Kirchheim. Kurzhaarschnitt, alle sechs Wochen zum Schneiden, das war‘s. Doch von wegen! Schon immer gibt es Männer, die in Sachen
Irene Strifler
Haarpracht aus der Reihe tanzen – und das beileibe nicht nur in der Großstadt. Theatermacher Christian Laubert und Musiker Jürgen Rothfuß, beide in Kirchheim bestens bekannt, verkörpern die Extreme.
Theatermann Laubert bekennt sich überzeugt zum Kojak-Look: „Meine ehedem lockige blonde Haarpracht fiel schon im Jahr 1988 einer Theaterinszenierung zum Opfer. Für ‚Macbeth‘, eine aufsehenerregende Tanztheaterproduktion des Freien Theaters München, mussten sich alle Mitspieler die Köpfe kahl scheren. Als dann ‚Macbeth‘ abgespielt war, hatten wir uns an die Kahlköpfe schon gewöhnt – obwohl man damals schon noch eher mal ein Stirnrunzeln erntete, wenn man so unterwegs war. Doch meine Freunde und ich fanden, man dürfe diese elegante Frisur nicht einfach so irgendwelchen Schwachköpfen mit extremistischer Gesinnung überlassen. Irgendwann hatte ich meine Extremkurzhaarfrisur aber auch lieb gewonnen, zumal sie äußerst pflegeleicht ist. Egal bei welchen Wetter – die Frisur sitzt! Allerdings muss ich immer gut behütet aus dem Haus gehen, denn sonst wird mir entweder kalt oder ich hole mir einen Sonnenbrand. Ein rotes Mützchen oder ein Strohhut gehören also immer zu meiner Ausstattung. Lieber gar koine Hoor als a Glatze – diese Pferdle-und-Äffle-Einstellung hab‘ ich mit zunehmendem Alter wirklich verinnerlicht. Neulich hab‘ ich doch tatsächlich geträumt, ich hätte eine Lockenpracht wie früher - und war erleichtert, beim Aufwachen festzustellen, dass auf meinem Kopf doch noch die bewährte ‚Ordnung durch Abwesenheit‘ herrscht.“
Ganz anders sieht dies der Musiker Jürgen Rothfuß aus Heiningen, der alljährlich mit seiner Band „Blue Stars“ den Teckboten-Presseball bereichert. Schon seit einem guten Vierteljahrhundert – so ganz genau weiß er es selbst nicht mehr – trägt der Musikus den markanten Lockenkopf und hat auch nicht vor, sich jemals von den in Ehren ergrauten Käthe-Locken zu trennen. „Die Ingrid hat damals mal gemeint: Lass die Haare doch einfach wachsen“, kann er sich an den Tipp seiner besseren Hälfte erinnern, der fortan wegweisend für sein Leben werden sollte. „Ich habe mich nie an Trends orientiert“, weist er jeden Verdacht weit von sich, womöglich seinerzeit Rudi Völler gezielt kopiert zu haben. Der allerdings hatte damals durchaus die gleiche Frisur, räumt er ein. Doch während „Tante Käthes“ Mähne längst der Schere zum Opfer gefallen ist, hat Jürgen Rothfuß‘ Wuschelkopf die Jahrzehnte nahezu unbeschadet überdauert. „Dieser Frisur bleibe ich treu“, verspricht Rothfuß, wenn auch nicht ohne Einschränkung: „Außer sie fallen aus!“ Auch der Musikvirtuose hat nämlich mit den Problemen der meisten Herren der Schöpfung zu kämpfen: „Ich hab schon immer Geheimratsecken“, verrät er. Die werden trefflich von sich kringelnden Locken kaschiert. Was man(n) gewohnt ist, ist ihm ganz offensichtlich lieb und teuer.
Witzigerweise verwendet der Lockenschopf dasselbe Argument wie der überzeugte Glatzenträger: „Meine Frisur ist extrem pflegeleicht“, schwört Jürgen Rothfuß. Dennoch hat sie sich keineswegs durchgesetzt, und so fällt der Lockenkopf zumal hier auf dem Land durchaus auf. „Der Wiedererkennungswert ist groß“, räumt der Musiker ein, dass seine Frisur auch ein Markenzeichen ist, und betont selbstbewusst: „Zu einem Künstler gehört eine auffallende Haarpracht.“