Neidlingen muss seinen Kindergarten erweitern – Gemeinderat machte sich vor Ort ein Bild
Klassenzimmer oder Dachgeschoss?

Bei Dauerregen ging der Neidlinger Gemeinderat mit Bürgermeister Rolf Kammerlander am Freitag auf Besichtigungstour durch den Ort. Auf dem Programm standen Grundschule, Übergangswohnheim und Kindergarten. An allen drei Orten stehen wichtige Entscheidungen an, die nicht nur „nach Aktenlage“ erfolgen sollen.

Peter Dietrich

Neidlingen. Ihr Alter von bald 50 Jahren kann die Grundschule Neidlingen nicht verbergen – und sie will es auch gar nicht. Nach der gründlichen Innensanierung bilden Alt und Neu ein gutes Miteinander. Neue Fenster, entfernte Glasbausteine und isolierte Decken sparen Energie. Der neue Heizkessel kommt mit einem Drittel weniger Leistung aus. Jedes Klassenzimmer bekam Netzwerkanschlüsse und Lautsprecher, die energiesparende Beleuchtung hat einen Bewegungssensor. Was dem – aus Termingründen nur in halber Besetzung erschienenen – Gemeinderat auffiel: Die Schule ist glänzend sauber. Hausmeister Julius Binder, der mit seiner Frau nach dem Rechten sieht, bekam ein dickes Lob.

Weil es Klagen über die Toiletten gab, schauten und „schnupperten“ die Gemeinderäte nach. Die Edelstahlrinne bei den Jungs mag nicht der neueste Stand sein, doch die automatische Spülung tut ihre Arbeit. Bei den Kloschüsseln vergesse so mancher Schüler das Spülen, berichtete Binder. Dann stinke es eben. Die Toiletten sind in Ordnung, waren sich die Räte schließlich einig.

Viel Stoff für Diskussionen gaben andere Projekte: Grob geschätzt wurde es 90 000 Euro kosten, mit einem Gitterrostturm und vor den Fenstern angebrachten Galerien einen zweiten Rettungsweg zu schaffen. Außerdem wäre auf der Rückseite des Gebäudes ein fast ebener Steg nötig. Bei einer Feuerwehrübung dauerte es mehr als 30 Minuten, bis alle Kinder über die Drehleiter gerettet waren. Deshalb sieht Bürgermeister Kammerlander hier Handlungsbedarf.

Unstrittig ist ein solcher auch beim Schulhof, auf dem der Asphalt immer mehr abplatzt. Eine erneuerte Oberfläche würde rund 60 000 Euro kosten. Doch soll der Hof nicht gleich neu gestaltet und mit neuen Spielgeräten versehen werden? Und muss zuvor nicht der Mammutbaum, dessen Wurzeln sich durch den Asphalt drücken, gefällt werden? Der Baum hat Risse, komplette Äste könnten herabstürzen. Deshalb hatten zwei Fachleute zur Fällung geraten. „Machen müssen wir etwas – die Frage ist nur, wie viel“, sagte Kammerlander zu Schulhofsanierung. Entfallen dürfte die Erneuerung des kleinen Parkplatzes; sie erschien den Gemeinderäten weniger dringend.

Seit die Neidlinger Schule keine Hauptschule mehr ist, gibt es viel Platz: sieben Klassenzimmer für derzeit drei Klassen mit 80 Schülern. Deshalb könnten die ältesten Kindergartenkinder vom Evangelischen Kindergarten Wasserschloss in ein Klassenzimmer wechseln. Damit wäre im Kindergarten Platz für eine neue Gruppe für unter Dreijährige. Zugleich könnte damit die Kooperation zwischen Schule und Kindergarten verbessert werden. Der Turnraum im Untergeschoss der Schule, Ersatz für ein ursprünglich geplantes Hallenbad, wäre für die Kinder sehr praktisch.

Doch es gibt eine Alternative: Die U3-Gruppe könnte in die freie Dachgeschosswohnung über dem Kindergarten ziehen. Bei den Älteren bliebe dann alles wie gehabt. Die Gemeinderäte befanden diese im Jahr 1994 ausgebaute Wohnung als durchaus geeignet. Gemeinderätin und Architektin Petra Feller präsentierte eine erste Schätzung für den Umbau: Einschließlich einer neuen Außentreppe geht sie von 100 000 Euro aus. Vermutlich gebe es hohe Zuschüsse.

Ein fließender Übergang vom Kindergarten in die Schule? Oder weiterhin alles unter einem Dach? Beide Modelle haben ihre Vorzüge. Der Personalbedarf wäre derselbe. Die Entscheidung drängt, denn schon im August werden die U3-Plätze benötigt. Bei einer Umfrage hatten 36 befragte Eltern für zehn Kinder Betreuungsbedarf gemeldet.

Besichtigt wurde darüber hinaus das benachbarte Übergangswohnheim, das auf den ersten Blick als schmuckes Häuschen erscheint. Doch dieser Eindruck täuscht: An der Seitenwand platzt der Putz ab, die darunter zum Vorschein kommenden Klinkersteine sind porös. Innen ist das Haus, das in den vergangenen zehn Jahren nur sporadisch genutzt worden war, sehr feucht. Nach einem Wasserschaden hatte es im Haus schon einmal Pilzbefall gegeben. Deshalb wurde der Gedanke, das Haus zur Erweiterung des Kindergartens zu verwenden, bereits verworfen.

Ob hier noch jemand untergebracht werden darf, muss eine Schadstoffmessung zeigen. Das Haus ist nicht isoliert, der Boden nicht befestigt und wellig. Eine grundlegende Sanierung wäre teuer, weshalb sich ein Teil des Gemeinderats die Planierraupe wünscht. Wird das Gebäude aufgegeben, muss die Gemeinde jedoch für Ersatz sorgen. Denn sie ist zur Unterbringung von Asylbewerbern verpflichtet.

Zweieinhalb Stunden Besichtigung und keine Entscheidungen? Ja, das war so geplant. Doch nun hat der – zumindest halbe – Gemeinderat anschauliche Bilder im Kopf. Und diese sagen oft mehr als tausend Worte.