Kreis Esslingen. „Für uns ist es ein ordentliches Kirschenjahr“, bilanziert Rainer Däschler. Trotzdem blickt der Owener gerne ins vergangene Jahr zurück, als die süßen Früchte zuhauf und geradezu paradiesisch auf den Bäumen hingen. „Im letzten Jahr war die Ernte aber auch überdurchschnittlich gut“, gibt er zu bedenken.
Beklagen will sich Rainer Däschler nicht – zumal er von Obstbauern aus Owen weiß, die heuer so gut wie leer ausgingen. „Wenn man die Pilzbehandlung im Frühjahr nicht konsequent gemacht hat, war der Ertrag schlecht“, sagt der Experte. Außerdem sei der Wurmbefall in diesem Jahr besonders stark gewesen und wurde für so manchen zum Verhängnis. Rainer Däschler selbst hat vorgesorgt und gegen die Kirschfruchtfliege, also den Wurmbefall, und den Pilz Monilia gespritzt.
Ein Spritzmittel gegen Regenwetter allerdings wurde noch nicht erfunden – und so verlor Rainer Däschler während drei besonders regenreicher Tage Anfang Juli, also in der Haupterntezeit, die eine oder andere Frucht. Allzu viel seiner Kirschen seien aufgrund des Regens allerdings nicht aufgeplatzt und gefault, denn einen Teil seiner Obstbäume schützt der Owener mithilfe eines Foliendachs. „Damit hat man den Stress nicht mehr, dass man schnell viel ernten muss.“
Immer den Wetterbericht im Blick hatte in der Kirschensaison auch Waltraud Holder aus Neidlingen: Als der Regen Anfang Juli vorhergesagt wurde, stand sie von frühmorgens bis spätabends auf ihren Kirschenwiesen, um einen Großteil der Ernte vor dem zerstörenden Nass von oben zu bewahren. „In wenigen Tagen haben wir so viele Kirschen von den Bäumen geholt, wie sonst in einer ganzen Woche“, erzählt die Neidlingerin. Insgesamt ist sie einigermaßen zufrieden mit der Saison – aber freilich hätte sie um einiges besser ausfallen können.
Auch in Neidlingen habe der Wurmbefall heuer für Probleme gesorgt, erklärt Waltraud Holder. Sie selbst konnte der Kirschfruchtfliege erfolgreich mit Spritzen an den Kragen gehen. Allerdings weiß sie auch von „Kollegen“ zu berichten, die sich etwas schwerer getan haben. Das hänge mitunter damit zusammen, dass die zulässigen Spritzmittel im Kampf gegen Wurmbefall nicht mehr stark genug seien.
Das bestätigt Heinz Gienger, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins Hepsisau: „Die Spritzmittel sind zu mild. Früher durften wir sie höher dosieren.“ Auch in Hepsisau sei die Kirschensaison eher durchwachsen gewesen. „Es gab zwar viele Kirschen, aber durch den Regen in der Reifezeit sind etliche gefault“, erklärt Heinz Gienger. Hinzu sei der Wurmbefall gekommen, der in Hepsisau vor allem gegen Ende der Saison aufgetreten sei. „In den vergangenen Jahren konnte man beobachten, dass das Sauwetter kam, sobald die Reifezeit begann“, erzählt der OGV-Vorsitzende. Deshalb hätten einige Hepsisauer Obstbauern auf Kirschsorten umgestellt, die widerstandsfähiger sind.
Heinz Gienger nennt zwar einige Kirschenbäume sein Eigen, doch zum Verkauf bietet er seine Kirschen nicht an – ganz im Gegensatz zu Rainer Däschler und Waltraud Holder. Während die süßen Früchtchen des Oweners in der Saison an einem Stand an der Ortsdurchfahrtsstraße ihre Abnehmer finden, verkauft Waltraud Holder ihre Kirschen an Kunden, die telefonisch bestellen und die Ware bei ihr abholen. Die Neidlingerin hat fast ausschließlich Stammkunden, die zum Beispiel auch aus Ulm oder Günzburg anfahren und dann jeweils zwischen 20 und 100 Kilogramm Kirschen mit nach Hause nehmen. Die Laufkundschaft am Stand der Familie Däschler hingegen kauft die Früchte eher kiloweise, erzählt Rainer Däschler. Früher hätten die Kunden viel größere Mengen nachgefragt, um Marmelade herzustellen oder die Früchte einzukochen. Mittlerweile jedoch würden es die meisten bevorzugen, die Kirschen sofort zu genießen.
Rainer Däschler und Heinz Gienger haben beobachtet, dass in den vergangenen Jahren die Zahl der Verkaufsstände an den Straßen abgenommen hat. Das liege auch daran, dass sich die Nachkommen der Obstbauern die anstrengende Arbeit auf den Streuobstwiesen oder in den Kirschenplantagen nicht antun wollen. Heinz Gienger, Rainer Däschler und Waltraud Holder jedoch gehen der Tätigkeit in der Natur gerne nach. „Ich bin es gewohnt seit meiner Kindheit. Schon meine Eltern hatten Kirschen“, erzählt Waltraud Holder. Und Rainer Däschler fügt hinzu: „Wenn man eine gute Ware hat, dann lohnt sich die Arbeit auch.“