Karl Zimmermann, Landtagsabgeordneter der CDU, lud zur Diskussion über die Gesetzesnovellierung
Jäger schießen gegen neues Landesjagdgesetz

Nebel allerorten: Sei es real dank des Novemberwetters oder politisch. Nichts Genaues weiß man nicht, aber trotzdem wird eifrig diskutiert. Die Novellierung des Landesjagdgesetzes ruft Tier- und Naturschützer auf den Plan – und logischerweise auch die Jäger, die von den möglichen Änderungen wohl am meisten betroffen sind.

Iris Häfner

Kirchheim. Es scheint ein Wespennest zu sein, in das die Landesregierung gestochen hat: die Novellierung des Landesjagdgesetzes. Es ist Bestandteil des Koalitionsvertrags, soll nach Ansicht der Regierung an die neuen Aspekte der Wildökologie angepasst werden und wird gerade ausführlich von sämtlichen Beteiligten diskutiert. Mit am Tisch sitzen Vertreter von Tierschutzorganisationen, Naturschutzverbänden, Forstverwaltung, Landwirten, kommunalen Spitzenverbänden und Jägern. Dabei geht es um Themen wie: Sind das Fallenstellen und die Baujagd noch zeitgemäß? Welche Tierarten sollen aufgelistet werden? Braucht es eine Wildtierfütterung? Wer muss für Wildschäden aufkommen? Und weshalb soll die Jagdgenossenschaft aufgelöst werden, wo sie doch gute Arbeit leistet?

Karl Zimmermann, Landtagsab­geordneter der CDU, hat deshalb zur Diskussion über das neue Landesjagdgesetz – wie passend – in den Hirschgarten nach Kirchheim eingeladen. Hier stimmt nicht nur der Name, sondern Hausherr Reinhard Segatz ist auch Jäger. Hauptredner des Abends war Peter Hauk, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Als Jäger und einstiger Leiter des Forstamts Adelsheim ist ihm die Materie nicht unbekannt. Der Einladung gefolgt waren ausschließlich Jägerinnen und Jäger mit einer Ausnahme: Eine Tierschützerin wagte sich in die Höhle des Löwen und meldete sich auch zu Wort.

„Wir hören vieles, aber nichts Konkretes“, erklärte Peter Hauk bezüglich der Arbeitsgruppe, die sich mit der Gesetzesänderung befasst. Nicht nur er hatte gehofft, dass der Gesetzentwurf vorliegt, um konkret darüber diskutieren zu können. Bernhard Panknin vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, und damit die oberste Jagdbehörde im Land, bat um Verständnis, obwohl ihm klar ist, dass die Jäger langsam aber sicher mal wissen wollen, mit welchen Änderungen sie sich ausei­nanderzusetzen haben. Bei gleichem Personalspiegel muss er jedoch sämtliche Gesetze im Blick haben – vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über die Verfassung bis hin zu Bundesgesetzen. „Was uns zum Nachdenken gebracht hat, ist Folgendes: Wie soll verhindert werden, dass das Jagdrecht von Natur- und Tierschutzrecht in Salamitaktik aufgeschnitten wird. Das EGMR-Urteil war ein Treffer mit deutlichem Warnsignal“, sagte Bernhard Panknin. Es geht dabei um die Frage, ob die Jagd weiter als öffentliche Aufgabe definiert wird oder als Freizeitvergnügen, wie es die EGMR-Richter sehen. Hinterfragt wird die Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft. Jeder Wiesen-, Acker- oder Waldeigentümer ist darin wissentlich, meist aber unwissentlich, Mitglied. Der Jagdgenossenschaft steht in 80 Prozent der Fällen der Bürgermeister vor. Verwaltet wird hier die Pacht, die jeder Jäger für seinen sogenannten Jagdbogen bezahlt. Von diesem Geld können beispielsweise auch Wildschäden finanziert werden.

Insbesondere die deutlich angestiegenen Schäden durch Wildschweine machen deutlich, wie sich die Umwelt infolge der Umstrukturierung von Land- und Forstwirtschaft in den vergangenen 30 bis 40 Jahren verändert hat – und in deren Folge auch die Bestände der einzelnen Tierarten. Während Rebhühner oder Fasane in vielen Regionen fast oder ganz verschwunden sind, vermehren sich Wildschweine dank des hohen Maisanbaus als Energiepflanze fröhlich. Doch das, was sie fressen, fehlt den Bauern in der Kasse, und dafür muss der Jagdpächter aufkommen. Auf Dauer kann sich das kaum einer leisten, und deshalb gibt es in Baden-Württemberg schon die ersten Reviere, die keinen Pächter mehr finden.

All diesen Veränderungen soll das neue Jagdgesetz flexibel Rechnung tragen. Unmut bei den Jägern erregt jedoch Kategorisierung und Herausnahme von Tierarten. „Die Naturschützer erklären: Nur das, was man kennt, schützt man. Dasselbe gilt für das Gesetz. Deshalb darf man die jagdbaren Tierarten nicht einschränken, sondern muss sie ausweiten. Luchs und auch Wolf werden über kurz oder lang in Baden-Württemberg ankommen, und wir müssen uns darauf einstellen“, erklärte Peter Hauk. Sein Vorschlag: Mit dem Märchen des bösen Wolfs aufhören und ihn zu jagdbaren Tieren mit ganzjähriger Schonzeit erklären.

Für Unverständnis sorgte bei der Versammlung das Fernbleiben sämtlicher Forstbediensteten. Als den Beamten vonseiten ihrer vorgesetzten Behörde, dem Landratsamt Esslingen, klar zu verstehen gegeben wurde, sich öffentlich nicht zu einem Gesetzentwurf zu äußern, der noch nicht vorliegt, blieben sie der Veranstaltung fern. „Das bedaure ich sehr, denn die Förster haben eine andere Meinung als wir Jäger, und es wäre schön gewesen, mit ihnen bei solch einer Veranstaltung in den Dialog treten zu können“, sagte Jochen Sokolowski, Bezirksjägermeister des Regierungsbezirks Stuttgart aus Dettingen.