Das Musical-Projekt „Father‘s House“ ist für den Ehrenamtspreis „Starke Helfer“ nominiert
Kleiner Wunsch mit großer Wirkung

Dieser Vater hat viele Kinder, nicht nur einen verlorenen Sohn: Bei „Father‘s House“ sangen, spielten, musizierten und malten Schüler, Pädagogen, Kursleiterinnen und andere Freiwillige mit. Jetzt ist das Musical-Projekt für den Ehrenamtspreis „Starke Helfer“ nominiert.

Aus dem Liederzyklus ¿Father`s House¿ eines christlichen Musikers entwickelten Lenninger Schüler gemeinsam mit Pädagogen, Traine
Aus dem Liederzyklus ¿Father`s House¿ eines christlichen Musikers entwickelten Lenninger Schüler gemeinsam mit Pädagogen, Trainern und Chorleitern ein Musical, das in der Unterlenninger Sulzburghalle uraufgeführt wurde. Fotos: Peter Dietrich
Lenningen. „Irgendjemand wollte unbedingt Theater spielen, und so kam die ganze Sache ins Rollen“, erzählt Susanne Jaißle. Wer dieser jemand war, können die Beteiligten nicht mehr so genau sagen und interessiert nicht, denn bei „Father‘s House“ handelt es sich ohnehin um ein gruppendynamisches Gemeinschaftsprojekt.

Keimzelle des Musicals war die AG „Tankstelle“ an der Realschule in Oberlenningen. Einmal die Woche treffen sich dort rund zehn Schülerinnen, um mit Religionspädagogin Susanne Jaißle über Gott und die Welt zu reden. Irgendwann nahm die Idee, Theater zu spielen, Gestalt an. Allerdings wusste niemand so genau, welches Stück sich eignen würde. „Einen religiösen Inhalt sollte es jedoch haben, sonst hätte ich es nicht in der Schulseelsorge machen können“, so Susanne Jaißle. Dann erinnerte sie sich an die CD „Father‘s House“. Die zehn Lieder stammen aus der Feder von Brian Doerksen, einem kanadischen Lobpreis-Musiker. Jeder Song erzählt eine eigene Geschichte über das Gleichnis vom verlorenen Sohn.

Als der Komponist grünes Licht für die Aufführung gab, fing die Arbeit richtig an. „Mir war schnell klar, dass wir das alleine nicht stemmen können“, sagt Susanne Jaißle. So wurden Mitstreiter gesucht und im Owener Jugendchor des CVJM und der evangelischen Kirchengemeinde Unterlenningen gefunden. Außerdem war auch die Schule involviert. Susanne Jaißles Ehemann Hartmut, einer der Organisten der Unterlenninger Ulrichskirche, wurde mit der Aufgabe betraut, eine Band zusammenzustellen. „Am Ende war es eine wild zusammengewürfelte Truppe“, verrät Hartmut Jaißle. Das Altersspektrum reichte von 17 bis 53 Jahre. Viel Zeit für Proben fanden die Musiker nicht, doch nach einer eher mäßigen Haupt­probe zeigten sie sich zur freudigen Überraschung der übrigen Akteure bei den Aufführungen in Topform.

Musical "Father's House", Sulzburghalle Unterlenningen
Musical "Father's House", Sulzburghalle Unterlenningen
Die englischen Texte übersetzten die Schülerinnen in der „Tankstelle“ ins Deutsche. Als die Zeit knapp wurde, nutzte Linda die Ferien für diese Aufgabe. Gemeinsam erarbeiteten die Mitglieder der Musical-AG die Theaterszenen, die zwischen den Liedern gespielt wurden. Weil die Songs im Original gesungen wurden, entschlossen sich die Schüler, die deutschen Texte mithilfe einer Präsentation an die Wand zu werfen. Die vier Lieder, die tänzerisch nicht begleitet wurden, setzten Schüler und junge Erwachsene in Kunst um. „Die Anfangsszene wurde beispielsweise mit Playmobil-Figuren nachgespielt, damit jeder den Inhalt der Geschichte kennt“, sagt Susanne Jaißle. Auch die Förderschüler waren mit dabei. „Das Lied ,Stay‘ handelt davon, dass sich ein Kind wünscht, dass sein Vater nahe bei ihm bleibt. Ich erzählte den Schülern das Gleichnis und spielte die Musik vor. Sie malten ganz einfach, trotzdem kommt die Liebe zwischen Vater und Kind zum Ausdruck“, erzählt Susanne Jaißle.

Bei der Rollenverteilung gab es keinen Streit, jeder hat seinen Platz in der schwarzen und weißen Gruppe gefunden. Dabei sind die Weißen nicht zwangsläufig die Guten. „Der Liederzyklus geht davon aus, dass die Menschen beide Anteile – gut wie böse – in sich tragen, was ja in dem Gleichnis mit den zwei Söhnen thematisiert wird“, so die Pädagogin. „Das Textlernen ging. Pro Szene musste jeder zwei oder drei Sätze sprechen“, erzählt Lena. Jeden Donnerstag haben die Mädels in der Mittagspause etwa eine Stunde lang geprobt.

Einmal im Monat übte der CVJM-Jugendchor unter der Leitung von Christine Keuerleber. Weil es nur einen Klavierauszug als Noten gab, schrieb sie für das eine oder andere Lied die zweite und dritte Stimme dazu. „Die Stücke sind rhythmisch anspruchsvoll, auch was die Einsätze angeht“, charakterisiert sie die Lieder. Beim Sprechgesang kam beispielsweise so mancher am Anfang etwas durcheinander. Zunächst hielt sich der Enthusiasmus bei den Jugendlichen für die Musik in Grenzen. „Am Anfang waren wir nicht so begeistert, weil sich die Lieder ziemlich eintönig anhören. Aber als wir uns reingehört haben, hat es uns immer mehr Spaß gemacht“, plaudert Jens aus dem Nähkästchen. Am Ende entdeckten die Sänger gar ihre uneingeschränkte Liebe zu den Stücken.

Spaß beim Proben von Anfang an hatten die Tänzerinnen. Beatrice Tröscher und Daniela Raab entwickelten die Choreografie und brachten die Mädels ordentlich auf Trab. Einmal im Monat baten die beiden Trainerinnen zum Tanz. „Die Proben fanden immer samstags statt und dauerten etwa drei Stunden. Manche haben dafür sogar ihre Hobbys sausen lassen“, sagt Christiane. Außerdem musste sich die Gruppe nach dem Handball-Spielplan richten, da einige von ihnen auch begeisterte Sportlerinnen sind. „Wir haben versucht, die Texte sichtbar zu machen. Das ging manchmal in Richtung Pantomime“, beschreibt Daniela Raab den Tanzstil. Über ihre Eleven ist sie voll des Lobes. „Sie haben deutliche Fortschritte in dem guten halben Jahr gemacht und sind als Gruppe schön zusammengewachsen“, freut sie sich.

Für alle Beteiligten war das Musical eine völlig neue Erfahrung. „Das war ein tolles Projekt“, sind sich die rund 100 Beteiligten einig. Von dem Ergebnis des bunt zusammengewürfelten Ensembles gleichermaßen begeistert war auch das Publikum. Premiere war in der Sulzburghalle in Unterlenningen, wo es zwei Aufführungen gab. Und auf Tour ging das Stück auch: Die Teilnehmer des Konfi-Camps des Evangelischen Jugendwerks Bezirk Kirchheim in der Dobelmühle bei Aulendorf bekamen eine Extra-Vorstellung.