Kirchheim. „Man muss nicht immer in andere Länder fahren - man kann auch in Gedanken verreisen und so in eine andere Welt eintauchen“, beschreibt Walter Klopiec seine Liebe zum Lesen, während er in einem Bildband über Portugal blättert. Den Kirchheimer, der zehn Jahre lang über die Wintermonate in Portugal lebte, faszinieren fremde Länder und Sprachen - aber auch Dialekte wie Schwitzerdütsch, Elsässisch und Schwäbisch.
„Mich interessieren aber noch so viele weitere Dinge“, überlegt der 50-Jährige und zählt auf: Medizin, Fotografie, Astronomie, Geologie, Geschichte, Technik, Tiere, Musik, Gartenarbeit, Recht . . . Über all diese Themen informiert sich der Stammgast der Kirchheimer Stadtbücherei, der seit seiner Kindheit einen Leseausweis besitzt, in zahlreichen Sachbüchern. Diese entdeckt er größtenteils in der Bücherei der Teckstadt. „Im vergangenen Jahr hat Walter Klopiec bei uns 605 Medien ausgeliehen. Damit steht er auf den vorderen Plätzen unserer ,Leser-Hitliste‘“, sagt Büchereileiterin Ingrid Gaus.
Durch das Lesen eignete sich Walter Klopiec ein großes Allgemeinwissen an und brachte sich viele Dinge selbst bei. „Ich habe zum Beispiel gelernt, den Motor meines Campingbusses auszuwechseln“, verdeutlicht der 50-Jährige, der Bücher nicht nur ausleiht, sondern auch zahlreiche eigene Exemplare besitzt: Mittlerweile füllen weit über 1 000 Werke die Regale seiner Privat-Bibliothek. „So langsam entsteht ein Platzproblem“, erzählt der „Viel-Leser“ schmunzelnd. Dabei nennt er aber nicht nur Sachbücher sein Eigen. „Als Jugendlicher las ich alle Bücher von Jack London, Hemingway, B. Traven und Ephraim Kishon. Sie haben mich sehr beeinflusst und geprägt“, unterstreicht der 50-Jährige. Die Werke von Jack London haben es ihm dabei besonders angetan. Denn dem Schriftsteller sei es nicht um reine Unterhaltung gegangen, sondern um die Suche nach Wahrheit, um Wissen und Philosophie. Walter Klopiecs Lieblingsbuch ist deshalb Jack Londons Autobiografie „Martin Eden“. „Darin beschreibt er seinen Werdegang und seine Liebe zu Büchern und zur Wahrheit. Außerdem macht er bewusst, dass man durch das Streben nach Wahrheit manchmal mit einer Realität konfrontiert wird, die nicht immer angenehm ist“, gibt Walter Klopiec zu bedenken. „Zum Beispiel dann, wenn man sich seiner Endlichkeit bewusst wird - und der Tatsache, dass man nur ein Staubkorn im Universum darstellt.“
Walter Klopiec, der sich selbst als Privatier bezeichnet und fließend englisch, französisch und portugiesisch spricht, verbringt täglich etwa eineinhalb Stunden mit dem Lesen in Sachbüchern, Zeitungen und Fachzeitschriften. Zwei bis drei Mal in der Woche deckt er sich in der Stadtbücherei mit neuem Lesestoff ein. Dann geht er jedes Mal mit einem kleinen Bücherstapel in den Händen nach Hause. Dort macht er es sich am liebsten im Wohnzimmer gemütlich, aus dem jegliches Fernsehgerät verbannt ist. „Durch den Fernseher ist man viel zu sehr in der Versuchung, sich ausschließlich auf dieses Medium zu konzentrieren“, glaubt der 50-Jährige, der schon als Kind eine Leseratte war und dessen Eltern und Großeltern ihm stets jede Menge Literatur zur Verfügung stellten. „Ich bin froh darüber, dass ich so aufwachsen konnte und dass ich auch die Möglichkeit zur Ruhe hatte“, betont der „Viel-Leser“. Denn heutzutage würden die Kinder stark von Computerspielen, vom Internet oder vom Fernsehen abgelenkt werden. „Es ist eine Informationsfülle, die auf sie einströmt. Das Buch hat da leider wenig Chancen“, bedauert Walter Klopiec. In TV-Sendungen wie das Dschungelcamp sieht er für Kinder und Jugendliche eine gewisse Gefahr der Verdummung. Deshalb bricht der 50-Jährige eine Lanze für das klassische Buch: „Für uns ,Bibliophile‘ sind Bücher eine Art ,Anker‘ in einer sich immer schneller drehenden Welt“, betont der Kirchheimer. Außerdem erhalte man durch das Lesen ein Allgemeinwissen, das durch kein anderes Medium ersetzt werden könne.