Auf Clemens Moll folgt im Amt des Naberner Ortsvorstehers Susanne Jakob
„Ich sehe meine Rolle als Werkzeug“

Die Entscheidung fiel im ersten Wahlgang: Susanne Jakob wird Ortsvorsteherin in Nabern. Die 25-Jährige setzte sich im Rennen um die Nachfolge von Clemens Moll gegen drei Mitbewerber durch.

„Ich sehe meine Rolle als Werkzeug“
„Ich sehe meine Rolle als Werkzeug“

Kirchheim. 17 Bewerbungen waren auf die Stellenausschreibung des Naberner Ortsvorstehers eingegangen, vier Kandidaten zwischen 22 und 43 Jahren waren zur Vorstellung im Rahmen einer öffentlichen Ortschaftsratssitzung in der Gießnauhalle geladen. Zahlreich strömten die Naberner dorthin. Sie wurden nicht enttäuscht, präsentierten sich ihnen doch drei Männer und eine Frau, die mit überzeugenden Qualifikationen aufwarten konnten.

Das Rennen machte Susanne Jakob. Die Diplom-Verwaltungswirtin stammt aus Heilbronn und hat im Jahr 2005 in Bad Wimpfen ihr Abitur abgelegt, ehe sie sich an der Fachhochschule in Ludwigsburg einschrieb. 2009 folgte ein Ausflug in die Politik im Wahlkampf für Angela Merkel. Was Susanne Jakob daraus mitnahm, war eine entscheidende Einsicht: „Ich arbeite lieber praktisch als theoretisch.“ Das gelinge am Besten in möglichst kleinen Einheiten, also beispielsweise in Ortsteilen wie Nabern. Derzeit hat die 25-Jährige, die sich auch als Wirtschaftsförderin weiterqualifiziert hat, eine befristete Stelle in Eberstadt im Kreis Heilbronn als Hauptamtsleiterin inne.

Punkten konnte Susanne Jakob vor allem mit ihren Antworten auf kritische Fragen aus den Reihen des Ortschaftsrates. So räumte sie diplomatisch „Optimierungsbedarf“ ein, als sie die Gießnauhalle beurteilen sollte, auf deren Neubau die Naberner bekanntlich seit Jahren hoffen. Gleichzeitig signalisierte sie, mit ähnlichen Problemen auch in ihrem Eberstädter Wirkungskreis konfrontiert zu sein. Angesprochen auf ihre Position zum Thema „unechte Teilortswahl“ ließ sie keinen Zweifel daran, dass ein Ortsvorsteher diese gutheißen müsse. Schließlich sichere sie den Einfluss des Ortsteils im Ratsgremium der Gesamtstadt, auch wenn es berechtigte Kritikpunkte

­gäbe. Unter dem Stichwort „bürgerfreundliche Verwaltung“ sah die Verwaltungsfachfrau zuallererst sich selbst in der Pflicht: „Ich sehe meine Rolle als Werkzeug für Nabern.“

Die zehn Ortschaftsräte waren offenbar von der Vorstellung der Kandidatin überzeugt. Gerührt dankte Jakob abschließend für das Vertrauen und kündigte an, nun gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, der ebenfalls vor Ort war, in Nabern ein neues Zuhause aufbauen zu wollen.

Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker hieß die siegreiche Kandidatin willkommen, die 30 Prozent ihrer Arbeitszeit in der Verwaltung der Kernstadt einbringen wird. Anschließend verabschiedete die Stadtchefin den scheidenden Ortsvorsteher Clemens Moll mit herzlichen Worten. Mit der Bemerkung „Sie haben sich sehr viel auf einmal vorgenommen“ spielte sie darauf an, dass Moll nicht nur demnächst das Amt des Bürgermeisters von Amtzell im Allgäu antritt, sondern kurz darauf Vater von Zwillingen wird.

Im Namen der Vereine ergriff Jürgen Hülß das Wort. Angesichts des schillernden Vereinslebens in Nabern stellte er sich laut die Frage, weshalb es den Ortsvorsteher denn überhaupt weggezogen habe. Die Erklärung fand sich schließlich im Vergleich der Vereinslandschaften: nur Amtzell hat eine Narrenzunft. Helmut Kapp, der als ehrenamtlicher stellvertretender Ortsvorsteher fungiert, nahm angesichts des Abschieds von Clemens Moll Wehmut im Ort wahr und lud den scheidenden Ortsvorsteher ein, jederzeit auf Besuch zurückzukehren.

Dass das Publikum beim abschließenden Musikstück ausgelassen rhythmisch mitklatschte, war einerseits den schmissigen Melodien des örtlichen Musikvereins zu verdanken, andererseits aber auch der interessanten Wahlveranstaltung mit überzeugendem Ausgang. Beim Stehempfang nahmen viele Naberner und Gäste die Gelegenheit wahr, Clemens Moll zu verabschieden und „die Neue“ kennenzulernen.

Bürgernähe

Der Wahlabend in Nabern war eine spannende Angelegenheit. Die Wahl entschied sich keineswegs im Pflichtteil, der aus der Kandidatenvorstellung besteht. In puncto Qualifikation lagen die Kandidaten nämlich dicht beisammen. Den Ausschlag gab der Kürteil, die spontanen Antworten auf hintersinnige Fragen von Bürgern und Ortschaftsräten.
Da bekamen die Zuhörer einiges geboten: Ein Kandidat musste auf die Frage, was ihm zur Gießnauhalle einfällt, erst mal um sich blicken, bis ihn der wohlmeinende Zwischenruf „Vorsicht, heißes Eisen!“ von der Antwort erlöste. Gefahr drohte auch beim Thema „unechte Teilortswahl“, deren mögliche Abschaffung zum Ärger der Naberner gelegentlich in der Diskussion ist. Gebeten um ein Statement, leierte ein recht frischgebackener FH-Absolvent das Für und Wider schulbuchmäßig herunter. Beim Stichwort „Bürgernähe“ wollte der Dritte im Rund die Bürger in die Pflicht nehmen: Diese könnten sich doch einfach mehr engagieren – als hätte nicht allein die voll besetzte Halle auf Engagement und Interesse hingedeutet. Entweder hielt man es nicht für nötig, sich vorab über die entscheidenden Themen im Ort zu informieren oder es mangelte einfach an politischem Fingerspitzengefühl – beides keine Empfehlungen für den Ortsvorsteherposten.
Susanne Jakob versprach den Nabernern weder eine neue Halle noch wachsenden Einfluss im Kirchheimer Ratsgremium. Doch sie zeigte sich in ihren Antworten ehrlich, pfiffig und vor allem gut über das lokale Geschehen informiert – gelebte Bürgernähe. Der Ortschaftsrat honorierte dies umgehend mit seiner Wahlentscheidung.

IRENE STRIFLER