Kreisfeuerwehrverband pocht auf Mittel aus Feuerschutzsteuer – Über 6 000 Alarmfälle
Kein Sparen auf Kosten der Freiwilligen Feuerwehren

Ohne die Freiwilligen Feuerwehren sähe es düster um das Rettungswesen aus. Die finanzielle Ausstattung der Einsatzabteilungen ist dennoch ein Politikum. Sauer stößt den Wehren im Kreis derzeit auf, dass zwei Drittel der Mehreinnahmen aus der Feuerschutzsteuer nicht ihnen zu Gute kommt, sondern in den allgemeinen Haushalt des Landes fließen.

Neckartenzlingen. Die Anforderungen an die Freiwilligen Feuerwehren sind in den zurückliegenden Jahrzehnten beständig gewachsen – und mit den neuen Aufgaben auch die Anforderungen an das Equipment, Fahrzeuge und Schutzkleidung. Das ist kostspielig: Allein für das laufende Jahr sind auf Kreisebene Zuschussanträge in Höhe von 1,37 Millionen Euro eingegangen, berichtet Kreisbrandmeister Bernhard Dittrich in der Melchiorhalle Neckartenzlingen, wo Vertreter der 44 Feuerwehren im Landkreis zur Hauptversammlung des Kreisfeuerwehrverbandes Esslingen-Nürtingen und der Kommandanten-Dienstversammlung zusammengekommen waren. „Da wird dieses Jahr mancher auf der Strecke bleiben“, befürchtet Dittrich.

Dabei wäre durchaus mehr Geld im Topf, sagt der Kreisverbandsvorsitzende Bernd Müller. Das Land nimmt derzeit mehr aus der Feuerschutzsteuer ein als erwartet. Bei den Wehren kommt davon allerdings wenig an. „Ein Drittel fließt in den Katastrophenschutz, zwei Drittel in den allgemeinen Haushalt“, berichtet Dittrich. Dabei sind die Einnahmen aus den Abgaben, die von den Versicherten entrichtet wird, eigentlich zweckgebunden für die Finanzierung des Feuerwehrwesens, unterstreicht Müller. „Wir werden weiter wachsam sein, dass die Feuerschutzsteuer nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern missbraucht wird“, verspricht er.

Die nächsten Ausgaben stehen den Kommunen und Wehren schon ins Haus: Spätestens 2014 sollen die Wehren neue Uniformen erhalten. Eine Anschaffung, deren Notwendigkeit der Kreisverband nicht sieht: „Da gibt es durchaus andere Themen“, kommentiert Dittrich. Durchsetzen konnte der Kreisverband sich mit seiner Haltung auf Landesebene nicht.

Erfolg hingegen hatte der Kreisverband Esslingen-Nürtingen mit dem Vorschlag zur Einführung eines landeseinheitlichen Dienstausweises für die Feuerwehren. Derzeit laufe auf Kreisebene zudem ein Projekt, um die Führerscheinausbildung für die Wehrmitglieder zu standardisieren, berichtet Müller.

Viel Arbeit steckt in der Überarbeitung der Überlandhilfe, die aus dem Jahre 2006 stammt. Nötig geworden war dies, weil der Rechnungshof die alten Ansätze für Handwerkerstunden und Fahrzeugkosten bemängelt hatte. „Inzwischen haben alle Kommunen des Landkreises den Vertrag unterzeichnet“, so Müller.

Ein Stück mehr Sicherheit im Einsatz sollen die mobilen Rauchverschlüsse bieten, die im Brandfall eine Ausbreitung des Rauches beispielsweise ins Treppenhaus schnell und effektiv verhindern. Insgesamt 60 des vom Göppinger Kreisbrandmeister Michael Reick entwickelten Geräts sollen in diesem Jahr an die Wehren im Kreis ausgeliefert werden. „Unser Ziel ist es, alle Einsatzabteilungen im Kreis damit auszustatten“, berichtet der Kreisvorsitzende. Gesponsert werde die Aktion von der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen.

Eine unendliche Geschichte ist die geplante Einführung des Digitalfunks. Bis Jahresende, so Dittrich, soll die Leitstelle Esslingen endlich angeschlossen sein. Die Anschaffung der Geräte empfehle er aber „frühestens 2015“, so der Kreisbrandmeister, der noch einige Macken und Fehlerquellen im System sieht.

Nachwuchssorgen müssen sich die Wehren im Kreis derzeit zwar nicht machen: 958 Mitglieder stark sind die 44 Jugendfeuerwehren. Dennoch hat man beim Kreisverband die Frage fest im Blick. Im Verhältnis eins zu vier stehen die Mitgliederzahlen der Jugendfeuerwehren derzeit im Vergleich zu den Einsatzkräften, so Dittrich. Um die Quote zu verbessern, setzen inzwischen drei Wehren auf Kinderwehren, um Jungen und Mädchen so früh als möglich für ihre Arbeit zu begeistern.

Bei der Gewinnung neuer Kräfte behält Dittrich aber auch die Frauen als Zielgruppe im Blick. Zwar legten die Wehren bei der Frauenquote im vergangenen Jahr um 5,4 Prozent zu, doch seien die weiblichen Einsatzkräfte immer noch unterrepräsentiert, so der Kreisbrandmeister. Die Erfahrung zeige, dass es dort schwierig sei, junge Frauen für die Arbeit in der Wehr zu gewinnen, wo es keine Mädchen in der Jugendfeuerwehr gebe.

Werbung machen die Wehren für sich und ihre Organisation zudem mit vielen Aktionen und Festen. In diesem Jahr feiern etliche Wehren im Kreis Jubiläen. So auch die Gastgeber des Abends, die Feuerwehr Neckartenzlingen, die 125 Jahre alt wird. Grund zum Feiern gibt es ebenso in Neuffen und Kappishäusern, wo die Wehren ein doppeltes Jubiläum feiern. Aus diesem Anlass richten sie den Kreisfeuerwehrtag im Rahmen eines großen Festwochenendes vom 5. bis 7. Juli aus.

Über 3 100 Mal rückten die Feuerwehren im Kreis 2012 jedoch nicht zum Fest, sondern zum Ernstfall aus. Die sieben Werkfeuerwehren erhielten rund 6 100 Alarme. Dabei überwiegen in der Einsatzstatistik längst die Technischen Hilfeleistungen. Rund 48 Prozent machen sie inzwischen aus. Besorgniserregend hoch sie die Quote der Fehlalarme, die von 971 auf 1 141 kletterte. Über 400 Menschen verdanken den Einsatzkräften ihr Leben; sie wurden aus brennenden Wohnungen gerettet oder aus Unfallwagen geborgen.

Eine Personalie gab es bei der Hauptversammlung auch noch: Kreisbrandmeister Bernhard Dittrich verlässt auf eigenen Wunsch den Kreisvorstand. Für ihn rückt Werner Kuttler als stellvertretender Vorsitzender nach.