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Klima retten und Geldbeutel schonen

Umwelt Dass die Energiewende kommen muss, darüber sind sich die Bundestagskandidaten im Wahlkreis einig. Nur das „Wie“ lässt große Unterschiede erkennen. So scheiden sich an der Atomkraft die Geister. Von Thomas Zapp

Digitalisierung, E-Mobilität, Wasserstoff: Allein der Strombedarf in Deutschland wird rasant steigen, bis 2030 geschätzt um 15 Prozent. Gleichzeitig soll Deutschland die Energiewende schaffen, um bis 2045 die Klimaneutralität zu erreichen. Das wird vor allem viel Geld kosten, nicht zuletzt die Verbraucher.

„Strom muss privat und in der Wirtschaft bezahlbar bleiben“, sagt CDU-Kandidat Michael Hennrich. Er setzt darauf, dass am Ende die Energiewende nicht nur „technologisch gelingt“. Wichtig sei, dass sie „für jeden von uns bezahlbar bleibt. Hier setzen wir auch auf den Markt, indem wir den Emissionshandel so ausbauen, dass sich die besten und kostengünstigsten grünen Lösungen durchsetzen.“

Den Märkten traut Hüseyin Sahin von „Die Linke“ nicht. „Energieversorgung muss dem Gemeinwohl dienen und der Profitgewinnung entzogen werden. Dafür wollen wir Strom- und Wärmenetze zunächst in die öffentliche Hand überführen und demokratisch kontrollieren. Die Abhängigkeit von den Energie-Riesen und ihren Gewinnerwartungen verhindert eine bedarfsgerechte Stromerzeugung“, sagt er. Er will preisgünstige Sockeltarife, eine Öko-Abwrackprämie für Haushaltsgeräte und in der „Bevölkerung verankerte“ Konzepte, wie Energiegenossenschaften und Bioenergiedörfer.

Mit Einnahmen aus dem nationalen Emissionshandel, einer Erhöhung der Stromsteuer und dem Abbau von klimaschädlichen Subventionen, auch der EEG-Umlage, will die SPD die Kosten ausgleichen. Auch nachhaltige Stromanleihen sieht Nils Schmid als wichtigen Baustein. Mit Eigenversorgung mit erneuerbarem Strom, systemischen Lösungen und Nutzung von Strom aus Altanlagen, die aus der EEG-Förderung fallen, will die FDP die Energiewende bezahlbar machen. „Eine Halbierung der Strompreise, Abschaffung der CO2-Steuer“ verspricht Kerstin Hanske von der AfD: Durch Einsatz von Kernkraft.

Um einen möglichst schnellen Kohleausstieg geht es Matthias Gastel von den Grünen: „Wir müssen bereits vor dem Jahr 2038 den Kohlestrom ersetzen und zudem ausreichend Ökostrom für die vollständige Elektrifizierung von Bahn und Auto sowie grünen Wasserstoff für saubere Industrieprozesse bereitstellen. Neben einer verbesserten Energieeffizienz gilt es, Ausbauhemmnisse wie überzogene Abstandsregeln für Windräder zu beseitigen. Solaranlagen auf Dächern und an geeigneten Stellen entlang von Straßen und Bahnstrecken sollen Standard werden.“

An der Rolle der Atomkraft spalten sich die Geister. Die Grünen sind traditionell für einen kompletten Ausstieg. „Die Atomenergie spielt global mit gut vier Prozent Anteil am Primärenergieverbrauch nur eine geringe Rolle. Außerdem ist der Kraftwerkspark stark überaltert. In diesem Jahrzehnt stehen 200 Abschaltungen 46 Neubauprojekte gegenüber“, sagt Matthias Gastel. Ebenfalls deutlich dagegen positioniert sich Nils Schmid von der SPD: „Es ist ja noch nicht einmal eine Endlagerstätte für den bestehenden Atommüll gefunden, da scheint es wenig zielführend, immer weiteren zu produzieren. Der Ausstieg ist final - das schafft auch Verlässlichkeit für Wirtschaft und Gesellschaft“, sagt er.

Kerstin Hanske plädiert für eine „technologieoffene Energieerzeugung“. Wir brauchen einen Energiemix aus Wasserstoff, Gas, Braunkohle und fortschrittlichen Kernreaktoren der vierten Generation, die mit dem Atommüll der Vergangenheit betrieben werden und einen noch wesentlich höheren Sicherheitsstandard als die gegenwärtigen deutschen Kernkraftwerke aufweisen, die wiederum heute schon zu den sichersten der Welt zählen. Windkraft im Norden und Stromtrassen in den Süden hält sie nicht für sinnvoll. „Sie zerstören Kilometer unseres natürlichen Lebensraums.“ Stattdessen müsse man „unterschiedliche Klimabedingungen bei der Stromerzeugung“ berücksichtigen.

Michael Hennrich meint, man müsse zumindest die Debatte führen, ob es nicht sinnvoller wäre, zuerst aus der Kohleverstromung auszusteigen und dann aus der Atomkraft. „Auch wenn Atomkraft keine Zukunftstechnologie sei, würde sie für einen gewissen Zeitraum helfen, die ambitionierten CO2-Einsparziele schneller zu erreichen.“

Dem widerspricht Renata Alt von der FDP. „Eine Mehrheit der Bevölkerung wollte sich nicht mehr dem drohenden Risiko von atomaren Katastrophen im eigenen Land aussetzen. Zum Ende des Jahres 2022 wird das letzte Atomkraftwerk vom Netz genommen. Ein schneller Wiedereinstieg in die Atomenergie ist kaum denkbar: Es wird keine Versicherungen oder Investoren geben, die die jetzt am Netz befindlichen Anlagen wirtschaftlich weiter betreiben könnten oder wollten“, sagt sie. Stattdessen forcierten die Freien Demokraten Gas als Übergangstechnologie: Man strebe den Aufbau von Wasserstoffleitungen an, einfache Regelungen zur Umwidmung bestehender Erdgasleitungen zu Wasserstoffleitungen sowie eine langfristig integrierte Netzplanung aus Strom-, Gas- und Wasserstoffnetzen.