Weilheim. Viele Filmfreunde schätzen es, wenn der Sound von allen Seiten kommt. Das hatte die Musikrevue „Traumreise“ in der Weilheimer Limburghalle ebenfalls zu
bieten: Während der zweieinhalbstündigen Show sangen die Chöre von vorne und hinten, von links und rechts und sogar mitten im Publikum.
„Schatz, da steht ein Mann im Schlafzimmer.“ Der Mann in der Glitzerjacke, der die beiden Schauspieler Isabelle Boslé und Florian Ahlhorn aus dem Schlaf riss, war der „King of Swing“, gespielt von Ralf Weichert. Dieser hatte auch das Drehbuch des Abends verfasst und führte, gemeinsam mit Dorothea Labudde-Neumann, Regie. Begleitet wurde er von der Fee mit der Flöte, gespielt von Pia Weber. „Das kommt jetzt etwas ungelegen“, meinte der junge Mann zur Einladung ins Traumland der Musik. Doch auch er entschloss sich zur Traumreise, die zuerst in die 1930er-Jahre führte. Der King verteilte aus seiner Schatztruhe die zeitgemäße Kleidung, die Leinwand förderte die Erinnerung mit passenden Bildern.
Was wäre Musikgeschichte ohne Duke Ellington? Die „Taktlosen“ von der Konkordia in Esslingen-Zell präsentierten sein „It don’t mean a thing“ ganz und gar nicht taktlos und mit viel Bewegung. Die „Young Voices“ des Liederkranzes Eintracht Oberboihingen folgten mit „In the jungle“. „Can’t help falling in love“, präsentiert von den „Stimmbandschonern” des Liederkranzes Schanbach, gehörte schon zu den 1960er-Jahren. Die Discokugel lieferte bunte Lichtpunkte, Boslé und Ahlhorn steuerten ein Tänzchen bei. Der Applaus war tosend – auch wenn der Gesang der Herren vom Schurwald noch etwas zarter und exakter hätte sein dürfen.
Plötzlich öffnete sich die Tür: In Dirndl und Lederhose zog „Acapella“ der Eintracht Unterboihingen durch den Saal. Die erste Strophe von „Hintn bei da Stadeltür“ war schnell vorbei, der Flashmob-Spuk auch, doch die strammen Bayern vom Neckar kamen mehrmals wieder. Für ihr „Hans bleib da“ stellten sie sich mitten im Saal auf. Ein Kontrapunkt zur musikalischen Zeitreise – Lederhosen trotzen eben jeder Zeitrechnung.
Beim Surfen, ob nun in den USA oder auf dem Baggersee, hatten die Schanbacher ihren Spaß. Sie unterstützten die sehr gute Georg-Dietl-Band mit Percussion mit leeren Flaschen. „Ich will noch nicht aufwachen, ich habe Lust auf mehr“, meinte Boslé. Das nun folgende traditionelle Lied „Harmonie“, gesungen vom Projektmännerchor „Traumreise“, war aber nicht das, an was sie gedacht hatte. Die „Chapel of love“ der „Young Voices“ kam da schon wieder besser. „Sex gab es nur im Dunkeln“, beschrieb das ausgelassene bis alberne Pärchen die 1960er-Jahre. Auch die Liedtexte seien brav gewesen. „Sonst hätte man sie nur im Dunkeln hören dürfen.“ Apropos dunkel: Für die effektvolle Beleuchtung des Konzerts hatten die Veranstalter großen Aufwand betrieben – er hat sich gelohnt.
Der erste Auftritt von „Young Spirit” vom Sängerkranz Altbach war sehr gelungen. Beim dünnen „Oh happy day“ konnte das Ensemble dieses Niveau leider nicht halten. Beim „Sister Act“-Medley in Nonnentracht aus den 1990er-Jahren liefen die Altbacher im zweiten Konzertteil aber wieder zur Höchstform auf. Freunde des Gospels kamen auch beim energiegeladenen „Sing hallelujah“ der „Happy Voices“ von der Eintracht Kirchheim auf ihre Kosten.
Der „Rhythm of life“ war beim gleichnamigen Lied so schnell, dass die „Taktlosen“ den Text perfekt auswendig können mussten. Der tosende Applaus für dieses letzte Lied vor der Pause war verdient. Es folgte „Swingin‘ Harmonie“ der Eintracht Nellingen überzeugend mit „I’ll be there“ von Michael Jackson. Die Kirchheimer schwärmten von „Girls, girls, girls“ und sangen „Up where we belong“. Die Unterboihinger präsentierten „Sunntag am Land“ als herrlich überdrehten Spaß. Einzelne Schwächen des ersten Teils, etwa teils aufgesetzt wirkende Bewegungen oder zu deutscher englischer Gesang, waren im zweiten Teil komplett vergessen. Für die große gemeinsame Schlussnummer aller Chöre reichte die extra baulich erweiterte Bühne der Limburghalle gerade aus. Der A-cappella-Zugabe folgte der Dank an die Sponsoren, ohne die ein solch aufwendiges Konzert nicht machbar gewesen wäre.
Grenzen zwischen den jeweiligen Musikstilen wurden mit Ironie und Augenzwinkern überwunden. Und die „Plots“, die für einen Film so wichtig sind – die plötzlichen Wendungen – gab es bei der Traumreise ebenfalls.
Die Musikrevue „Traumreise“ war der Auftakt der neunten Chorverbandstage des Chorverbandes Karl Pfaff, die bis Sonntag, 28. April, dauern. Die Chöre im Kreis Esslingen sollen an diesen Tagen andere Chöre kennenlernen und neue Ideen bekommen, sagte die Geschäftsstellenleiterin Brigitte Neubert. Das Konzert wird am Samstag, 27. April, um 19.30 Uhr in der Osterfeldhalle in Esslingen-Berkheim wiederholt.