Dass die Bevölkerung jetzt in dieser Krise zu Hause bleiben soll, ist nichts Neues mehr. Trotzdem befolgen das nicht alle. Landrat Heinz Eininger ist enttäuscht von solchem Verhalten. Er spricht im Interview über die aktuelle Situation im Kreis.
Was ist Ihre wichtigste Botschaft an die Menschen in diesen Tagen?
Heinz Eininger: Disziplin ist jetzt gefragt. Bleiben Sie zu Hause. Unsere Bundeskanzlerin sagte in ihrer Fernsehansprache: „Im Moment ist Abstand Ausdruck von Fürsorge“ - das heißt nichts anderes als Rücksicht nehmen aus Solidarität mit den Älteren, mit Kindern und Kranken - sich auf das Nötigste zu begrenzen.
Warum ist das so wichtig?
Eininger: Die Infektionsgefahr lässt sich nur verringern und die Ausbreitung des Virus verlangsamen, wenn die Menschen zu Hause bleiben und die Regeln befolgen. Mir gefällt die Sorglosigkeit nicht, mit der sich viele derzeit zum Stadtbummel oder zum Picknick aufmachen. Sicher, das schöne Wetter ist verlockend, aber Zusammenkünfte gehen jetzt nicht mehr.
Was passiert, wenn die Menschen dies nicht befolgen?
Dann wird es die Ausgangssperre geben müssen. Klar ist: Die persönliche Freiheit muss jetzt einfach zurückstehen.
Wo können sich die Menschen hinwenden, wenn sie die Sorge einer Infektion umtreibt?
Wer an sich Symptome wie Fieber, trockenen Husten, Schüttelfrost oder Ähnliches bemerkt, wendet sich telefonisch an seinen Hausarzt, der dann entscheidet, ob ein Test angezeigt ist. Wird das bejaht, bekommt der Patient einen Code und kann dann zu unseren Corona-Abstrichzentren fahren. Die sind von Montag bis Freitag besetzt. An den Wochenenden helfen wir unter 116 117 weiter.
Und wer andere Sorgen hat, an wen kann der sich wenden, wer gibt Auskunft?
Im Landratsamt ist eine Hotline unter 07 11/3 90 24 19 66 für allgemeine Fragen eingerichtet, wir helfen wo wir können.
Apropos Corona-Abstrichzentren (CAZ) - Wie ist dort die Lage?
Wir haben jetzt gut 5 000 Tests durchgeführt. Rund 360 Menschen sind Stand Freitagmorgen positiv, das entspricht etwa sieben Prozent aller Getesteten. Die Tests haben sich eingespielt und funktionieren gut. Ärzte, Malteser und viele Helfer leisten Vorbildliches.
Was macht das Gesundheitsamt?
Unser Gesundheitsamt läuft auf Hochtouren, und zwar seit nahezu vier Wochen ununterbrochen. Die Arbeit ist erfolgreich: Unserem Gesundheitsamt gelingt es immer noch, trotz der großen Zahl der positiv Getesteten, die Infektionskette nachzuverfolgen. Das gelingt nur, weil wir mittlerweile aus der gesamten Kreisverwaltung das Gesundheitsamt verstärken. Wenn wir die Kontaktpersonen der Infizierten kennen, können wir sie trennen, untersuchen und damit einen ganz wichtigen Beitrag zur Verlangsamung bzw. Eindämmung der Infektion leisten. Unser Ziel ist es deshalb, die CAZ so lange wie möglich offen zu halten.
Experten erwarten, dass in den nächsten Wochen die Zahl der Schwerkranken steigen wird. Sind die Kliniken dafür vorbereitet?
An allen Kliniken im Landkreis werden zwischenzeitlich Patienten, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben oder bei denen der Verdacht aufgrund entsprechender Symptome besteht, behandelt. Leider kommen zunehmend schwere Fälle hinzu, sodass wir unsere Kapazitäten im intensivmedizinischen Bereich weiter ausweiten müssen. Dafür sind wir gerüstet. So sind wir beispielsweise darauf vorbereitet, unsere Beatmungskapazitäten zu erweitern.
Wie nehmen das die Mitarbeiter auf?
Alle Klinikmitarbeiter sind aktuell maximal gefordert und leisten wirklich Großartiges. Es ist eine enorme Leistungsbereitschaft und ein Zusammenstehen in allen Bereichen vorhanden. Man hilft und arbeitet dort, wo man gebraucht wird - abteilungs- und standortübergreifend. Die Belastung ist natürlich hoch - auch psychisch.
Verfügen Sie über genügend Material?
Unsere Beschaffungsteams arbeitet derzeit am Limit, um die Versorgung mit der notwendigen Schutzausrüstung sicherzustellen. Fakt ist aber auch, dass in der aktuellen Notlage Firmen versuchen, ihren persönlichen Profit zu maximieren. Das macht mich nicht nur wütend, sondern auch traurig.
Was macht die Verwaltung, wenn sie jetzt geschlossen hat?
Die Coronalage bindet sehr viel Mitarbeiterkapazität. Hier können viele Arbeiter nicht in ihrem angestammten Aufgabengebiet tätig sein, sondern unterstützen die Stabsarbeit. Das dürften gut 200 Kollegen sein, die oftmals mit vielen Überstunden unterwegs sind. Ein weiterer Teil arbeitet von zu Hause aus im Home-Office. Dafür haben wir in wenigen Tagen die notwendigen IT-Lösungen geschaffen. In den Aufgabengebieten, die mit Corona gar nichts zu tun haben, wird normal, aber ohne Publikumsverkehr weitergearbeitet. Wir sind schließlich telefonisch und auch per E-Mail oder mit der Post jederzeit erreichbar. Und in Notfällen können Termine vereinbart werden. Gerade in diesen schwierigen Zeiten müssen wir für die Menschen da sein, aber auch uns selbst schützen. Schließlich geht es darum, die Begegnungen herunterzufahren. An normalen Arbeitstagen kommen in unser Landratsamt in Esslingen zwischen 500 und 700 Menschen mit ihren Anliegen. Auch in unseren Außenstellen ist gerade im Bereich der Zulassung oder auch im Fachbereich Soziales ein reger Publikumsverkehr. Daraus kann man ersehen, wie wichtig und wie notwendig es ist, die Anzahl der Kontakte zu verringern.
Wie steht es um die Sitzungen der Kreisgremien, zum Beispiel der Ausschüsse und des Kreistags?
Die Ausschuss- und Kreistagssitzungen finden bis auf Weiteres, wie mit dem Ältestenrat vereinbart, nicht statt. Die zur Entscheidung anstehenden Themen werden in schriftlichen Sitzungsvorlagen aufgearbeitet und den Kreistagsmitgliedern zugeleitet. Wenn es mehrheitlich Zustimmung gibt, vollziehe ich als Landrat die Entscheidung als sogenannte Eilentscheidung. Dies macht es dann notwendig, die Öffentlichkeit im Nachhinein über die getroffene Entscheidung zu informieren. Das ist ein rechtlich sauberer Weg, mit der schwierigen Situation umzugehen und nahezu kein Demokratiedefizit aufkommen zu lassen.
Was wünschen Sie sich als Landrat in diesen Tagen?
Ich kann es nur noch mal wiederholen: Dass wir zusammenhalten, Solidarität üben und Rücksicht nehmen, und natürlich, dass wir gesund und handlungsfähig bleiben. Wir tun alles in unserer Macht Stehende mit unseren Kliniken, Rettungsorganisationen, in den Pflegeheimen und Betreuungseinrichtungen, dass wir die Krise meistern. Aber jeder Einzelne muss seinen Beitrag leisten, sich selbst schützen und damit andere schützen, damit das Ganze gut wird!