Am Montag beginnt der elfte Gesprächskreis für trauernde Frauen
In Trauer stecken viele Gefühle

Gemeinsam Trauer aushalten. Nichts verdrängen, nicht mit Ratschlägen auftrumpfen. Das ist der Grundgedanke des Gesprächskreises für trauernde Frauen. Seit zehn Jahren gibt es hier Hilfe für Frauen, die ihren Partner verloren haben, auf dem Weg zurück ins Leben.

Kirchheim. „Der Kreis hat mir dabei geholfen, einen großen Schritt nach vorn zu machen“, erzählt Elisabeth Walz. Sie hat vor mehreren Jahren an dem Gesprächskreis teilgenommen. „Damals ging es mir ganz schlecht, mein Alltag war so schwer“, erinnert sie sich. Dass sie überhaupt bei Ulrike Graf, einer der Mitarbeiterinnen im Gesprächskreis, angerufen hat, lag an der Hartnäckigkeit einer Hospiz-Mitarbeiterin. Das Telefonat erwies sich für Elisabeth Walz als wahrer Segen: „Im Kreis haben wir gemeinsam gefühlt, getrauert, geredet“, beschreibt sie die Unterstützung. Einfach mal weinen dürfen in diesem geschützten Rahmen, das kann viel Wert sein in einer Welt, die Trauer verdrängt.

Auch die Gesprächskreis-Mitarbeiterinnen Ulrike Graf, Gabi Goebel und Ursula Schulmeyer erinnern sich noch gut an das erste Treffen mit Elisabeth Walz. Die heute Zuversicht ausstrahlende Frau muss damals eine völlig andere gewesen sein. „Es blieb uns nichts anderes übrig, als einfach diese große Trauer gemeinsam auszuhalten“, erinnert sich das Trio an den geradezu körperlich spürbaren Schmerz. Doch gerade das gemeinsame Aushalten ist etwas ganz Wichtiges. Hier gibt keiner Ratschläge, denn jeder in der Runde weiß, dass es für Trauer keine Patentrezepte gibt. „Trauer ist etwas ganz Individuelles“, sagt Gabi Goebel.

Allen Trauernden gemein ist aber die Erfahrung, dass das Thema Trauer im Alltag verdrängt wird. „Man hat das Gefühl, dass den anderen das Thema nach einigen Monaten lästig wird“, sagt Susanne Schmidt-Prange, die vor drei Jahren Witwe wurde und deshalb am Gesprächskreis teilgenommen hat. Sie und ihre Mitstreiterinnen wissen, dass Trauer keine Sache von Monaten oder gar Wochen ist. „Ein Jahr ist da gar nichts“, beschreibt Susanne Schmidt-Prange die große Leere, die sich der Betroffenen bemächtigt.

„Trauer hat eine andere innere Uhr als das Leben draußen“, ergänzt Ulrike Graf. Sie erzählt von einer Gesprächskreisteilnehmerin, einer jungen Frau, die erst sieben Jahre nach dem Tod ihres Partners zum Kreis kam. – Vorher hatte sie einfach keine Zeit, musste funktionieren, für die Kinder da sein. Doch irgendwann hat die Trauer doch ihren Platz im Leben gefordert. Der jungen Frau hat der Austausch in der Frauenrunde dabei sehr geholfen. „Es bleibt immer eine Narbe zurück“, macht Graf klar, dass es darum geht, der Trauer einen Platz im Leben einzuräumen.

„Die Zeit heilt keine Wunden, aber man kann lernen, mit dem Schmerz zu leben“, wandelt Elisabeth Walz ein gängiges Sprichwort ab. Sie hat es im Laufe der Jahre geschafft, sich an schönen Erinnerungen an das gemeinsame Leben mit ihrem verstorbenen Mann zu erfreuen und zu wärmen. „Trauer wandelt sich“, ist ihre Erkenntnis. Bei dieser Entwicklung kann man die Trauernde nur begleiten, man kann nichts beschleunigen, nichts vermeiden. Zeit schenken in Form eines Spaziergangs oder langer Gespräche, bei denen sich die Trauernde alles von der Seele reden kann, das scheint für Elisabeth Walz mit das Wichtigste. Auch im Gesprächskreis hat sie es genossen, in der Runde von „neutralen Fremden“ einfach so sein zu können, wie sie sich gefühlt hat. Alle loben den geschützten Rahmen, denn: Was im Trauerkreis gesprochen wird, kommt nicht an die Öffentlichkeit. Angst vor Blamage gibt es nicht.

Die Treffen der alljährlichen Kreise beginnen stets im Februar und sind auf einen dreiwöchigen Rhythmus ausgelegt. Nach fünf Monaten ist Schluss. „Das ist ein überschaubarer Zeitraum: Die Trauernden setzen sich das Ziel, in dieser Zeit weiterzukommen, und auch für uns ist es wichtig, dass der jeweilige Kreis dann einen Abschluss findet“, sagt Gabi Goebel. Ziel ist, dass sich die Frauen auch weiterhin treffen. „Hier sind schon dicke Freundschaften entstanden“, berichten die Organisatorinnen im Rückblick auf zehn Jahre.

Außerdem läuft das ganze Jahr über, immer am zweiten Mittwoch eines Monats, das „Café T“. Hier kann von 15 bis 17 Uhr jede in den Eckpunkt im Johannes-Busch-Gemeindehaus kommen, zu Tee, Trauer, Torte und mehr. – Eine bunte Runde findet sich zusammen, die das Trauererlebnis als gemeinsamen Nenner hat, aber auch mitten im Leben steht. „Lachen und Weinen kann hier sehr eng beieinander sein, das ist sehr ehrlich“, beschreibt Elisabeth Walz die Treffen.

Im Gesprächskreis ist die Begleitung intensiver, gerade so, wie sie die Einzelne im Moment braucht. „Man fühlt sich dort ohne Druck und Zwang aufgehoben und begleitet“, ist die Erfahrung von Susanne Schmidt-Prange. Das liege maßgeblich an der zurückhaltenden, aber dennoch professionellen Leitung der Koordinatorinnen. Die wiederum sind nicht selten froh, sich aufeinander verlassen zu können und so schwierige Situationen gemeinsam zu meistern.

Die regelmäßigen Treffen folgen stets einem Ritual: Zunächst gibt es einen Gesprächsimpuls, dann eine Art „Mitte“ und schließlich einen meditativen Abschluss. „Ich erinnere mich, wie sich meine Seele mitten in all meiner Trauer einmal geradezu liebkost gefühlt hat“, beschreibt Elisabeth Walz. Alle Beteiligten nicken verständnisvoll, denn damit hat der Gesprächskreis ein wichtiges Ziel erreicht. Dass es individuelle Rückschläge und Hochs wie auch Tiefs geben kann, ist ganz normal, denn alle wissen: „In der Trauer stecken viele Gefühle.“

 

Für den Gesprächskreis für trauernde Frauen, der am Montag, 25. Februar, um 18 Uhr in den Räumen der Kirchheimer Zionskirche beginnt, kann man sich noch anmelden bei Ulrike Graf, Telefon 0 70 22/6 22 60, und Gabi Goebel, Telefon 0 70 23/63 74.