Im neuen Jahr zieht die Innere Abteilung von Plochingen nach Kirchheim um
Krankenhaus bekommt Zuwachs

Aufatmen im Kirchheimer Krankenhaus: Mit der Entscheidung, die Innere Abteilung von Plochingen nach Kirchheim zu verlegen, hat der Kreistag den Standort gestärkt. Bevor die Plochinger Kollegen einziehen, gibt es im Krankenhaus noch einiges zu tun.

Kreiskliniken Kirchheim - KrankenhausOperationssaalÄrzte ArztOPPatient
Kreiskliniken Kirchheim - KrankenhausOperationssaalÄrzte ArztOPPatient
Kirchheim. Ärzte, Pfleger und Patienten der Klinik Kirchheim haben die Folgen der Strukturdebatte über die Zukunft der Kreiskliniken am eigenen Leib erfahren. Weil unklar war, wie es an den vier Standorten in Kirchheim, Nürtingen, Ostfildern-Ruit und Plochingen weitergeht, wurden Baumaßnahmen gestoppt. Die Folge: zu wenige Betten. An manchen Tagen platze die Klinik aus allen Nähten. „Wir konnten zeitweise nicht alle aufnehmen“, sagt Thorsten Lukaschewski, Ärztlicher Direktor der Klinik Kirchheim. Patienten mussten, wenn möglich, in andere Kliniken verlegt werden.

Dieser Zustand ist nun fürs Erste vorbei. Der Kreistag hat entschieden, die Innere Medizin mit Rheumazent­rum von Plochingen nach Kirchheim zu verlegen. Im Juni beginnt der Umzug. „Damit stehen die Kliniken wieder auf sicheren Beinen“, sagt Thorsten Lukaschweski, der sich darüber freut, in Kirchheim wieder die ganze Bandbreite medizinischer Leistungen anbieten zu können.

Baustelle , Baustop Krankenhaus Kirchheim
Baustelle , Baustop Krankenhaus Kirchheim
Die Klinik Kirchheim hat ab Juli 2013 zwei Innere Kliniken: Eine mit Schwerpunkt Kardiologie und eine, die auf Rheumatologie spezialisiert ist. Im nahen Nürtinger Krankenhaus auf dem Säer kümmert sich die Innere speziell um gastroenterologische Erkrankungen, also alles, was mit dem Magen-Darm-Trakt sowie den damit verbundenen Organen Leber, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse zusammenhängt. „Zusammengenommen bekommen wir eine ganz starke Innere Abteilung“, sagt Pflegedirektor Norbert Nadler.

Damit die Rheumatologie-Patienten Platz haben, kommen in Kirchheim im Juni 60 Betten dazu. Auch die Chirurgie kann ab Juli wieder in vollem Umfang arbeiten; durch den Baustopp waren nur 80 Betten verfügbar, ab Sommer sind es über 100. Wenn der Umzug abgeschlossen ist, ist die Klinik Kirchheim 277 Betten stark. Bisher waren es zwischen 210 und 220, während des Baustopps sogar unter 200.

Thorsten Lukaschewski und Norbert Nadler sind zuversichtlich, dass sie die Klinik Kirchheim mit der höheren Bettenzahl aus den roten Zahlen holen können. Aktuell arbeitet das Krankenhaus nicht wirtschaftlich, sondern macht 700 000 Euro Verlust. Zum Vergleich: Das Kreiskrankenhaus in Ostfildern-Ruit ist mit 3,1 Millionen Euro im Minus. Norbert Nadler schiebt die 700 000 Euro Verlust auf die Betten, die während des Baustopps gefehlt haben. „Hätten wir alle Betten zur Verfügung gehabt, hätten wir unser Defizit reduzieren können“, sagt Norbert Nadler.

Thorsten Lukaschewski verweist außerdem auf Einsparpotenziale, die durch den Abbau von Doppelstrukturen entstehen. Beispielsweise wird die Radiologie in Plochingen geschlossen, die bisher Leistungen für die Innere Medizin erbracht hat. Dadurch fallen Kosten für die Ersatzbeschaffung und Wartung teurer Großgeräte wie Computertomografen weg. Außerdem werden das Labor und die Küche nicht mehr gebraucht. Durch Synergieeffekte erhofft sich der Aufsichtsrat der Kreiskliniken jährliche Einsparungen in Höhe von einer Million Euro. Thorsten Lukaschewski hält das für realistisch. Die Schließung der Somatik in Plochingen entlastet aus seiner Sicht außerdem die Ärzte, die bisher zwischen Plochingen und Kirchheim hin- und herpendeln mussten, beispielsweise die Anästhesisten.

Wie viele Ärzte und Pfleger den Weg nach Kirchheim mitgehen, wissen Thorsten Lukaschewski und Norbert Nadler noch nicht. Schließlich steht es jedem offen, sich eine andere Stelle zu suchen. Willkommen seien aber alle. „Wir brauchen jeden Einzelnen“, sagt Thorsten Lukaschewski. Momentan laufen Gespräche mit den Plochinger Mitarbeitern, einige haben ihren neuen Arbeitsplatz schon besichtigt. „Es gibt eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern beider Häuser, die den Umzug vorbereiten“, sagt Norbert Nadler. Man würde außerdem versuchen, die Plochinger Teams nicht auseinanderzureißen.

Unklar ist bisher, wie es mit der Psychiatrie weitergeht. Vorerst bleibt sie in Plochingen angesiedelt. Zeitweise war ein Umzug nach Kirchheim angedacht. Thorsten Lukaschewski glaubt nach der jüngsten Kreistagsentscheidung nicht, dass es dazu kommt. „Wenn die Rheumatologie kommt, ist für die Psychiatrie kein Platz mehr“, sagt er. Die Rheumatologie zieht in den Teil des Neubaus ein, der für die psychiatrische Tagesklinik vorgesehen war. Der Gebäudeteil, der ursprünglich Psychiatrie werden sollte, kommt nicht mehr in­frage, weil er statische Mängel aufweist und Brandschutzauflagen nicht erfüllt. „Die Sanierung wäre teurer als ein Neubau“, sagt Thorsten Lukaschewski.

Das Eingangsgebäude der psychi­atrischen Tagesklinik an der Ecke Stuttgarter Straße/Charlottenstraße, das seit über einem Jahr im Rohbau steht, wird vermutlich nie genutzt werden. Der Plan, an der Kirchhei­mer Klinik eine psychiatrische Tagesklinik zu bauen, stammt noch aus dem Maßnahmenpaket, das der Kreistag 2003 beschlossen hat. „Die psychiatrische Tagesklinik ist hier isoliert nicht sinnvoll, die Psychiatrie braucht ein neues Konzept“, sagt Thorsten Lukaschwewski.

Welche Überraschungen das Klinik-Gutachten von Ernst & Young für die Klinik Kirchheim bereithält, wissen Thorsten Lukaschewski und Norbert Nadler noch nicht. In der jüngsten Kreistagssitzung hatten mehrere Redner angedeutet, dass nach der Schließung der Somatik in Plochingen weitere Einschnitte folgen werden. Der Standort Kirchheim wurde – anders als Ruit – nicht explizit genannt. Norbert Nadler ist vor dem Gutachten nicht bange. „Wir betreiben hier Spitzenmedizin und brauchen uns vor niemandem zu verstecken“, sagt er.