Kirchheim. Wer erinnert sich nicht gerne an das Sommermärchen 2006, als ganz Deutschland fahnenschwenkend Philipp Lahm und Co. bejubelte?
Jetzt steht erneut eine Fußball-Weltmeisterschaft ins Haus: Am Sonntag beginnt die Frauenfußball-WM im eigenen Land. Doch von großer Euphorie ist in der Öffentlichkeit bislang nur wenig zu spüren. „Ich hoffe, dass die Begeisterung rüberschwappt, sobald die WM losgeht, und dass durch das Turnier auch die Akzeptanz des Frauenfußballs größer wird“, sagt Helmut Thorwarth, Trainer der Fußball-Damen des VfL Kirchheim.
„Der Frauenfußball steht leider immer noch hintenan“, weiß Sabine Drescher, eine der „Schützlinge“ von Helmut Thorwarth. „Das beginnt schon damit, dass die Bundesliga-spielerinnen keine Millionen auf den Konten haben und nebenher arbeiten müssen“, empört sich die 33-Jährige. Im Hinblick auf die WM sei es darüber hinaus schade, dass in der Teckstadt bislang keine großen Public-Viewing-Veranstaltungen geplant sind, unterstreichen die VfL-Spielerinnen unisono.
Trotzdem lassen sich die Kickerinnen, die in der Bezirksliga spielen, den Spaß nicht vermiesen: Sie sind bereits mit sämtlichen Fan-Utensilien wie Deutschland-Fahnen, -Trikots und Hüten im Schwarz-Rot-Gold-Design
eingedeckt und werden die Spiele der Deutschen Elf gemeinsam vor dem Fernsehgerät verfolgen – entweder fiebern sie in der VfL-Gaststätte oder zu Hause bei einem der Mädels mit dem Team um Birgit Prinz mit. Und zum kleinen Finale fahren die Sportlerinnen nach Sinsheim ins Stadion. „Wir hoffen natürlich, dass wir die deutsche Nationalmannschaft dann nicht sehen müssen. Aber wenn doch, dann freuen wir uns auch“, sagt Janine Hecker schmunzelnd.
Die 26-Jährige und ihre „Kolleginnen“ gehen davon aus, dass es die Deutschen ins Finale schaffen und sich den Titel zum dritten Mal in Folge sichern. Schließlich sind die deutschen Frauen in Top-Form und müssen sich vor ihren männlichen Kollegen nicht verstecken – ganz im Gegenteil. „Die Frauen spielen technisch sogar anspruchsvoller“, ist Elif Kälberer überzeugt. „Vielleicht haben die Männer ja Angst davor, dass die Frauen ihnen was wegnehmen“, fügt Katharina Skobjin augenzwinkernd hinzu. Für sie und die anderen Spielerinnen ist es allerdings viel wichtiger, dass der Fußball die Nationen miteinander verbindet. „Auf der ganzen Welt weiß jeder, was Fußball ist“, erklärt Georgia Andreadou ihre Leidenschaft für die Sportart.
Den VfL-Kickerinnen hat es aber auch der große Teamgeist angetan, der mit Fußball verbunden ist. „Man verliert und gewinnt gemeinsam“, betont Nadine Helber, die früher in der Leichtathletik aktiv und hier stets „auf sich alleine gestellt“ war. „Die gemeinsame Euphorie beim Fußball ist etwas ganz anderes.“ Die ehemalige Tennisspielerin Sabrina Wohlleben sieht das genauso: „Fußball ist einfach die beste Sportart“, schwärmt sie. Katharina Skobjin fällt noch ein weiterer Grund dafür ein, weshalb sie dem Fußball verfallen ist: Wenn man nach dem Ball trete, „dann vergisst man alles. Man kann sich abreagieren und Stress abbauen.“
Fußball ist also keineswegs nur für Männer geeignet – der lebende Beweis dafür sind die Fußball-Damen des VfL. „Wir können es genauso. Warum denn auch nicht?“, fragt Nadine Mylius selbstbewusst.
„Trotzdem würden wir uns mehr Unterstützung des Frauenfußballs in der Öffentlichkeit wünschen“, fügt Sabine Drescher hinzu und setzt dabei all ihre Hoffnungen in die Weltmeisterschaft. „Vielleicht wird der Frauenfußball dadurch endlich populärer . . .“