Kreis Esslingen. Nach der finanziellen Schieflage der Kreiskliniken mit einem Minus von unterm Strich 16 Millionen Euro im vergangenen Jahr setzt der Landkreis Esslingen alles daran, dass seine Krankenhäuser wieder auf die Beine kommen. Daran ließen in der letzten Kreistagssitzung im Dezember 2012 weder Landrat Heinz Eininger noch die Fraktionsvorsitzenden Zweifel aufkommen. Mindestens eine schwarze Null müsse herausspringen.
In derselben Sitzung hatte das Kreisparlament deshalb die Innere Medizin samt Rheumatologie von Plochingen nach Kirchheim verlegt. Wochen zuvor war die defizitäre Privatklinik am Ruiter Paracelsus-Krankenhaus geschlossen worden.
Ebenfalls im vergangenen Jahr gaben Stadt und Landkreis Esslingen bei Ernst & Young gemeinsam ein Gutachten in Auftrag. Die renommierten Unternehmensberater sollten herausfinden, wie die medizinische Krankenhausversorgung im Kreis wirtschaftlich betrieben werden könne – auch unter dem Vorzeichen einer Fusion der Kreiskliniken mit dem Städtischen Klinikum Esslingen. Dieses Gutachten wird nun nach einiger Verzögerung am kommenden Dienstag den Delegationen von Stadt und Kreis vorgestellt, die von Landrat Heinz Eininger einerseits und Esslingens Oberbürgermeister Jürgen Zieger andererseits geleitet werden und die paritätisch besetzt sind. Des Weiteren sitzen am Delegationstisch die Geschäftsführer der Kreiskliniken und des Klinikums, der Finanzbürgermeister und die Kreiskämmerin sowie Vertreter der Aufsichtsräte der Kreiskliniken gGmbH und der Klinikum Esslingen gGmbH.
Dabei geht es vor allem um die Frage, wie Doppelstrukturen an den Kliniken aufgelöst und ein wirtschaftliches Zusammengehen der Kreiskliniken mit dem Städtischen Klinikum Esslingen verwirklicht werden können. Glaubt man den Worten des Esslinger Finanzbürgermeisters Bertram Schiebel, so ist eine Fusion der Krankenhäuser wirtschaftlich interessant. Dies ist laut Schiebel die Kernbotschaft des in der Öffentlichkeit bisher noch unbekannten Gutachtens. Dessen ungeachtet werden letztendes die politischen Gremien von Kreistag und Gemeinderat über die Zukunft der Krankenhauslandschaft im Kreis entscheiden.
Jetzt wird es nicht, wie zehn Jahre zuvor, um die wirtschaftlich zweitbeste, sondern um die beste Lösung gehen. Deshalb wurden seitens der Kreistagsfraktionen schmerzhafte Einschnitte bereits angekündigt. Das gilt vor allem für Ruit. Hierbei sei an die Aussage des Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler, Alfred Bachofer, erinnert: „Erst dies schafft die Basis für die künftige Gesamtklinik ‚Stadt und Landkreis Esslingen‘.“
Die Paracelsus-Klinik Ruit schrieb im Jahr 2012 ein Minus von 3,1 Millionen Euro. Ihre Doppelstrukturen gegenüber dem nahen Städtischen Klinikum Esslingen sind nicht zu übersehen: Kardiologie, Strahlentherapie, Onkologie, Unfallchirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe sind hier wie dort vorhanden und kosten Geld. Man muss daher kein Prophet sein, um entsprechende Veränderungen in Ruit vorauszusagen.
Darin sieht auch Esslingens Oberbürgermeister Zieger, der bislang mit dem Begriff „Fusion“ sehr sparsam umging, die Vorteile eines Zusammenschlusses: Abbau von Doppelstrukturen und damit Verzicht auf unwirtschaftliche Konkurrenz. Freilich lässt Esslingens Verwaltungschef keinen Zweifel daran aufkommen, welche Seite noch ihre Hausaufgaben zu machen hat. Für ihn ist ein gemeinsames Geschäftsmodell nur dann denkbar, wenn dies nicht zulasten des Städtischen Klinikums geht.
Und was geschieht mit der Klinik Plochingen? „Ich gehöre zu dem Kreis derjenigen, die noch auf das Ernst & Young-Gutachten warten müssen“, gab der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Kreistag, Plochingens Bürgermeister Frank Buß, zu verstehen. Er wolle sich zuvor nicht im Bereich von Spekulationen bewegen. „Konkret weiß ich nichts über die Zukunft der Plochinger Klinik.“
Antworten auf die künftige Klinikenstruktur im Landkreis Esslingen und damit auch zur Zukunft der Plochinger Klinik soll das Gutachten liefern. Das lässt Raum für Spekulationen: So mutmaßen einige Kreisräte, die überraschende Kündigung des Chefarztes der Nürtinger Psychiatrie, Martin Roser, könnte etwas damit zu tun haben, dass die Psychiatrie künftig in Plochingen konzentriert wird. Bekanntlich sollte die Nürtinger Psychiatrie, die immer noch in Altbauten am Neckarufer untergebracht ist, am Kirchheimer Krankenhaus ihren Platz finden. Daraus wurde nichts, weil sich die wirtschaftliche Situation des Kreises verschlechterte und statische Probleme auftraten. In Kirchheim allerdings wäre die Psychiatrie an eine somatische Klinik angebunden gewesen, ganz nach den Vorstellungen des Chefarztes. In Plochingen ist dies ab Juli nicht mehr der Fall. Roser selbst wollte sich zu derlei Spekulationen nicht äußern.