Ohmden. Sternförmig richtet Michael Grünbacher eine Nocke Püree, karamellisierten Blumenkohl und wenige Röschen des Wintergemüses auf einem Teller an. Eine Zitronenspalte, sattgrüner Rosmarin und Knoblauch verleihen derweil zwei
Langustinos in einem Bratpfännchen den letzten Pfiff. Noch etwas von dem marokkanischen Gewürz Raz el Hanout, frische Kräuter, getrocknete Oliven, mit Öl marinierte Blumenkohlblättchen und fein gehobelte Scheiben des Strunks darüber gegeben – fertig ist das appetitlich arrangierte Zwischengericht.
„Ja, das Auge isst mit, aber die Qualität muss stimmen“, betont Michael Grünbacher. Seit Kurzem ist der 35-jährige Küchenchef im Ohmdener „Landgasthof am Königsweg“. Sein Vorgänger Maximilian Schranner wagt den Sprung in die Selbstständigkeit. Mit ruhiger Hand zaubert Michael Grünbacher leckere Kreationen für die Gäste des Ein-Sterne-Restaurants. „Hektisch zu werden bringt nichts. Da macht man nur Fehler“, meint der sympathische Badener abgeklärt und verrät: „Ich nehme etwas in die Hand und überlege mir, was ich daraus machen kann. Kochen ist für mich wie eine Sucht.“
Seine Feuertaufe hat Michael Grünbacher bereits bestanden: In der alten Lautermühle in Schlattstall musste eine Feier für eine geschlossene Gesellschaft mit 60 Leuten ausgerichtet werden. „Da ist er gleich ins kalte Wasser gesprungen“, sagt der Chef des Landgasthofs, Fritz Richter. Dass Michael Grünbacher auch die Herausforderung meistern wird, den Michelin-Stern zu halten, der schon 17 Jahre über dem Ohmdener Feinschmecker-Lokal funkelt, daran hat der Geschäftsführer keinen Zweifel. Denn sein neuer Küchenchef, der unter anderem Küchenmeister und Verpflegungsbetriebswirt ist, kann eine Menge Erfahrung in die Waagschale werfen: Nach der Ausbildung zum Koch im Parkhotel Gaggenau folgten unter anderem Anstellungen in Brenners Parkhotel in Baden-Baden, im Gourmet-Restaurant „Imperial“ im Schlosshotel Bühlerhöhe, im Hotel Schweizer Hof in Bern und nicht zuletzt im Badrutt‘s Palace Hotel Sankt Moritz. „Eine Reportage darüber hat mich derart fasziniert, da musste ich unbedingt hin“, so Michael Grünbacher im Rückblick. „Eindruck hinterlassen hat jede Station. Meist merkt man erst im Nachhinein, was man jeweils gelernt hat.“ Als einschneidend bezeichnet er die Zeit im Palace Hotel in Gstaad. Von 2001 bis 2004 arbeitete er in dem mit 16 Gault-Millau-Punkten ausgezeichneten Haus als Chef Saucier, Chef Tournant beziehungsweise Sous-Chef. „Dort habe ich viel über die klassische französische Küche mit mediterranem Touch gelernt.“ Entsprechend möchte er nun auch in Ohmden eine „leichte Küche mit modernen Akzenten“ präsentieren.
Ob Zanderfilet auf einem Perlgraupenrisotto mit grünem Spargel und sautierten Austernpilzen, Seeteufelbäckchen an lauwarmer Olivenvinaigrette, geschmorte Kaninchenkeule auf Selleriegemüse und Dattel-Kartoffelpüree oder mit Kaffeecreme gefüllte Windbeutel und Krokant – Liebhaber der feinen Küche werden in dem seit gut 22 Jahren von Fritz Richter betriebenen Lokal dienstags bis samstags jeweils mittags und abends verwöhnt.
Um nicht auf der Stelle zu treten, hat Michael Grünbacher auf verschiedenen Posten auch in Zwei- und Drei-Sterne-Restaurants während seiner Wanderjahre internationale Luft geschnuppert. „Jeder schaut bei der Auswahl der Produkte heute vor der eigenen Haustür“, so beschreibt der Küchenchef den allgemeinen Trend. Enorm habe er da von seinen Aufenthalten in der Schweiz profitiert. Dort kamen selbstverständlich regionaler Käse, Schokolade, Simmentaler Rind aus dem Berner Oberland und Steinpilze vom örtlichen Bauern auf den Tisch. Aus dem portugiesischen Almancil, wo Michael Grünbacher zuletzt als Küchenchef wirkte, wiederum bringt er eine Menge Kenntnisse über die Zubereitung von Fisch mit. Und nicht nur das: „Da habe ich auch gelernt zu improvisieren“, sagt er lachend. Denn nicht immer seien die bestellten Zutaten pünktlich geliefert worden. „Dann mussten wir die Menükarte eben an das anpassen was da war.“
In der Trinkbachgemeinde freilich will sich der neue Chef in der Küche selbst um marktfrische Ware kümmern und die Fühler auch in Richtung regionaler Produkte ausstrecken. Dabei wird ihm der aus dem Nachbarort stammende Koch tatkräftig zur Seite stehen. Ohnehin heben Michael Grünbacher und Fritz Richter die Teamleistung hervor, die notwendig ist, um einen Stern zu bekommen beziehungsweise zu halten: „Der Küchenchef ist die Gallionsfigur“, meint Richter, der nach wie vor für die Auswahl der Weine verantwortlich ist. „Genauso wichtig ist aber der Restaurantleiter. Das muss alles Hand in Hand gehen.“ Um in der „roten Bibel“ aufgeführt zu werden – wie der Michelin-Führer unter Köchen genannt wird – sei Kontinuität übers ganze Jahr gefragt, unterstreicht Richter. Das beziehe sich auf den Empfang ebenso wie auf die Qualität, den Ablauf und den Service.
Er mache sich immer bewusst, dass er einen immensen Vertrauensvorschuss genieße, so Michael Grünbacher. „Das Feedback der Gäste ist mir das Wichtigste. – Das Schönste ist, wenn sie wiederkommen.“