Ganz still wurde es beim Hoffest des Sozialpsychiatrischen Dienstes (SpDi), als die 64-jährige Kirchheimerin Heidi H. allen Mut zusammennahm, um von ihrem Leben mit einer psychischen Krankheit zu erzählen.
Vanessa Frenz
Kirchheim. Die Rentnerin berichtete, wie sie nach der Geburt ihrer Tochter starke Zukunftsängste entwickelte. Dann kam sie zum ersten Mal in eine Klinik. Zu dieser Zeit lernte sie auch Elisabeth Mögelin von der Diakonischen Bezirksstelle in Kirchheim kennen. Sie half Heidi H., ihre Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen.
Die psychische Gesundheit der jungen Frau verschlechterte sich aber weiter. Zwei Aufenthalte in psychosomatischen Kliniken folgten. Kurz ging es besser, aber dann wurden die Psychosen schlimmer: „Ich fühlte mich von meinen Nachbarn bedroht, sie bestimmten mein ganzes Leben“, erzählt sie, „Ich konnte dem nicht entrinnen, da sie durch die Wände dringen konnten“.
Die Kirchheimerin konnte nicht mehr in ihrem eigenen Bett schlafen. Sie erzählt, die Nachbarn hätten ihr Befehle gegeben, nachts aus dem Haus zu gehen oder bestimmte Lebensmittel nicht zu kaufen.
Während dieser Zeit erkannte die seelisch Erkrankte das Buschcafé des Sozialpsychiatrischen Dienstes Kirchheim als Rückzugsort: „Dort hatten die Nachbarn keinen Einfluss auf mich“.
Heidi H. zog um, aber das änderte nichts. Dorothee Ostertag-Sigler vom Sozialpsychiatrischen Dienst besuchte die Dame damals immer wieder und bot Hilfe an. Heidi H. wehrte sich jedoch. Sie bestand darauf, in ein Pflegeheim umzuziehen: „Ich dachte, dort habe ich meine Ruhe, werde versorgt und kann den ganzen Tag fernsehen. So stellte ich mir das vor“. Aber die Sozialpädagogin ließ nicht locker und brachte Heidi H. dazu, einen Arzt aufzusuchen. „Ich wusste gar nicht, warum ich da hingehen sollte, ich habe mich ja nicht krank gefühlt“, beschreibt die Rentnerin ihre damalige Situation.
Der Arzt verschrieb Heidi H. Medikamente, die dem Schützling des SpDi viele Ängste nahmen. Die Sozialpädagogin beantragte zudem ambulant Betreutes Wohnen, einen Pflegedienst und Essen auf Rädern. Heidi H. gewann ihre Lebensfreude zurück: „Die Nachbarn waren auf einmal viel netter und boten mir auch Hilfe bei der Kehrwoche an.“
Vor einigen Jahren bekam Heidi H. Probleme mit ihrem Rücken und mit Schwindelanfällen. Ihre Betreuerin vom SpDi ging mit ihr von Arzt zu Arzt, ohne Ergebnis. Also organisierte sie der Rentnerin einen Rollator und eine Haushaltshilfe. „Mein Wägele war meine Rettung. Dadurch fühle ich mich viel sicherer, und die Schmerzen waren weg. Und meine Haushaltshilfe, die Antuanet, ist Gold wert“, schwärmt Heidi H..
Die Studentin des Sozialpsychiatrischen Dienstes, Damaris Eisinger, kümmerte sich zu dieser Zeit zusätzlich um die psychisch Kranke, übte laufen mit der Rentnerin, um ihr ihre Angst davor zu nehmen.
Mit der Diakonie konnte Heidi H. auch ihre Wohnung renovieren und bekam neue Möbel und eine Waschmaschine. „Ich fühle mich zu Hause wieder wohl“, lächelt sie. „Ich weiß nicht, was ich ohne die Kontaktgruppe, das Buschcafé und das ambulante Betreute Wohnen machen würde“, schließt die 64-Jährige.