Lenningen. „Die Tageselternpflege liegt bei uns brach“, sprach Bürgermeister Michael Schlecht nicht lange um den heißen Brei herum. Zur Zeit sind drei Kinder aus Hochwang bei auswärtigen Tageseltern. „Wir haben im Moment zwei Tageseltern. Die betreuen jedoch ausschließlich auswärtige Kinder“, erklärte Hauptamtsleiter Günther Kern. Der große Vorteil dieser Art der Kleinkinderbetreuung ist die Flexibilität. Eltern und Tageseltern können individuell die Betreuungszeiten vereinbaren, die bei Bedarf auch über die Öffnungszeiten der Kindergärten hinausgehen. „Diesbezügliche Anfragen werden immer mehr. Zudem haben wir einen erheblichen Nachholbedarf bei der Kleinkindbetreuung“, führte Günther Kern weiter aus. Vom „Versorgungsziel“ sei Lenningen weit entfernt.
Bislang waren die Rahmenbedingungen für Tageseltern äußerst unattraktiv. Die haben sich dank Zuschüssen von Landkreis und Land seit diesem Jahr verbessert, wobei auch weiterhin keine Reichtümer zu verdienen sind. Pro Betreuungsstunde gibt es statt 3,90 Euro jetzt 5,50 Euro.
Lenningen wird die Kindertagespflege ab kommendem Jahr unterstützen. So wird die Kommune die Hälfte der Sozialversicherung übernehmen, ebenso die Kosten für die Führungszeugnisse der über 18-jährigen Haushaltsmitglieder. Finanziell unterstützt Lenningen die Tageseltern sowohl im Krankheitsfall mit einer Dauer von bis zu 30 Tagen als auch bei 25 Urlaubstagen. Mit einem Euro je Unterrichtseinheit beteiligt sich die Gemeinde an Qualifikations- und Ausbildungskosten und bietet eine kostenlose Teilnahme für einen Erste-Hilfe-Kurs an. Ein weiterer Punkt ist die verstärkte Kooperation zwischen Gemeinde und Tageselternverein. Dabei geht es auch um die individuelle Ermittlung des geeigneten Betreuungsangebots, das sich an den Belangen des Kindes orientiert – und nicht zuletzt soll es Werbemaßnahmen geben, um Tageseltern zu gewinnen. „Die jährlichen Kosten sind schwer zu beziffern, denn wir wissen überhaupt nicht, was uns erwartet“, so der Hauptamtsleiter. Ferner variieren sie je nach Anzahl der Tageseltern und der Kinder sowie der Betreuungsstunden. Eine weitere Unbekannte: Gibt es überhaupt Tagesmütter und -väter? Als Fallkonstruktion nahm Günther Kern an: Eine Tagesmutter betreut drei Kinder mit 54 Wochenstunden. Daraus würden sich grob geschätzt Kosten von rund 5500 Euro jährlich für die Gemeinde Lenningen ergeben.
„Qualität hat ihren Preis und mit dem Modell des Landkreises ist es für die Tageseltern ein kleines Stück gerechter geworden“, urteilte Michael Schlecht. Er warb dafür, dieses Modell eins zu eins zu übernehmen – also das Komplettpaket. „Ich halte es für eine ideale Ergänzung. Es spart Kosten, hat eine hohe Flexibilität und ist wohnortnah“, sprach sich Armin Diez für den Vorschlag der Verwaltung aus, den auch Dieter Epple „unbedingt unterstützt“. Falk Kazmaier interessierte die Wahlfreiheit der Eltern. „Die ist gegeben“, stellte Günther Kern klar. Genau diese Wahlmöglichkeit und die damit verbundene erweiterte Angebotspalette ist Georg Zwingmann wichtig, ebenso die verbesserten Rahmenbedingungen für Tageseltern, die nun trotz Selbstständigkeit Sicherheit im Krankheitsfall und im Urlaub haben.
Karl Boßler dagegen fehlte ein Beispiel, wie sich die nichtmonetäre Förderung – dazu zählt unter anderem die kostenlose Teilnahme an Fortbildungen oder die Kooperation mit der Gemeinde bei der Platzvergabe – finanziell für Lenningen auswirken könnte. Er hat Angst, die Kosten könnten davongaloppieren, weshalb Michael Schlecht ein Limit von 30 000 Euro vorschlug. Sobald diese Grenze überschritten wird, kommt das Thema Tageseltern auf die Tagesordnung des Gemeinderats. „Sollte das der Fall sein, haben wir kein Problem, sondern eine Erfolgsgeschichte, denn dann hätten wir 100 000 Euro gespart“, rechnete der Schultes vor.
Bei der Abstimmung gab es eine Gegenstimme – die von Bürgermeister Michael Schlecht. Die Begründung dafür kam sofort: „Ich halte die Begrenzung von 30 000 Euro für das falsche Signal, nur deshalb gab es meinerseits ein Nein.“ Somit war klargestellt, dass er deutlich hinter der Förderung der Tageseltern steht.