Kirchheim. Mit dem originellen Kunstwort „Seminart“ wird perfekt auf den Punkt gebracht, was in der Ausstellung, die unter dem Titel „Jeder Anfang beginnt mit einer Idee . . .“ in der Städtischen Galerie im Kornhaus noch bis Samstag,
WOLF-DIETER TRUPPAT
6. Juli, zu sehen ist – Kunst aus dem Seminar. Dass die Finissage mit einem Tag der offenen Türen des Pädagogischen Fachseminars Kirchheim (PFS) zusammenfallen wird, ist daher natürlich auch kein Zufall.
Dieser erstmals auf die Beine gestellten Ausstellung wünschen schon heute alle Beteiligten und Kunstinteressierten, dass die vor eindrucksvolle Publikumskulisse gefeierte Premiere nicht einmalig ist – sondern der Beginn einer weiteren, nicht mehr wegzudenkenden Tradition in der Teckstadt.
Anlass für die Ausstellungseröffnung in der Galerie der Stadt sind zu feiernde „90 Jahre Seminar Kirchheim“. Das im Zentrum der Stadt untergebrachte Pädagogische Fachseminar für die Fächer Sport, Musik, Kunst, Technik sowie Hauswirtschaft/Textiles Werken ist weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt als gute Adresse für angehende Fachlehrerinnen und -lehrer für musisch-technische Fächer und das zweifellos nicht nur deshalb, weil die bekannte Einrichtung in den hochherrschaftlichen und repräsentativen Räumlichkeiten des Kirchheimer Schlosses residiert.
Daneben stehen dem Seminar noch der Marstall und die Sportanlagen bei der Sporthalle Stadtmitte zur Verfügung und – aktuell und auf Zeit – nun auch noch die Räume der Galerie der Stadt. War es bislang eine schon viele Jahre gepflegte Tradition, im Rundsaal des Schlosses die erstaunlichen Ergebnisse des künstlerischen Schaffens der „Schlossbewohner“ währen ihrer zwei Ausbildungsjahre vor einem internen Publikum Revue passieren zu lassen, wagen sich die am Seminar ausgebildeten angehenden Lehrkräfte mit der jetzt eröffneten Ausstellung erstmals mit ihren Arbeiten an eine größere Öffentlichkeit.
Das große Publikumsinteresse an der Ausstellungseröffnung zeigte dabei unübersehbar, dass offensichtlich großer Bedarf besteht, bislang Versäumtes endlich nachzuholen und zu erproben, ob die Arbeiten der „temporären Kirchheimer Künstler“ auch künftig stärker im öffentlichen Leben der Stadt präsent sein könnten. An guten Wünschen für hoffentlich viele Besucher, die Interesse an den ausgestellten Arbeiten zeigen, mangelte es bei der Vernissage jedenfalls nicht.
Nach der Erinnerung von Seminar-Direktor Klaus Buck wurde die ursprüngliche Idee einer solchen Ausstellung bei einem Besuch der ungarischen Partnerstadt Kalocsa im Beisein von Mitgliedern des Kirchheimer Kunstvereins geboren. Von Monika Becker-Frey, Bereichsleiterin Bildende Kunst, wurde die Idee dann aufgegriffen und mit den Zielen der im Seminar angebotenen Lehrerausbildung in Verbindung gebracht.
Kompetenz auf dem Gebiet des Projektmanagements und hinsichtlich der Organisation und Gestaltung einer Ausstellung traten dadurch neben die rein künstlerisch-kreativen Kompetenzen und machten das jetzt sehr erfolgreich angelaufene Ausstellungsprojekt möglich.
Als Hausherrin freute sich Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker darüber, dass dem Seminar mit der Städtischen Galerie im Kornhaus zweifellos „eine gute Adresse für Kunst und Kultur“ für diese interessante Ausstellung zur Verfügung gestellt werden konnte. Sie betonte, dass die Stadt sehr stolz darauf sei, ein bekannter Standort für die Lehrerausbildung zu sein. Nachdem die Seminaristinnen und Seminaristen immer viel neuen Schwung und Kreativität in die damit beschenkten Schulen tragen, sei es gut, wenn die Kirchheimer Bevölkerung auch außerhalb der immer wieder angebotenen und auf großes Interesse stoßenden Tage der offenen Türen am Seminar sich so einen guten Einblick verschaffen können, was im einstigen Witwensitz alles an kreativem künstlerischem Potenzial zu finden ist.
Sabine Schäfer-Gold, die als Fachleiterin am Seminar in die Ausstellung einführte, betonte noch einmal das hinter der Ausstellung liegende Anliegen. „Wir wollen keine isolierten Kunstwerke zeigen, sondern ausgewählte Zeichen eines ständigen Prozesses der künstlerischen Ausbildung, als Schnittstelle zwischen Vorbildung, Ausbildung und Schule und zwischen Kunst und Kunstvermittlung“.
Die Arbeit am Seminar werde als fortwährender Wahrnehmungs-, Gestaltungs- und Reflexionsprozess gesehen – genauso, wie auch die zukünftigen Fachlehreranwärter im Unterricht Lernprozesse im Zusammenspiel von Wahrnehmung, eigenem Ausdruck und dem Nachdenken über den Prozess und das erreichte Ergebnis in Gang setzen. „Da unsere Seminaristen ja bereits nach einer kurzen Einführungszeit selbstständig unterrichten, tragen sie die Experimentierfreudigkeit und Methodenvielfalt sofort in die Ausbildungsschulen weiter“.
Die Vielfalt der künstlerischen Möglichkeiten aus den klassischen Bereichen Malerei, Grafik, Plastik und Neue Medien ist auch an den unterschiedlichsten Arbeiten abzulesen, mit denen 36 Teilnehmen zeigen wollen, dass es ihnen nicht um Konkurrenz geht, sondern um die gemeinsame Freude daran, die völlig unterschiedlichen und vielfältigen Herangehensweisen an Kunst zu zeigen.
Sabine Gold richtete das Interesse der Besucher auf „Überraschendes wie die Zufallstechniken Decalcomanie oder Decollege“ hin. Wege, die Angst vor dem leeren Blatt zu verlieren, zeigten auch die ausgestellten Drucktechniken hoch, tief und experimentell. Zu sehen sind auch formschöne Specksteinobjekte, in Schuhobjekten sich manifestierende Kunstgeschichte sowie das filmisch eingespielte Projekt „The Big Draw“.
Besonders erfreut zeigte sich Sabine Schäfer-Gold, dass die Bedeutung musischer Fächer allmählich erkannt werde. Sie zitierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der im Blick auf die Wünsche nach mehr kultureller Bildung Hoffnung geweckt hat mit seiner pointierten Replik: „Durch Sparen am Futter für die Mäuse bekommt man die Elefanten auch nicht satt...“
Musikalisch umrahmt wurde die Vernissage von der Band des Pädagogischen Fachseminars unter der Leitung von Sven Koos. Mit dem Stück „Unsterblich“ der Gruppe „Luxuslärm“ eröffneten sie den konzertanten Teil und ordneten sich später mit dezenten Hintergrundklängen dem ansteigenden Raumklang der stets erhofften „guten Gespräche“ unter.
Für kulinarische Höhepunkte sorgte der Fachbereich Hauswirtschaft/Textiles Werken des Seminars. Mit ihrer kreativen Herangehensweise an die kulinarische Herausforderung „Häppchen“ und künstlerisch gestalteten Fingerfoods demonstrierten auch sie Vielfalt, sorgten aber zumindest direkt am Ende des offiziellen Teils für eine zunächst eher zuungunsten der ausgestellten Kunstwerke für harte Konkurrenz.