40 Jahre CJD in Kirchheim – Rund 500 Besucher informierten sich über die Angebote
Hier wird Inklusion gelebt

Seit 40 Jahren gibt es das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland (CJD) in Kirchheim. Am Samstag zelebrierte die Einrichtung mit einem Sommerfest ihr Jubiläum. Rund 500 Besucher nutzten die Gelegenheit, um sich über die vielfältigen Angebote des CJD zu informieren.

Kirchheim. Bis 1974 bot die Stadt Kirchheim auf dem Hohenreisach einen Förderlehrgang an, der junge Menschen ohne Schulabschluss auf den Beruf vorbereitete. Dieser Lehrgang wurde vom CJD übernommen und bis zum Jahr 2003 weitergeführt, wie Harald Gerharth, Gesamtleiter des CJD Württemberg, berichtete. Der Lehrgang wurde in der Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme BvB-Reha Plus am Standort Hohenreisach fortgeführt.

Junge Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen oder Lernschwächen erhalten damit die Chance, ihre berufliche Handlungsfähigkeit zu verbessern, um eine Eingliederung in Ausbildung und Arbeit zu erreichen. Während der BvB können sie Teilqualifikationen im Rahmen von Qualifizierungsbausteinen in unterschiedlichen Berufen in den Bereichen Farbe, Metall, Zierpflanzen/Garten- und Landschaftsbau, Hauswirtschaft sowie Kosmetik- und Körperpflege erwerben. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur die Berufsorientierung, die Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss, die Hinführung zur Berufsschulfähigkeit und der Erwerb beruflicher Grundfertigkeiten, sondern auch die Stabilisierung der Persönlichkeit und der Erwerb von Strategien, mit der eigenen Beeinträchtigung umzugehen, sagte Inge Starzmann, Leiterin des CJD Kirchheim.

Seit 1974 hat das CJD mit diesem Angebot zahlreichen Menschen Zukunfts- und Lebenschancen eröffnet. Laut Harald Gerharth haben bis dato schätzungsweise 3 000 Personen das BvB durchlaufen. Ab 1985 wurden beim CJD Bläsiberg bei Wiesensteig auch Berufsausbildungen im Bereich Maler, Gartenbau und Hauswirtschaft angeboten. Anstoß hierzu waren die sogenannten Boat People, die aus Vietnam nach Deutschland kamen. „Das war noch vor 1985. Damals initiierten wir in Kooperation mit der Firma Bosch eine Metallausbildung“, erinnerte sich Gerharth. „Als die Boat People ausblieben, wurde die Ausbildung weitergeführt, über die Jahre erweitert und durch die Zusammenlegung der CJD-Einrichtungen auch am Standort Kirchheim angeboten.“

Heute können junge Erwachsene mit psychischen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen im Rahmen der beruflichen Rehabilitation die Regelausbildung zum Bürokaufmann, Bauzeichner (Fachrichtung Architektur), Gärtner (Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau), Koch, Maler und Lackierer, Hauswirtschafter sowie zur Fachkraft für Metalltechnik durchlaufen, wie Peter Siedl, Leiter berufliche Bildung, erklärte. Gülsen, die die Ausbildung im Bereich Hauswirtschaft durchläuft, ist von dem Angebot begeistert: „Wir durchlaufen die Ausbildung in kleinen Gruppen“, erklärte sie. „Dadurch erhalten wir eine individuelle Förderung und Begleitung, in einer familiären Atmosphäre – und das finde ich toll.“

Davon fühlt sich auch Patrick angesprochen. Zusammen mit seiner Pflegemutter hat er sich am Samstag die Einrichtung angesehen. Der Blinde aus Weinstadt hat die Ausbildung zur Bürokraft abgeschlossen und will jetzt die Vollausbildung zum Bürokaufmann durchlaufen. Das Angebot und vor allem das Klima in der Einrichtung haben ihn sofort begeistert. Ihm gefällt, dass in der Einrichtung Inklusion gelebt wird.

Ein Beispiel dafür ist das Kunsttherapieprojekt ZAK, das von der Aktion Mensch mit 4 000 Euro unterstützt wird und bei dem Menschen mit psychischer Beeinträchtigung und Lernschwäche gemeinsam mit Azubis der Max-Eyth-Schule Bilder malen und gestalten. Kunsttherapeutin Alexandra Hruki erzählte, dass im Rahmen des Projekts, das noch bis Herbst läuft, Menschen mit und ohne Einschränkung einander begegnen. Dabei sollen die individuelle Entwicklung und die soziale Teilhabe, ungeachtet persönlicher Unterstützungsbedürfnisse, gefördert werden. Menschen ohne Beeinträchtigung könnten so unter anderem ihre empathischen Fähigkeiten weiter ausbauen, während Menschen mit Beeinträchtigung beispielsweise Selbstvertrauen schöpfen und ihre kommunikativen Kompetenzen weiterentwickeln könnten. Zahlreiche Besucher griffen am Samstag selbst zu Pinsel und Farbe, um Leinwände zu bemalen und ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen.

Auch die CJD-Bildungskita im Dorschler hatte ihre Türen geöffnet. Viele informierten sich über das dort umgesetzte Konzept der Religions-, Sport- und Gesundheitspädagogik sowie über die musische und politische Bildung. Auch das Projekt „MiA – Mütter in Ausbildung“ wurde beim Sommerfest im Dorschler vorgestellt. Mütter die bereits einen Schul-, jedoch keinen Berufsabschluss erworben haben, erhalten durch MiA eine wertvolle Hilfe, berichtete Inge Starzmann. „Mit MiA soll unter anderem die Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt durch eine Ausbildungsaufnahme gelingen. Langzeitarbeitslosigkeit soll ebenso vermieden werden wie Kinderarmut und Abhängigkeit von Transferleistungen.“ Gleichzeitig solle die Erziehungskompetenz, aber auch die Akzeptanz für Teilzeitausbildungen in Betrieben erhöht werden.

Die Besucher zeigten sich am Samstag von dem umfangreichen Angebot des CJD beeindruckt. Kleine Gäste konnten sich beim Kinderschminken, auf der Spielstraße oder beim Beachvolleyball vergnügen. Mit Blick auf die nächsten Jahre betonte Inge Starzmann, dass das CJD Kirchheim die bestehenden Angebote sichern und solche, die insbesondere Senioren einschließen, aufbauen will.