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Heidengraben enthüllt seine Vergangenheit

Archäologie Grabungen an der Bassgeige und beim Burrenhof liefern Wissenschaftlern neue Erkenntnisse über die Siedlungsgeschichte auf der Alb. Von Barbara Gosson

Je länger die Archäologen forschen, desto mehr faszinierende Erkenntnisse über die Siedlungsgeschichte am Heidengraben gewinnen sie. In diesem Sommer hat ein Team von Studierenden der Universität Tübingen um den Heidengraben-Archäologen Dr. Gerd Stegmaier die Befestigungsanlage an der Bassgeige und ein Gebiet außerhalb der Wallanlage des Heidengrabens bei der Elsachstadt unter die Lupe genommen. Jetzt sind die ersten Erkenntnisse der Öffentlichkeit vorgestellt worden.

Etwa 500 Meter nördlich von Erkenbrechtsweiler, nahe dem Wanderparkplatz Bassgeige, verlaufen zwei große Befestigungswerke. Die eine, das ist bereits bekannt, ist die Außenmauer des spätkeltischen Heidengrabens. Die zweite, gegenüberliegende, war bislang noch nahezu unerforscht. Hier wurde nun ein Grabungsschnitt nach dem neuesten Stand der Methodik gemacht. Die Ergebnisse werden in den nächs­ten Monaten ausgewertet. Eines können die Forscher aber bereits jetzt sagen: „In Kombination mit den bekannten Fundstellen auf der Hochfläche der Bassgeige ergibt sich das faszinierende Bild einer über Jahrhunderte, ja Jahrtausende intensiv genutzten Berghochfläche“, sagt Gerd Steigmaier.

Denn die Siedlungsgeschichte am Heidengraben fängt lange vor den Kelten an und endet nicht mit ihrem Wegzug, so der Wissenschaftler. Die monumentale Befes­tigungsanlage auf der Bassgeige unterstreiche die verkehrsgeografisch wichtige und territorial dominierende Bedeutung der Berghalbinsel. In der Bronze- und der Eisenzeit, zu Zeiten der Römer bis ins Mittelalter hinein scheint das Gebiet ein wichtiges Areal zur Kontrolle der umliegenden Landschaft gewesen zu sein, sodass bereits existierende Graben- und Wallanlagen immer wieder ausgebaut wurden.

Zum Leidwesen der Wissenschaftler fehlen aber Urkunden aus dem Mittelalter, die Hinweise darauf liefern könnten, wer dort welche Befestigung gebaut hat. So warten die Experten noch auf die Datierungen, um die jetzt freigelegten Befestigungsanlagen zuordnen zu können. Dafür werden mehrere Verfahren, beispielsweise aus der Geographie, angewendet. Die Ergebnisse werden in den nächsten Monaten erwartet.

Kalktuffstein als Baumaterial

Bei einigen ausgegrabenen Formationen ist noch nicht völlig klar, ob sie nicht auch natürlichen Ursprungs sein könnten, andere sind eindeutig von Menschenhand geschaffen. Hier wurde bearbeiteter Kalktuffstein, wie er im Lenninger Tal vorkommt, gefunden. Diese Steine wurden verwendet, da sie sich im Gegensatz zu den auf der Alb vorkommenden Kalksteinen sägen und bearbeiten lassen. Solche Kalktuffsteine wurden jedoch auch auf dem Rosenstein bei Heubach gefunden und sie sind eindeutig aus der Keltenzeit. Somit stehe nicht fest, wer diese Mauern errichtet hat.

Hinter der Mauer verläuft ein Graben, der offensichtlich bewusst mit Kalksplitt verfüllt wurde. Mit dem Bagger wurde gegraben und erst in drei Metern Tiefe, was für die Alb sehr ungewöhnlich ist, stieß man auf den Fels. „Wir haben erst an der Oberfläche gekratzt“, sagt Stegmaier über die Befunde an der Bassgeige.

Der Heidengraben ist riesig: Über 18 Quadratkilometer verläuft er insgesamt, der Siedlungskern, die Elsachstadt, umfasst davon 170 Hektar, dazu kommen elf Kilometer Befestigung. Wo dort gegraben wird, bestimmt nicht der Zufall. Geomagnetische Messungen ergeben ein Bild des Untergrundes, das, ähnlich wie ein Ultraschallbild, nur Kennern wirklich Aufschluss bietet. Acht Prozent der Gesamtfläche wurden erst auf diese Art untersucht. An einer Stelle zwischen Erkenbrechtsweiler und Grabenstetten, an der diese Bilder interessante Strukturen zeigten, fand die zweite Grabung dieses Sommers statt.

Mehr gefunden als erwartet

Stegmaier und Bofinger sind begeistert von ihren Funden. „Wir dachten bisher, die Gesamtfläche außerhalb der Elsachstadt sei eher spärlich besiedelt gewesen, mit einzelnen Weilern und Höfen. Doch da müssen wir uns korrigieren.“ Es wurden mehr Spuren der Siedlungstätigkeit gefunden als erwartet, Zum Beispiel ein Kuppelofen aus der Mittleren Bronzezeit. Ein besonders schönes Exemplar eines Pfostenloches nennen sie liebevoll ihr „Covergirl“. Gerd Stegmaier erklärt, was da zu sehen ist: Wegen des steinigen Untergrundes konnten die Baumeister damals Pfosten nicht einfach in den Boden rammen. Also gruben sie bis zu 1,50 Meter tiefe Löcher, setzten die Pfosten hinein und füllten den Rest mit Kalksplitt auf, der dann aushärtet. „So setzt man heute noch Straßenlaternen“, merkte der Erkenbrechtsweiler Bürgermeister Roman Weiß an. Eine kreuzförmige Struktur in der Mitte ist ein Hinweis darauf, dass der Pfosten wieder herausgezogen wurde. „Die Kelten hinterließen ihre Siedlungen besenrein“, erklärt Stegmaier.