Dettingen. Zu seinem 110-jährigen Bestehen machte sich der evangelische Posaunenchor in Dettingen ein hochkarätiges Geschenk: Er hatte
Jürgen Gröblehners Blechbläserensemble „Classic Brass“ zu einem Konzert eingeladen. Die Idee kam vom 72-jährigen Trompeter Kurt Würthele. Die Terminsuche war schwer, doch sie gelang. Und so kamen rund 150 Jubilare und Zuhörer in die evangelische Sankt-Georgs-Kirche nach Dettingen.
Das Konzert war in mehrfacher Hinsicht königlich. Dies lag zum einen an der Herkunft der Kompositionen. Statussymbole wandeln sich; in der Renaissance und im Barock gehörten zur Selbstpräsentation von Kaisern, Königen und Fürsten neben prunkvoller Architektur Bildhauerei, Malerei und Musik. Aus diesem Fundus hat „Classic Brass“ die Stücke für das Programm „Royal Music“ ausgewählt. Königlich wurde das Konzert ebenso durch das Motto des Ensembles, das mit seiner Musik Gott die Ehre geben will: Soli Deo Gloria. Königlich und über jeden Zweifel erhaben, selbst bei schwierigsten Stücken, war auch die Qualität der fünf Musiker.
„Classic Brass“ war von Jürgen Gröblehner vor drei Jahren gegründet worden. Schon 1991 hatte er in München mit vier weiteren Musikern sein erstes Blechbläserquintett begonnen. Dieses hatte in 18 Jahren mehr als 2 000 Auftritte und produzierte 25 CDs. Das Ensemble „Classic Brass“ setzt sich derzeit aus zwei Ungarn, einem Serben, einem Italiener und einem Deutschen zusammen. Der erste Trompeter, Paolo Fazio, stammt aus Venedig und hatte beim Dettinger Konzert vier verschiedene Trompeten im Einsatz. Der Sachse Gröblehner spielt als zweiter Trompeter. Der Hornist Aleksandar Crnojevi stammt aus Belgrad. Eigentlich hätte er als Kind Geige lernen sollen, doch nur der Hornlehrer hatte Kapazitäten frei. Bei einem kleinen Exkurs in die Instrumentenkunde zeigte er, welche verblüffende Tonvielfalt er allein mit seiner Hand im Schallstück des Horns erreichen kann. Der Ungar Szabolcs Szücs griff mit zwölf Jahren erstmals zur Posaune, mit 13 bestand er die Aufnahmeprüfung ins Musikkonservatorium. Roland Krem kommt ebenfalls aus Ungarn. Er begann als Zwölfjähriger mit der Tuba, studierte später in Salzburg und München.
Von Händels Wassermusik war König Georg I. so begeistert, dass er bei der Premiere Teile mehrfach spielen ließ. „Classic Brass“ spielte daraus fünf Stücke. „Auf, schmetternde Töne der munteren Trompeten“ entstammt einer der wenigen erhaltenen weltlichen Kantaten Johann Sebastian Bachs. Ein musikalischer Gipfel unter vielen Höhepunkten wurde die Blechbläserfassung der Fuge in g-Moll, von Bach für Orgel komponiert. Als bei der Suite aus Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“ das Lied „Ein Männlein steht im Walde“ erklang, musste ein kleine Junge in der ersten Reihe grinsen.
Nach der Pause zog mit den Musikern triumphal Händels Königin von Saba ein. Es folgten drei schöne Renaissancetänze von Tielman Susato. Obwohl er den ersten holländischen Musikverlag gründete, weiß man von ihm nicht einmal das Geburtsjahr (um 1515). Händels Grobschmied-Variationen kündigte Gröblehner als „fein ziseliert“ an, der Name komme vom Herausgeber.
Wolfgang Amadeus Mozart war mit dem „Alleluja“ aus „Exsultate, jubilate“ vertreten. „Mozart und Blechbläser – kann das gut gehen?“, fragte Gröblehner. Heute würde Mozart sicher mehr für Blechbläser schreiben. Zu seinen Zeiten gab es aber nur Naturinstrumente, nichts für empfindliche Ohren. So hatten die Bläser in Mozarts Opern so lange Pausen, dass sie zwischendurch das Orchester verließen.
Nach „In der Halle des Bergkönigs“ von Edvard Grieg wollten die Zuhörer noch nicht die Sankt-Georgs-Kirche verlassen. Als Zugabe erklatschten sie sich mit Aram Khatschaturians Säbeltanz ein Stück, das den Bläsern alles abverlangte. Nach „Kein schöner Land“ und knapp zwei genussvollen Stunden war dann endgültig Schluss mit der königlichen Musik – von Könnern gespielt, mit Bescheidenheit präsentiert und mit Feierlichkeit und Witz vorgetragen.
