Traditionsunternehmen setzt auf stratgegischen Partner aus dem Trentino
Kessler will Marktposition ausbauen

Christopher Baur, geschäftsführender Gesellschafter von Kessler Sekt, nennt es eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“. Um einer der führenden deutschen Premium-Sekthersteller zu werden, haben das Esslinger Traditionsunternehmen und die italienische Genossenschaftskellerei Cavit mit Sitz in Trient zu einer strategischen Allianz zusammengefunden. Cavit beteiligt sich mit 50,1 Prozent an der Kessler Sekt GmbH & Co. KG.

Esslingen. Nach der Insolvenz Ende 2004 hat sich Deutschlands älteste Sektkellerei mit neuen Gesellschaftern und einer konsequenten Ausrichtung auf das Premium-Segment positiv entwickelt und arbeitet laut Christopher Baur seit Jahren profitabel. Den eingeschlagenen Weg hätte man auch allein weitergehen können, betonte der Geschäftsführer in einer Pressekonferenz, doch am Ende hätten viele strategische Gespräche auf Initiative von Cavit zur Partnerschaft geführt.

Dadurch verschieben sich die Verhältnisse im Gesellschafterkreis. Die Gesellschaft CBK, hinter der vornehmlich Geschäftsführer Baur steht, hält nur noch 36 Prozent der Anteile (bisher 54 Prozent). Auch drei Privatpersonen aus der Schweiz, deren Engagement nach der Insolvenz den Neustart erst ermöglicht hatte, geben Anteile an den neuen italienischen Partner ab.

Welche Summe sich hinter den 50,1 Prozent verbirgt, mit denen sich Cavit an Kessler beteiligt, wollte Baur nicht verraten. Nur so viel: „Wir haben unser Eigenkapital um ein Vielfaches gesteigert.“ Offen blieb auch, welche Beträge während der kommenden Jahre schrittweise in die Modernisierung des historischen Produktionsstandorts fließen werden. Durch die Allianz mit der Genossenschaftskellerei Cavit, der mehr als 4 500 Winzer angehören, die für 60 Prozent der Weinproduktion im Trentino stehen, werden Investitionen in die technische Ausstattung der Esslinger Kellerei mit ihren derzeit rund 30 Mitarbeitern möglich.

Die Genossenschaft Cavit, die 2012 mehr als 150 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaftet hat –Kessler nennt für dasselbe Jahr einen Umsatz von rund fünf Millionen Euro – bringt zudem aus der Sicht von Baur noch einen ganz entscheidenden Anteil in die Partnerschaft ein: „Hochwertigste Chardonnay- und Burgunderweine als Basis für die Sekterzeugung.“ In den vergangenen Jahren sei es immer schwieriger geworden, erstklassige Weinqualitäten für die Sektherstellung zu wirtschaftlich vernünftigen Preisen zu erwerben, zumal es in Deutschland zu wenig Anbauflächen für Wein gebe, der sich speziell für die Herstellung von Sekt eigne. Darüber hinaus will Kessler aber auch weiterhin Weinsorten wie etwa Riesling aus der hiesigen Region beziehen und verarbeiten. Insgesamt hat die Esslinger Kellerei 2012 fast eine Million Liter Wein eingekauft – vornehmlich Chardonnay. Etwa eine Million Flaschen Kessler Sekt wurden verkauft, zwei bis drei Millionen Flaschen jährlich peilt Christopher Baur für die Zukunft an.

Auch in diesem Fall setzt der Geschäftsführer auf den potenten Partner, hinter dem sich elf Winzergenossenschaften verbergen und der 75 Prozent seines Umsatzes im Ausland erzielt. Die Märkte liegen vor allem in den USA, in Asien, Großbritannien und Nordeuropa. Derzeit setzt Kessler nur Kleinstmengen ins Ausland ab, überwiegend in die Schweiz und nach Belgien. Und dem Umstand, wonach in Mexiko schon die eine oder andere Flasche Jägergrün gesichtet wurde, räumt der Kessler-Chef, der übrigens alleiniger Geschäftsführer bleibt, auch keine allzu große Bedeutung ein.

Das Ziel, auf internationalen Märkten Fuß zu fassen, will Baur aber keineswegs als Absage an die Premium-Strategie seines Hauses verstanden wissen. „Wir fühlen uns im Massenmarkt nicht wohl“, betont er und setzt auch künftig auf permanent steigende Qualität und darauf, sich auf die bekannten Kernmarken zu konzentrieren. Die Tatsache, dass Kessler zwar an Umsatz zugelegt hat, nicht aber an verkaufter Menge, wertet Baur als Beleg für den Erfolg des eingeschlagenen Weges.