Die längste, größte und bestbesuchte „Kirchheimer Musiknacht“ übertraf alle Erwartungen
Konzertgedränge und Partylaune

Die Kirchheimer Musiknacht zog die Menschen wieder in Scharen in die Teckstadt. Rund 11 000 Gäste, so die Schätzung der Veranstalter, hörten den Künstlern zu.

Musiknacht 2011
Markus Brändli
Kirchheim. Für einen Musiknacht-Auftakt nach Maß sorgte am Samstag um 12 Uhr die Gruppe „Agua Loca“ („Verrücktes Wasser“). Die Formation aus Stuttgart vermittelte den vielen Besuchern der Stadt mit heißen Latino-Rhythmen, was sie versäumen, wenn sie nicht bleiben oder nicht wieder zurückkommen. Trotz strahlendem Sonnenschein, der einmal mehr für ideale Bedingungen bei den bereits um die Mittagszeit anberaumten insgesamt drei kostenlosen Auftaktkonzerten sorgte, zogen – für viele überraschend – dann doch kurz „düstere Wolken“ auf.

Andreas Kenner stellte bei seiner Eröffnungsrede die Zukunft dieses aus dem Veranstaltungskalender der Stadt eigentlich nicht mehr wegzudenkenden Großereignisses kurz aber doch auch grundsätzlich in Frage. Schon im Vorfeld der Veranstaltung hatte er das von ihm persönlich ins Auge gefasste Ziel mit „15 Musiknächten“ angegeben und darauf hingewiesen, dass es „kein Gesetz gibt, das bestimmt“, dass er, Michael Holz und Torsten Wenzler gemeinsam Jahr für Jahr ein solches Großereignis schultern müssen. Die damit am Rande öffentlich aufgeworfene Diskussion sollte dringend geführt werden – bevor es zu spät ist.

Bislang war die aus Werner Dannemanns „Fete de la Musique“ hervorgegangene Kirchheimer Musiknacht eine mit gebetsmühlenhafter Routine fortgeschriebene Erfolgsgeschichte, die schon mit einem einzigen total verregneten Termin ins Gegenteil verkehrt werden könnte. Die Haftung für diese Veranstaltung trägt ein von Michael Holz und Andreas Kerner gegründeter Verein. Bei inzwischen 76 fest verpflichteten Bands bedeutet das Jahr für Jahr neben einem immer größeren logistischen Aufwand auch ein enormes finanzielles Risiko.

Musiknacht 2011
Markus Brändli
Nicht nur Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker zeigte sich daher hocherfreut darüber, dass dieses Großereignis schon um die Mittagszeit mit der Sonne um die Wette strahlte und daher mit einer lauschigen Nacht mit vielen guten Begegnungen und noch mehr Musik „in den ehrwürdigen Gassen der Stadt“ zu rechnen sei. Im Blick auf die große Außenwirkung für Kirchheim machte Angelika Matt-Heidecker deutlich, dass diese Veranstaltung nicht Verwaltung und Ratsgremium zu verdanken ist. Mit Andreas Kenner, Michael Holz und Torsten Wenzler wären hier drei Macher aktiv, die musikverrückt genug seien, dieses Spektakel immer wieder neu zu wagen, um nicht nur die Bewohner der ganzen Stadt sondern auch das Umland in das Musiknachtfieber einzubinden. Dass unter dem Motto „Nürtingen zu Gast auf der Kirchheimer Musiknacht“ gleich drei Bands aus der Nachbarstadt mit dem Marktplatz die Kirchheimer gute Stube in Beschlag nehmen, erfüllte sie mit berechtigtem Stolz, da sich diese Veranstaltung nicht vor Akteuren aus der Nachbarstadt verstecken brauche.

Musiknacht 2011
Markus Brändli
Wie viel Lokalpatriotismus bei diesem Publikumsmagneten mitschwingt, machte der ideal zu dem Sonnentag passende Auftritt der aus Stuttgart stammenden Gruppe „Agua Loca“ deutlich. Der Applaus nach dem ersten Stück der Gruppe um den als „Deutschlands Carlos Santana“ gehandelten Bandleader und Gitarristen Peter Schick verstärkte sich hörbar bei dem Hinweis, dass der Schlagzeuger der Band aus Kirchheim kommt.

Wie schon im Vorjahr hielt sich mit der Gruppe „The Rumblers“ die wahrscheinlich „dienstälteste Oldie-Beatband Esslingens“ im Garten des Wachthauses bereit, um in freundschaftlicher Konkurrenz den ebenfalls stark frequentierten Aufenthaltsbereich an der „MAF“ zu beschallen.

Wer sich zum richtigen Zeitpunkt Richtung „Wunderbar“ bewegte, wo das dritte kostenlose „Konzert zur Mittagsstunde“ stattfand, konnte feststellen, dass sich das am Wachthaus gerade angespielte „Black Magic Woman“ elegant ausblendete und nahtlos in ein den Abschluss des Rathauskonzerts bildendes „Oye como va“ überging. Eine Ecke weiter war dann aber schlagartig Schluss mit „Santana“, denn die Gruppe „Hit The Jerk“ setze in der Ecke „Stiftsscheuer/Wunderbar“ schon am frühen Nachmittag auf harte Rockmusik.

Musiknacht 2011
Markus Brändli
Ab 18 Uhr wurde dann eine abwechslungsreiche musikalische Melange gereicht, bei der Rock-, Pop-, Blues-, Schlager- und Weltmusik genauso Platz – und sein jeweiliges Pub­likum – fanden wie Samba und Latin, Neue Deutsche Welle, harter Beat und die satte vier Jahrzehnte in Erinnerung rufenden Oldies.

Eröffnet wurde der Abend auf der Hauptbühne vor dem Rathaus von dem ungemein wandelbaren „local hero“ Werner Dannemann, der dieses Mal mit seiner Werkschau „Slowhand Eric Clapton“ beeindruckte und damit schon zu Beginn der langen Musiknacht für großen Zulauf auf die Innenstadt und die anderen zeitgleich oder im anschließenden Halbstundentakt angebotenen Konzerte an allen Ecken und Enden der Stadt sorgen konnte.

Musiknacht 2011
Markus Brändli
Etwas aus dem Blickfeld geriet angesichts des Trubels in der Innenstadt ein wichtiger Programmhöhepunkt, den – ab 22 Uhr im „Fuchsen“ präsentiert – nur eine relativ kleine, aber umso verschworenere Publikumsrunde genießen konnte. Von dem aus Ghana stammenden Pianisten Dominic Quage begleitet und kongenial ergänzt, konnte der Sänger und Trompeter Terrence Ngassa aus Kamerun belegen, dass ihre gemeinsame Liebe zum klassischen Jazz eines Louis Armstrong, Fats Waller oder Duke Ellington zweifellos keine Erfindung des Programmhefts war.

Nicht überraschend war dagegen, dass zu vorgerückter Stunde die Ecke Stiftscheuer/Wunderbar an die Grenzen der Aufnahmefähigkeit kommen wird. Der im Remstal lebende Sizi­lianer Calo Rapallo steht mit an der Spitze der deutschen Bluesgitarris­tenszene und ist daher ein immer wieder gern gesehener und vor allem gern gehörter Gast in Kirchheim.

Erfolgreiche Premieren feierten das Stadtkino als neues Veranstaltungsforum und die „Partyzone“ Stadthalle als ideales Sammelbecken für alle, die um Mitternacht noch nicht nach Hause wollten. Eine Stunde vor Mitternacht, als sich überall die Konzerte unter freiem Himmel ihrem Höhepunkt und letzten Zugaben näherten, hatten sich schon überraschend viele der von Andreas Kenner geschätzten „über 11 000 Musiknachtbesucher“ Plätze in der abgedunkelten Halle gesichert, um die bis 2 Uhr früh angekündigte Party mit der Gruppe „Knutschfleck“ von Anfang an mitzuerleben.

Ein Video zur Musiknacht finden Sie hier.