seit Jahrtausenden zu einem begehrten Brennstoff machte. Heute allerdings überwiegend für den heimischen Grill.

Bereits um 9.30 Uhr fingen die Köhler an, den Meiler zu öffnen. „Es war ziemlich frisches Holz mit einer Restfeuchte von über 45 Prozent“, erzählt Haag. Deshalb habe es auch fünf Tage gedauert, bis aus den 8,5 Raummetern Eschenholz aus dem Nürtinger Tiefenbachtal geschätzte 600 Kilogramm Holzkohle wurden.

Bereits am Donnerstag wurde der Meiler des vermutlich jüngsten Köhlers der Region ausgezogen: Silas Claß hatte Haag bereits vor ein paar Jahren im Rahmen eines Grundschulprojekts geholfen. Jetzt bekam er seinen ersten eigenen Meiler quasi zum Geburtstag geschenkt - und die Holzkohle war pünktlich zu seinem elften Geburtstag fertig.

In Beuren gelernt

Auch für Haag hat der Meiler im Freilichtmuseum eine besondere Bedeutung: „Vor genau zehn Jahren habe ich meinen ersten eigenen Meiler als Köhler entzündet“, sagt er. Und ein Jahr früher war der bislang letzte Besuch eines Köhlers im Beurener Freilichtmuseum. Der Köhler, der 2009 seinen Meiler an derselben Stelle baute, hieß Georg Geiselhart. Sein Lehrling damals war Herbert Haag. So wird eine Tradition fortgeführt und mit dem jungen Silas steht vielleicht schon die nächste Generation in den Startlöchern. Seitdem der junge Nachwuchsköhler seine erste eigene Kohle hergestellt hat, ist er jedenfalls um eine Berufsbezeichnung reicher: Vom Europäischen Köhlerverband ist er inzwischen per Urkunde zum „Jugendköhler“ ernannt worden.

Leben könne man von der Köhlerei allerdings nicht, sagt Haag. Es sei in erster Linie eine Brauch­tumspflege und ein leidenschaftlich betriebenes Hobby. Ins Freilichtmuseum will er aber schon bald wieder zurückkehren: „Das Museum ist ein Ort der Brauchtumspflege, hier hat auch die Köhlerei ihren Platz“, so Haag. Noch in diesem Jahr will er dort einen zweiten Meiler bauen.