Kirchheim. Eigentlich war das Schicksal der Eduard-Mörike-Hauptschule in Ötlingen schon so gut wie besiegelt. Der allgemeine Schülerrückgang und die Unbeliebtheit der Schulart bescherten dem Standort wie allen anderen Kirchheimer Hauptschulen einen Rückgang der Schülerzahlen. Schon heute hat die Eduard-Mörike-Schule (EMS) keine fünfte Klasse mehr, ab dem nächsten Schuljahr keine sechste.
Hinzu kam, dass der Gemeinderat beschlossen hatte, Ötlinger Schüler an die Alleenschule zu schicken, um wenigstens die Zweizügigkeit dieses zentral gelegenen Standorts zu sichern. „Ab 2013/14 würden die EMS-Hauptschule und die Alleenschule am Standort Alleenschule zusammengelegt“, erläutert Schulleiter Friedemann Korn die aktuellen Pläne. Die Konsequenz: In Ötlingen gäbe es keine öffentliche weiterführende Schule mehr. Auch die Lindorfer hätten dann einen weiteren Schulweg.
Dass sie das nicht wollen, haben rund 160 Eltern, Lehrer und Bürger aus Lindorf und Ötlingen am Donnerstagabend in der alten Ötlinger Sporthalle allein durch ihre Anwesenheit deutlich gemacht. Auch die Ortsvorsteher von Ötlingen und Lindorf, Hermann Kik und Stefan Würtele, der Leiter des städtischen Amts für Bildung, Kultur und Sport, Gerhard Gertitschke, sowie Ortschafts- und Gemeinderäte waren gekommen, um sich ein Konzept (siehe Infokasten)vorstellen zu lassen, mit dem es nach Ansicht von EMS-Schulleitung, Elternbeirat und Eltern gelingen kann, im Kirchheimer Westen auch in Zukunft eine weiterführende Schule anzubieten: nämlich durch die Einführung einer Gemeinschaftsschule.
„Hätte man vor zwei Jahren diese Forderung erhoben, wäre man noch aufs Regierungspräsidium zitiert worden“, sagte Friedemann Korn in Anspielung auf den einst als Schulrebell titulierten Rektor Rudolf Bosch, der unter der Regierung Mappus wegen der Forderung nach einer Gemeinschaftsschule für Schlagzeilen gesorgt hatte und heute im Kultusministerium beschäftigt ist. Seit der jüngsten Landtagswahl ist diese Schulart jedoch politisch gewollt. Friedemann Korn ist davon überzeugt, dass in Ötlingen eine Gemeinschaftsschule aufgebaut werden könnte.
Die Schülerzahlen hält der Schulleiter für ausreichend. Die EMS sei eine der größten Grundschulen, jedes Jahr würden 65 bis 75 Kinder an die weiterführenden Schulen geschickt. „Wenn nur die Hälfte hier bliebe, hätten wir die Zweizügigkeit erreicht“, sagte er.
Konkreter wurde am Ende der Schulversammlung eine der Elternbeiratsvorsitzenden, Stefanie Hiller-Daginnus. „Wenn wir die Gemeinschaftsschule einrichten dürften, würden wir vermutlich im Schuljahr 2013/14 mit den heutigen Dreiern an den Start gehen“, erklärte sie. Um die geforderte Zweizügigkeit zu erreichen, bräuchte man 29 bis 30 Kinder. Hiller-Daginnus bat die Eltern der heutigen Drittklässler, sich unverbindlich in eine Liste einzutragen, wenn sie sich vorstellen könnten, ihr Kind nach der Grundschule in die noch zu gründende Ötlinger Gemeinschaftsschule zu schicken. 20 Eltern ließen sich allein an diesem Abend begeistern. „Dabei waren noch nicht mal alle da“, freute sich am nächsten Morgen Schulleiter Friedemann Korn. „So weit sind wir von der Zweizügigkeit nicht entfernt.“
Die Zustimmung verwundert Barbara Geiger, ebenfalls Elternbeiratsvorsitzende der EMS, nicht. „Wir haben eine Umfrage bei Eltern von Schul- und Kindergartenkindern gemacht, und der Tenor ist: Die Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder einen Realschulabschluss in Ötlingen machen können“, so Geiger. Daraufhin hätten Eltern, Lehrer und interessierte Bürger gemeinsam einen Arbeitskreis gebildet, um ein Konzept zu erarbeiten. Entgegen anderslautender Meinungen hätten die Eltern also ganz klar ein Interesse an einer weiterführenden Schule in ihrem Ortsteil. Auch die Eltern der geistig behinderten Kinder aus der Bodelschwinghschule, die aktuell in Klasse 3 mit an der EMS unterrichtet werden, stünden hinter der Idee.
Letztendlich entscheidet der Kirchheimer Gemeinderat, ob er beim Kultusministerium für die EMS einen Antrag auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule stellt. „Ignorieren Sie nicht das Engagement der Eltern aus Ötlingen und Lindorf“, bat Barbara Geiger die Kommunalpolitiker. „Die Landesregierung wollte eine neue politische Kultur, und wir versuchen, diese Kultur mit Leben zu füllen.“ Um dem Konzept eine Chance zu geben, schlug die Elternbeiratsvorsitzende den Gemeinderäten vor, die Entscheidung dem Ministerium zu überlassen. „Möge das für die Kinder geeignete Konzept gewinnen“, sagte Barbara Geiger und erntete dafür langen Applaus.