Kirchheim. Lucia Heffner, Rektorin des Kirchheimer Schlossgymnasiums, blickt den Tatsachen realistisch ins Auge: „Das ist wie ein Tsunami, das kann niemand aufhalten“. Aus diesem Grund versucht sie, Zugeständnisse zu machen, um wenigstens ein bisschen Einfluss auf die Veranstaltung zu haben. „Wir lassen in der Nacht zum Abischerz die Toiletten offen, und der Hausmeister stellt den Schülern eine Steckdose bereit.“ Solange nichts zu Bruch gehe, bleibe das Spektakel ein akzeptables Übel. Für Lucia Heffner ist wichtig, dass sich die Schüler ein gewitztes Programm ausdenken. „Auch mit den Abifilmen wird sich immer sehr viel Mühe gegeben. Nur diese Wasserschlachten finde ich wenig geistreich“. Am Schloss mussten in der Vergangenheit immer wieder Kinder nach Hause geschickt werden, weil sie klatschnass waren: „Da hört für mich der Spaß auf“. Außerdem, mahnt Heffner, könnten die teuren Beamer und Computer beschädigt werden.
Den kreativsten Schulstreich erlebte sie in ihrer Referendariatszeit in Freiburg: Die Schüler hatten damals die gesamte Schule in Makulaturpapier verpackt und eine Schleife drum herum gemacht“. Mit dem diesjährigen Abischerz konnte die Direktorin des Schlossgymnasiums zufrieden sein. Es sei nichts kaputt gegangen und das Programm sei spaßig gewesen. „Bei uns war das damals nicht so eine große Sache. Wir sind um 10 Uhr durch die Klassenzimmer gezogen und das war es dann auch“.
Am Kirchheimer Wirtschaftsgymnasium, der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule, findet gar kein Abischerz statt. An den wenigsten Wirtschaftsgymnasien gibt es so etwas. Von ungefähr 1 000 Schülern machen an der JFS nur etwa 100 das Abitur. Neben dem WG gibt die Wirtschaftsschule, das Berufskolleg I und II sowie die Berufsschule. „Wir wollen keine Schulart bevorzugen,“ rechtfertigt sich Rektorin Marianne Erdrich-Sommer und fügt hinzu: „Würden wir allen erlauben, ihren Abschluss einen ganzen Tag lang in der Schule zu feiern, wäre die Schule zehn Tage im Schuljahr komplett blockiert“. Außerdem finden im Haus laufend mündliche und schriftliche Prüfungen statt. „Es wäre unangebracht, wenn die einen feiern, während die anderen kurz vor ihrer Prüfung stehen“. Erdrich-Sommer selbst war auch auf einem Wirtschaftsgymnasium. Im Gegensatz zu ihren Schülern hatte sie einen Abischerz. Seltsame Fragen an die Lehrer und Kistenstapeln, mehr sei an Erinnerung an das Fest vor etwa 40 Jahren nicht hängen geblieben. „Unsere Schüler feiern etwa ein bis zwei Stunden an der Schule, dann gehen sie an die Bürgerseen, die Spielchen mit den Lehrern werden dann am Abiball nachgeholt.“ So kommen dann auch an der JFS alle Abiturienten auf ihre Kosten.
Am Ludwig-Uhland-Gymnasium hat Alexander Kirmse gerade seinen zweiten Abiturjahrgang als Schulleiter hinter sich gebracht. Seine oberste Devise bei den Feierlichkeiten: keine Verletzten. Und darum gilt: Kein Wasser, kein Alkohol und kein Übernachten auf dem Schulgelände. „Die Gefahr, dass jemand auf dem nassen Steinboden ausrutscht, ist einfach zu groß, und Alkohol ist auf dem Schulgelände sowieso verboten. Ich kenne Kollegen, die verlangen von ihren Schülern eine Kaution – zu solchen Mitteln mussten wir aber nicht greifen“, erzählt Kirmse. Bisher sei alles nach seinen Vorstellungen verlaufen. Beim Programm für den Abischerz steht der Schulleiter gerne beratend zur Seite. Auch hier sollte natürlich niemand verletzt oder diskriminiert werden. „Wir wollen die Sache einfach in einem gewissen Rahmen halten“. Was die Kreativität des Programms angeht, sieht Kirmse allerdings noch Entwicklungspotenzial. An seinen eigenen Abischerz kann er sich leider nicht mehr erinnern.