Kliniken-Defizite zwingen Landkreis Esslingen zu raschem Handeln
„Kein Standort bleibt unberührt“

Die Kreiskliniken haben 2011 wiederum einen Verlust erwirtschaftet, der mit 5,5 Millionen Euro nur geringfügig niedriger ist als der des Vorjahres. Für das Defizit muss der Landkreis als Bürge geradestehen. Der Kreistag will dies jedoch nicht zum Regelfall werden lassen und hat gestern Konsequenzen gefordert.

Richard Umstadt

Esslingen. Ob der roten Zahlen bei der Feststellung des Jahresabschlusses der gemeinnützigen GmbH der Kreiskliniken Esslingen zeigen sich nicht nur auf Landrat Heinz Einingers Stirn Sorgenfalten. Die Sprecher aller Kreistagsfraktionen waren sich einig, dass die Kliniklandschaft im Landkreis neu ausgerichtet werden muss.

„Natürlich hat es in den vergangenen Jahren auch Managementfehler, Fehleinschätzungen und Mängel im Betriebsablauf gegeben“, sagte der Chef der Freien Wähler, Alfred Bachofer. Die Hauptursachen lagen für ihn aber in den verschlechterten Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen, den enormen Kostensteigerungen und gleichzeitig unauskömmlichen Budgets. „Das lässt kein ausgeglichenes Ergebnis zu“, so Bachofer. Dies sah auch Sonja Spohn, Fraktionsvorsitzende der SPD im Kreistag, so.

Deshalb war es für Grünen-Sprecherin, Walburga Duong, „Aufgabe der nächsten Zeit“, die Kreiskliniken wieder in wirtschaftlich angemessenes Fahrwasser zu bringen. Dem pflichtete CDU-Chef Martin Fritz bei. Eine dauerhafte Subventionierung der Kreiskliniken in der jetzigen Höhe sei „schlichtweg nicht leistbar“. Oder wie Landrat Heinz Eininger sagte, „der Verlust darf nicht zum Regelfall werden“. Um die Krankenhäuser wieder in schwarze Zahlen zu bringen, seien rasche Schritte erforderlich. Auch der Aufsichtsrat sehe die Notwendigkeit, sich wirtschaftlich wieder vom Landkreis unabhängig zu machen.

Um noch 2012 das Ergebnis zu verbessern, sollen alle Kosten und Standorte unter die Lupe genommen werden. Außerdem soll die Hilfe eines Experten „von außen“ für ein halbes Jahr eingekauft werden. „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, so der Landrat. Die Konsolidierung der Kreiskliniken müsse unabhängig davon erfolgen, ob es eine Zusammenarbeit mit dem Klinikum Esslingen gebe.

In den Bereich der Erkenntnis zählte Alfred Bachofers Eingeständnis: „Schon 2003 war eigentlich klar,


dass wir uns nicht länger vier Standorte mit teilweisen Doppelvorhaltungen würden leisten können“. Das damals vorgelegte Gutachten habe dies unmissverständlich gezeigt. „Wir sind dem aus kommunalpolitischen Gründen nicht in vollem Umfang gefolgt“. Im Gegenteil. Die Kliniken wurden gar mit hohen Investitionen ausgebaut.

Den eingeschlagenen gemeinsamen Weg mit der Klinik der Stadt Esslingen erachteten deshalb alle Redner als richtig. Doch werde das jetzt mit Esslingen in Auftrag gegebene Gutachten viel mehr als bisher angenommen auf den Prüfstand stellen, vermutete Alfred Bachofer. „Kein Standort wird unberührt bleiben, zumal wir mit sechs Klinikstandorten im Kreis und einem großen Angebot in unmittelbarer Nachbarschaft geradezu paradiesische Zustände haben“.

Ähnlich warnte CDU-Chef Martin Fritz: „Das Gutachten wird Ergebnisse bringen, die nicht allen passen werden. Es wird zu Veränderungen kommen müssen“. Dazu sei jedoch die Bereitschaft notwendig, die Veränderungen zu akzeptieren, auch von der Bevölkerung.

„Der öffentliche Auftrag der Kliniken im Kreis kann keinen unbegrenzten Preis haben“, meinte der Vorsitzende der Freien Wähler. Der vorhandene Schuldenberg von rund 245 Millionen Euro, davon allein 115 Millionen Euro für die Kliniken, sah Bachofer als „unmissverständliche Warnung“ an.

„Wir werden zu gegebener Zeit zu klären haben, wieviel uns die stationäre Versorgung im Landkreis Wert ist“, meinte Sonja Spohn vielsagend.

Wie bereits vor der Diskussion um die Schließung der Kreisklinik in Polochingen, so war auch gestern wieder die Rede davon, dass es keine Tabus geben dürfe. Dies sagte etwa der Esslinger Fraktionschef der Liberalen, Ulrich Fehrlen, wobei er meinte: „Auch der Verkauf der Kreiskliniken dürfe nicht Tabu sein“.

Während Ulrich Deuschle, Fraktionsvorsitzender der Republikaner, einmal mehr die Fehlbeträge dem Konstrukt der unkontrollierbaren Kliniken-GmbH in die Schule schob, sah Peter Rauscher von den Linken Bund und Land in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Kommunen und Landkreise ihrer Arbeit und ihre Aufgaben erfüllen können. Deuschle meinte mit Blick auf die Zahlen, dies seien keine guten Voraussetzungemn für die laufenden Kooperationsverhandlungen mit der Stadt Esslingen „auf Augenhöhe“.

Für das Jahr 2012 wird im Bericht des Kliniken-Geschäftsführers für die Kreiskliniken Esslingen ein Minus von zwei Millionen Euro prognostiziert.