Wilhelm Weißburger ist nach fast 70 Jahren wieder in seinem Heimatort angekommen. Gedanklich heimgeholt von Menschen, denen das Schicksal des ermordeten Juden keine Ruhe ließ und die ein Zeichen setzen wollten, für alle sichtbar.
Wilhelm Weißburger war einer von uns. Dies hat Pfarrer Ulrich Müller in seiner eindrucksvollen Rede bestätigt. Dies ging aber auch aus vielen Gesprächen mit alten Bissingern – Zeitzeugen – hervor. Wilhelm Weißburger war geachtet und unbescholten. Den Judenstern wollte er nicht tragen, hat ihn in der Jackentasche versteckt.
Die Erinnerung an ihn ist noch wach. Das ist gut so.
Und es ist gut, dass die Gemeinde und ihr junger Bürgermeister ebenso wachhalten wollen und hinter dem Mahnmal stehen wie die evangelische Kirchengemeinde, deren Mitglied Wilhelm Weißburger war.
Es ist aber auch wichtig, dass in einer Zeit, die bestimmt ist von Negativschlagzeilen rechtsradikaler Mörder, Positivschlagzeilen geschrieben werden. Über Menschen, die sich erinnern und wachsam bleiben wollen, damit Frieden einkehrt. Die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Einzelschicksale von in Konzentrationslagern der Nationalsozialisten ermordeten Mitbürgern nicht unter den Teppich zu kehren, sondern das oftmals mit einem Tabu belegte Thema anzupacken und dem Vergessen zu entreißen. Die Toten wieder in Gedanken in den Kreis der Dorfgemeinschaft einzugliedern.
Für Wilhelm Weißburger setzte niemand einen Grabstein, vor dem sich trauernde Verwandte, Freunde und Bekannte versammeln könnten. Das ist jetzt anders. Die Stele ist sein Grabmal, das an ihn und sein Schicksal erinnert. Das aber auch stellvertretend für sechs Millionen Juden steht.
Wie die Kirchheimer mit den „Stolpersteinen“, so hat Bissingen mit der Stele ein wichtiges Zeichen gesetzt. Gegen das Vergessen. Für Frieden und Versöhnung.
RICHARD UMSTADT