Der dichtende Landarzt Dr. med. Falk Henkel praktizierte uneigennützig für das undichte Lenninger Kirchendach
Humoristische Geheimtipps auch ohne Rezept

Lenningen. Ein undichtes Kirchendach haben derzeit viele Gemeinden. Lenningen hat für diese Wechselfälle des Lebens einen dichten-


WOLF-DIETER TRUPPAT

den Landarzt in Alarmbereitschaft. Dem ist offensichtlich zur Linderung der größten Not jedes humoristische Mittel recht.

Im Kreis gut gelaunter Freunde und ehemaliger Patienten hatte der zur höchsten Selbstironie fähige Doktor leichtes Spiel mit seinen nicht immer allzu ernst gemeinten Ratschlägen. Trotz der damit verbundenen Risiken und Nebenwirkungen wagte er sich dank der fortschreitend guten Stimmung auf das dünne Eis des Gesangs. Mutig war das deshalb, weil er von einem Kirchheimer Chorleiter einst als „Schreier aus Lenningen“ diskreditiert worden war und das, obwohl er sich schon auf den bedeutendsten Konzertbühnen sah.

Die erahnbaren Folgen waren frenetischer Applaus, ein (hoffentlich) epidemischer Anstieg der Spendenkurve und das vorab Moderator Klaus Kazmaier gerne gegebene Versprechen, die so intensiv nachgefragte segensreiche Visite am selben Ort in einem Jahr zu wiederholen.

Über 30 Jahre war Dr. med. Falk Henkel als Facharzt für Allgemeinmedizin und als Bereitschaftsarzt der DRK-Bergwacht Schwäbische Alb tätig gewesen. Dann kehrte er dem engen Lenninger Tal und der rauen Alb den Rücken, um in der Pfalz seiner zweiten Berufung zu folgen. Seine Leidenschaft für Literatur und Lyrik, die dem erfolgreichen Abiturienten schon 1963 den Scheffelpreis des „Deutschen Volksbundes für Dichtung“ eingebracht hatte, zeigte dem knapp verhinderten Caruso dann im Ruhestand den richtigen Weg.

Falk Henkels geniale Idee, lebensnotwendige aber zuvor kaum beachtete Handreichungen in Sachen „Erschde Hilfe“ in schwäbischem Idiom zu vermitteln, wurde so erfolgreich umgesetzt, dass ernsthafte Themen wie „Herz-Lungen-Wiederbelebung“, „Anaphylaktischer Schock“ oder „Schädel-Traumata“ zu vergnüglichen und gut in Erinnerung zu behaltenden Leseepisoden wurden.

Mit seiner genauso mitreißenden „Diagnose: Schwäbisch“ hat der Arzt und Autor hochkarätig nachgelegt und überzeugte bei seinem Wiedersehen in Lenningen vor allem auch mit vielen neuen Erkenntnissen, die hoffentlich ebenfalls bald in gedruckter Form vorliegen, an diesem Abend aber exklusiv unter dem Motto „Schwäbisch geDACHt“ in den Dienst der dichtende Lösungen suchenden Sache gestellt wurde.

In drei Informationsblöcken beschäftigte sich der reimende Rezepte-Anbieter kritisch mit den nicht immer segensreichenden Wirkungen des Weines, gewährte aufschlussreiche Einblicke in seine auf vielfältigen Reisen gewonnenen Einsichten und konnte zuletzt auch der Rubrik „Allgemeines“ noch blitzgescheite gereimte Erkenntnisse abtrotzen.

Beim Thema „Wein als Heilmiddel“ zeigte er auf, was man „obedenkt bedenka sott“ und scheute nicht davor zurück, den wirkungsvollen therapeutischen Einsatz bei Zahnweh, Fußpilz oder Haarausfall mit der gebotenen Sensibilität abzuhandeln. Mit Kontinente überschreitenden Überlegungen, welcher Wein eigentlich ganz genau zu welcher Frau passt, befasste er sich kenntnisreich, auch über alle Gesellschaftsschichten hinweg. Von der Studentin trank er sich über die „Umweltgrüna“ zur Business-Frau und zum Model, bewertete Russinnen als „vinologisch hoffnungslos“ und stellt dann vor allem den weinseligen Frauen aus der Kurpfalz allerbeste Noten aus.

Nach unerwartet enger Begegnung mit den Berggorillas im Virunga-Gebiet und den konsequent jede fotografische Annäherung verweigernden Masaai, die für eine Handvoll Dollars dann aber doch gerne bereit sind, konsequent hochgehaltene religiöse Bedenken gegebenenfalls sofort über Bord zu werfen, geht Falk Henkel den schweißtreibenden Geheimnissen des Tempelbaus in Ägypten genauso intensiv auf die Spur, wie den unkontrollierbar starken Strömen der Touristenmassen oder der „d‘ Nubier ond d‘Felacha rechts ond lengs vom Vadder Nil“ gleichermaßen betreffenden Probleme des Assuan-Staudamms.

Von der Talsohle eines fernen wieder in die Aktualität des akademischen Alltags zurückgekehrt, beschäftigte sich Dr. Falk Henkel in seinem Finale furioso kenntnisreich und wohlformuliert faktenverbissen mit den in sanftes Schwäbisch getauchten rätselhaften „Grundlagen der Gentechnik“, um sich abschließend unter dem Gesichtspunkt der „Zweckmäßigkeit der Schöpfung“ mit einem von Schwaben dafür gelobten „Apparat“ des Mannes zu beschäftigen, mit dem man gleichermaßen „Spaß ond Nutza“ verbinden kann.