Kirchheim. 15 Herren und eine Dame waren zum Treffpunkt vor der Stadtbücherei gekommen. Die Dame war Brunhilde Oeffinger, Schulwegbeauftragte im Amt für Bildung, Kultur und Sport. Sie war für die erkrankte Fahrradbeauftragte der Stadt, Bernadette Schwenker, eingesprungen. „Es geht nicht um die große Tour, sondern um die Verbesserung des Alltagsradelns“, sagte Riemer. Mit der vor zwei Jahren umgestalteten Max-Eyth-Straße ist er sehr zufrieden: „Die Fußgängerzone funktioniert mit dem Radverkehr.“
Poller mag Riemer weniger, doch bei der neuen Verknüpfung zwischen Jahn- und Schülestraße waren sie nötig. Hatten doch auch Autofahrer die neue Verbindung benutzt, die nur für Radler und Fußgänger gedacht ist. Weil das Land den Weg nicht auf dem Gelände seines Pädagogischen Fachseminars dulden wollte, musste die Stadt für 70 000 Euro daran vorbei bauen. Im späten Frühjahr 2013 soll eine weitere Verbindung direkt zur Alleenstraße, in Richtung Schloss, geschaffen werden. Mit ihr werden Innenstadt und Bahnhof besser verbunden.
In der Schöllkopfstraße wünschen sich die Rad-Aktiven auch auf der südlichen Seite einen Schutzstreifen. Doch ist die Fahrbahnbreite knapp. Erst wenn das Steingau-Areal, das bebaut werden soll, im Besitz der Stadt ist, kann die Straße verbreitert und Platz für Radler geschaffen werden. Die Überquerung der Schöllkopfstraße, aus der Maybachstraße kommend, ist für Radler extrem unbefriedigend, darin waren sich alle einig. Auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände, das die Stadt inzwischen von einer Bahntochter erworben hat, wird zuerst die gefährliche Rinne mit Blechen verschlossen werden.
„Wir hätten sie wirklich gerne schneller gehabt“, meinte Riemer zur am Bahnhof geplanten Fahrradstation. Für diese will die Stadt das Nebengebäude des Bahnhofs mieten. „Es hat drei Jahre gedauert, bis die Bahn uns einen Ansprechpartner genannt hat, mit dem wir verhandeln konnten.“
Die Station soll das bewachte Abstellen von Rädern anbieten und Servicearbeiten am Fahrrad übernehmen. Dafür kooperieren die gemeinnützige Neue Arbeit und „Radsport Fischer & Wagner“. „Wir sehen das als soziales Projekt“, sagte Stephan Fischer. In der Station, so das Konzept, können mit der geplanten Mobilitätskarte des VVS sehr preisgünstig zehn Pedelecs gemietet werden. Sie werden in der Fahrradstation mit Solarstrom aufgeladen. „Stimmt der Gemeinderat zu, kann die Station im Frühjahr 2013 stehen“, sagte Riemer. Sie sei zwar teuer, doch es gebe hohe Zuschüsse. Die derzeit voll belegten Fahrradboxen sollen dann weichen. Die Rad-Aktiven mahnten, das Konzept ganz genau zu durchdenken. So solle es nicht vorkommen, dass jemand sein Fahrrad nicht zurückbekomme, weil das Personal um 20 oder 21 Uhr Feierabend mache.
Keine Hoffnung gab es für einen besseren Zugang zur Bahnhofsunterführung. Eine Rampe auf der Bahnhofsseite würde 800 000 Euro kosten. Auf der anderen Seite bleibt die bisher nur im Winter halbseitig geöffnete Schranke künftig ganzjährig halbseitig offen.
Für Kirchheims neue Radwegbeschilderung hat die „Initiative FahrRad“ die Patenschaft übernommen. Sie sieht mindestens ein Mal im Monat nach und meldet Mängel.
Die alte Bahntrasse in Richtung Weilheim soll nach Riemers Vorstellung bis zur Tannenbergstraße zum Radweg werden. Die Planung soll noch in diesem Jahr dem Gemeinderat vorliegen. Dies sei möglich, obwohl die Bahnverbindung Kirchheim-Weilheim-Bad Boll-Göppingen im Regionalverkehrsplan enthalten sei. Ein ungelöstes Problem ist die Verbindung nach Dettingen. Hier müssten Radler in Fahrtrichtung Kirchheim bei der Autobahn legalerweise für 500 Meter die Fahrbahnseite wechseln – was aber kaum jemand tut. Die Rad-Aktiven stellten für diese Fahrtrichtung eine autofreie Alternativroute über den Panoramaweg vor, die große Zustimmung fand. Sie zielt vor allem auf Freizeitradler und soll nun ausgeschildert werden.
Ist die unzumutbare Wartezeit an der Ampel am Freibad neu? Oder ist das schon seit Jahrzehnten so? Darin waren sich die Rad-Aktiven nicht einig. Aber darin, dass sich die „gefühlten fünf, gemessen mindestens drei Minuten“, die ein Teilnehmer beklagte, schnellstens ändern müssen. Nicht ganz so schnell ändern werden sich die schlechten Fahrbahnbeläge an vielen Stellen der Stadt, etwa in der Henrietten- oder der Alleenstraße.
Letztere soll im nördlichen Teil zur Tempo-30-Zone werden. Dann werden die in den 1980er-Jahren gebauten, heute viel zu schmalen Radfahrstreifen unnötig. Dem Verkehr, der das frühere Gebäude des Teckboten bislang auf zwei Seiten umfließt, soll künftig nur noch eine Seite gehören. Dort sollen sich alle Verkehrsteilnehmer den Raum teilen, was in der Verkehrsplanung als „shared space“ bezeichnet wird. Vielleicht verbessert sich ja mit dem größeren Umbau dann auch die Einfahrt in die Herdfeldstraße. Kurzfristig sieht Riemer für den nur scheinbar einfachen Radlerwunsch nach Absenkung des Bordsteins schwarz: „Er lenkt das Wasser, und er hat eine verkehrsrechtliche Bedeutung.“