Kirchheim. Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heid-ecker war mehrmals an Bord des U-Boots, doch die Schiffsglocke hatte sie niemals zu Gesicht bekommen. Die große, schwere Glocke war stets gut verpackt – hätten ihre Geräusche doch das abgetauchte U-Boot an feindliche Schiffe verraten können. Beim Auftauchen jedoch, in nebliger Umgebung, diente die Glocke als Teil der nautischen Grundausstattung zur Warnung vor Zusammenstößen. Etwa zwei Seemeilen weit war sie zu hören. Nun überreichte Korvettenkapitän Rico Jarschke die Glocke als Geschenk an die Stadt Kirchheim. Außerdem brachte Jarschke drei dicke Ordner mit Unterlagen mit, in denen die langjährige Patenschaft umfassend dokumentiert ist.
„Vielen Dank für die 37 Jahre“, sagte Jarschke. „Schade, dass es zu Ende geht.“ Die Besatzung gehe auseinander, da seien die Unterlagen in Kirchheim am besten aufgehoben.
Angelika Matt-Heidecker sprach von einem „wehmütigen Tag“ und erinnerte an „wunderbare Begegnungen“. Die Stadt habe sich der „Mitverantwortung für Soldaten, die für uns im Einsatz stehen“ intensiv gestellt. Fast alle Gemeinderäte waren einmal auf Tauchgang. Doch die Oberbürgermeisterin gewann dem Abschied auch Gutes ab: „Wir sind froh, dass wir dieses U-Boot in der Ostsee nicht mehr brauchen.“ Nun stünden sich Deutsche und Deutsche nicht mehr feindlich gegenüber.
Die Glocke überreicht zu bekommen, sei „eine große Ehre“. Sie solle nicht im Rathaus verschwinden, sondern öffentlich zugänglich sein. Deshalb ist sie im Feuerwehr-Museum Kirchheim von April bis Oktober jeden Samstagvormittag zu besichtigen. Für den Förderverein des Museums bedankte sich Norbert Kugel, 20 Jahre lang Vorsitzender des „Vereins der Freunde und Förderer der historischen Feuerwehrtechnik der Freiwilligen Feuerwehr Kirchheim“. Das Museum profitierte aber auch noch aus einem weiteren Grund: Mit dem Fachpersonal, das zur Glockenübergabe erschienen war, konnte endlich geklärt werden, auf welche Art der früher auf U-Booten eingesetzte Brandschutzponcho getragen wurde.
Mit der Patenschaft sollte die Verbindung der Marine ins Hinterland gestärkt werden. Dass Kirchheim Patenstadt wurde, war ein Wunsch des ersten Kommandeurs des U-Boots, der aus Notzingen kam. Im Wechsel traf man sich im Binnenland und auf hoher See. Angelika Matt-Heidecker erinnert sich noch an eine Fahrt vom Heimathafen Eckernförde nach Olpenitz bei Windstärke zwölf: „Die spürt man auch unter Wasser. Die meisten waren froh, als es vorbei war.“
In seinen 37 Jahren hat das U-Boot U 16 gut 42 000 Stunden auf See verbracht und dabei mehr als 207 000 Seemeilen zurück gelegt. Das entspricht 9,6 Weltumrundungen. Die durchschnittliche Geschwindigkeit des recht kleinen U-Boots betrug bescheidene 15 Stundenkilometer. Nun soll es zusammen mit fünf anderen U-Booten ins Ausland verkauft werden. Die neue Besatzung soll in Eckernförde ausgebildet werden.
Eine erneute Kirchheimer Patenschaft für ein U-Boot wird es nicht geben. Die Bundeswehr setzt ihre Mannschaften künftig auf den U-Booten wechselnd ein, somit gäbe es keine kontinuierlichen Partner mehr. Die Oberbürgermeisterin kündigte jedoch an, im Gemeinderat über eine Patenschaft für eine Mannschaft zu diskutieren.