Manuel Fumic und die neue Lust an der Veränderung
„Ich bin in einem Alter, in dem
 man wieder Reize setzen muss“

Vor drei Wochen ist Töchterchen Coco zur Welt gekommen. Das Leben des zweifachen Familienvaters Manuel Fumic ändert sich derzeit rasant. Was bleibt: Der Erfolgshunger eines 32-Jährigen, der in seinem Sport noch immer nicht am Ziel ist.

Manuel Fumic heute mal mit dem Auto unterwegs. Das sieht man selten.

Fumic: Ich habe den Kleinen gerade in die Kita gebracht. Manchmal geht‘s halt nur ohne Rad.

Gratulation zum Nachwuchs. Ein Grund mehr, sich häufiger daheim blicken zu lassen.

Fumic: Leider ist das nicht so einfach. Das ist eben mein Job. Ich bin schon froh, dass der Geburtstermin in die Wettkampfpause gefallen ist. Zwei, drei Wochen später und ich wäre in USA oder Kanada gewesen. Klar wäre ich momentan gerne mehr daheim, aber solange ich den Sport mache, ist das schwierig.

Wie viele gute Gründe braucht es, um zu sagen, jetzt reicht‘s?

Fumic: Das dauert noch ‘ne Weile. Ich habe schon noch ein paar Ziele, die ich erreichen will. Bis Rio 2016 plane ich auf jeden Fall.

Was sind die Ziele, die man mit 32 noch vor Augen hat?

Fumic: Ein Weltcupsieg fehlt noch, oder der Weltmeistertitel. Die Jungs im Fußball haben es ja vorgemacht. In der Weltrangliste stehe ich momentan auf Platz fünf. Da will ich unter die ersten drei.

Es laufen gerade die Vertragsverhandlungen mit Cannondale für die kommenden zwei Jahre bis Rio. Wie schaut‘s aus?

Fumic: Ganz gut. Ich denke, dass man mich auch in den kommenden beiden Jahren im Cannondale-Trikot sehen wird. Das ganze Umfeld passt hier, der Support ist super. Ich fühle mich wohl.

Was hat sich im Sport geändert seit der Geburt des Töchterchens?

Fumic: Die Zeit, in der ich hier bin, versuche ich schon optimal zu nutzen. Es sind Kleinigkeiten, die sich im Alltag ändern. Früher habe ich mein Training immer auch versucht, aufs Wetter abzustimmen. Wenn ich wusste, dass es am Nachmittag besser wird, bin ich nicht unbedingt morgens im Regen gefahren. Heute ziehe ich das einfach durch. Man kann das ja mit dem Nützlichen verbinden, zum Beispiel, um Regenreifen zu testen.

Die neue Familienrolle macht Manuel Fumic wetterhart. Das nennt man wohl eine Win-win-Situation.

Fumic: (lacht) Ganz ehrlich, mir ist es nach wie vor lieber, wenn es nicht so viel regnet. Aber unabhängig davon, ich bin jetzt in einem Alter, in dem man wieder neue Reize setzen muss. Viele alte Muster im Training funktionieren einfach nicht mehr. Man muss seine Routine immer wieder durchbrechen, wenn man erfolgreich bleiben will. Das sind oft minimale Veränderungen, die Großes bewirken. Früher habe ich fast nur alleine trainiert. Jetzt versuche ich, ein Team um mich herum aufzubauen, das verhindert, dass ich in eine Sackgasse steuere.

Was sind das für Leute?

Fumic: Zum Beispiel ein Mentaltrainer, mit dem ich in Freiburg zusammenarbeite. Das ist etwas, das mich motiviert und mir immer wieder neue Fenster öffnet. Man muss sich wehren gegen den Tunnelblick.

Woran lag es, dass es nach dem starken Saisonstart am Ende des ersten Weltcup-Blocks plötzlich nicht mehr lief?

Fumic: Zugegeben, das Rennen in Australien habe ich mit dem 20. Platz richtig versaut. Die anderen beiden Rennen waren Top-acht-Platzierungen. Damit muss man sich im Weltcup nicht unbedingt verstecken. Ich habe nach dem ersten Rennen in Südafrika im Training vielleicht zu viel gemacht. Mit dem ganzen Reisestress dauert das dann immer eine Weile, bis du aus diesem Loch wieder herauskommst und dich erholst.

Der Reisestress hat deutlich zugenommen. Es stehen immer mehr Übersee-Termine im Rennkalender. Ist das der Preis des Erfolgs einer Sportart oder sieht man das als europäischer Fahrer kritisch?

Fumic: Ich sehe die Entwicklung schon positiv. Aber man muss trotzdem genau hinschauen, wo wir aufkreuzen. Ob Rennen in Australien oder Neuseeland sinnvoll sind, wenn Veranstaltungen wie in Offenburg sterben, darüber kann man diskutieren. Die Mountainbike-Gemeinde ist schon stark in Europa verwurzelt. Die Teams sind hier präsent und haben bei Rennen einen starken Auftritt bei viel geringerem Aufwand. Cannondale fährt zu den Rennen in Europa mit dem 17-Tonner, der das ganze Setup liefert. In Australien bauen wir ein kleines Zelt mit Werkbank und ein paar Klappstühle auf. Das tut der Entwicklung unseres Sports nicht unbedingt gut. Ich meine, wir sollten uns mehr auf die Länder konzentrieren, wo die Erfahrung und die Zuschauer sind. Aber es heißt nun mal Weltcup und nicht Europacup.

Am Wochenende sind die Wege kurz. Wie groß ist der Hunger auf den deutschen Meistertitel am Sonntag in Bad Säckingen?

Fumic: Die DM zählt nicht zu meinen Saisonzielen. Mein ganzes Training ist auf den Weltcup und die WM Anfang September ausgerichtet. Aber natürlich würde ich mir das Meistertrikot gerne überstreifen. Ich fühle mich momentan auch gut erholt. Wenn es aus dem Training he­raus klappt, wäre es schön, aber ich sehe den Titel jetzt nicht als unbedingte Pflichtaufgabe.