Notzingen. Bereits in nicht öffentlicher Sitzung hatte der Gemeinderat über die Steuererhöhungen ausführlich beraten. Damals ging die Verwaltung von einem Minus von 300 000 Euro im Haushaltsjahr 2011 aus. Mittlerweile blickt Bürgermeister Jochen Flogaus nicht mehr ganz so pessimistisch in die Zukunft. Er rechnet mit 200 000 bis 250 000 Euro „Miese“.
Da sich Kommunen im Gegensatz zu Bund, Land, Region und Kreis nicht über Umlagen finanzieren, müssen sie das Geld für ihre Aufgaben direkt von den Bürgern beziehungsweise Gewerbetreibenden einziehen. Dies ist bei Grundsteuer A und B sowie bei der Gewerbesteuer der Fall. Zum 1. Januar 2011 wird der Hebesatz in Notzingen von 340 auf 360 bei den Grundsteuern A und B erhöht, bei der Gewerbesteuer von 350 auf 360 Prozentpunkte. „Das sind unterm Strich 5,88 Prozent mehr bei einem Reihen- oder Einfamilienhaus“, rechnete Jochen Flogaus vor. Bei einem Reihenhaus erhöht sich der Betrag beispielsweise um 14,49 Euro im Jahr auf rund 260 Euro.
„Die Beträge machen im Einzelnen nicht viel aus. Aber in der vergangenen Sitzung haben wir den Preis für das Wasser erhöht. Die Lohnentwicklung hält mit dieser Entwicklung aber nicht Schritt, weshalb es am Ende eine Mehrbelastung für die Bürger ist“, gab Hans-Joachim Heberling zu bedenken. Ihm ist jedoch auch klar, dass die Gemeinde das Geld jetzt braucht. Er regte aber an, in guten Zeiten Gebühren und Steuern zu senken. „In solchen Jahren steigen aber die Erwartungen und es gibt dann ein gewisses Anspruchsdenken“, so die Erfahrung von Jochen Flogaus.
Aus Sicht der Gemeinde ist die Steuererhöhung nach Auffassung von Günter Barz legitim, aus Sicht der Bürger aber das falsche Signal. „Einfach Gebühren erhöhen – das kann kein privater Haushalt, wenn das Geld für Anschaffungen nicht reicht“, sagte er. Auf die Steuerlast komme immer noch was drauf, insbesondere auch bei Betrieben. „Auf das, was man möglicherweise mehr verdient, zahlt man noch mehr Steuern“, so der Mitinhaber eines Betriebs. Er fragt sich deshalb, wann diese Schraube endet. „Wenn der Staat uns alles nimmt – dann ist die Grenze erreicht“, so Günter Barz. Deshalb ist für ihn der Trend falsch, Kosten einsparen sei das Ziel. Außerdem müsste den Behörden klar gemacht werden, dass derjenige auch bezahle, der etwas fordere, sagte er im Hinblick auf die Kinderbetreuung.
„Wo können wir einsparen? Überall ist das beim Personal der Fall, doch wir sind schon seit Jahren am Limit, haben mit Abstand die niedrigste Personalquote – damit haben wir unser Geld erwirtschaftet“, sagte Jochen Flogaus. Zum Vergleich sprach er von einer Gemeinde, die lediglich 400 Einwohner mehr als Notzingen hat, aber sechs Verwaltungsangestellte mehr. „Das Bürgerhaus schließen oder die Heizung in der Sporthalle abdrehen ist auch keine Lösung“, so der Schultes.
Herbert Hiller sieht aus diesen Gründen keine Alternative zur Erhöhung der Steuern. Ähnlicher Auffassung ist auch Hans Prell. „Den Letzten beißen buchstäblich die Hunde“, sagte er. Familien und Firmen würden doppelt zur Kasse gebeten, was äußerst unerfreulich sei. Der Wintereinbruch habe aber deutlich vor Augen geführt, wie wichtig die Aufgaben einer Gemeinde sind, aber eben auch Geld kosten. „Mit weniger Mittel mehr Aufgaben stemmen, geht nicht. Deshalb müssen wir in den sehr sauren Apfel beißen“.
So ist auch die Ansicht von Gerhard Mergenthaler. „Irgendwie muss auch das Feuerwehrauto, das dem Schutz der Bürger dient, finanziert werden, dessen Kauf wir vorhin beschlossen haben“, sagte er. Als Bürger Notzingens und selbstständiger Handwerker trifft ihn die Erhöhung doppelt.
Letztendlich beschloss die große Mehrheit des Gremiums mit einer Gegenstimme die Erhöhung der Steuern.