Kreis Esslingen. Die Stuttgarter verbrennen in Münster den Restmüll aus dem Landkreis Esslingen und fahren ihren Biomüll – 10 000 Tonnen jährlich – nach Kirchheim ins Kompostwerk. So war‘s bisher und so wird es bis Ende 2015 sein. Ab 2016 aber will die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) den organischen Müll aus der Landeshauptstadt in einer bis dahin in Zuffenhausen gebauten modernen Vergärungsanlage verstromen und mit der Abwärme das Hallenbad von Zuffenhausen beheizen. Das Genehmigungsverfahren sei zwar aufwendig, so AWS-Leiter, Dr. Thomas Heß. Doch ist er „guter Hoffnung“, dass die Vergärungsanlage bis 2016 in Betrieb gehen kann.
Lange genug musste die Abfallwirtschaft Stuttgart im Stadtgebiet nach einem geeigneten Standort suchen. Von ursprünglich 16 angedachten Arealen blieben am Ende nur noch drei übrig. Das Rennen machte schließlich Zuffenhausen mit dem Hummelsbrunnen Süd. „Dieser Standort erfüllt am ehesten alle geforderten Kriterien“, sagt Thomas Heß. Die nächsten Wohnhäuser stehen mehr als 300 Meter weg, der Platz liegt hinter einem Damm der neuen Bundesstraße B 27 und ist nach den Worten des AWS-Leiters nicht einsehbar. Außerdem wird er auch von einem Bahndamm abgeschottet und entspricht der Philosophie der kurzen Wege.
Um den Vertrag mit den Stuttgartern einhalten zu können, lässt der Abfallwirtschaftsbetrieb seinen überschüssigen Biomüll, etwa 3 000 Tonnen, seit einigen Jahren in anderen Kompostwerken verarbeiten. Diese Mengen könnten ab 2016 im Kompostwerk Kirchheim kompostiert werden, wodurch der AWB Kosten von rund 200 000 Euro einsparen könnte. Um diesen Betrag würde sich der Verlust von rund einer Million Euro durch den Wegfall des Stuttgarter Biomülls verringern.
Es bleibt aber eine Differenz von rund 800 000 Euro, die ausgeglichen werden muss. Hierbei blickt AWB-Geschäftsführer Rolf Hahn zum Nachbarlandkreis Göppingen. Der hat die Biomülltonne noch nicht eingeführt. „Da könnten sich Kooperationsmöglichkeiten ergeben“, hofft Hahn. Was die Grünmüllmenge aus dem Kreis Göppingen anbelangt, wollte er sich nicht aus dem Fenster lehnen, schätzte sie aber auf rund 10 000 Tonnen pro Jahr.
Eine andere Option für die Esslinger sieht Rolf Hahn in Stuttgart. Für den AWB wäre es kein Problem, die Gärreste im Kompostwerk Kirchheim nachbearbeiten zu lassen. „Wir sind darüber in ständigem Gespräch“. Der Abfallwirtschaftsbetrieb hat damit Erfahrung. Schon seit etlichen Jahren lässt er in Kirchheim jährlich 10 000 Tonnen Reste aus der Vergärungsanlage Leonberg mit frischem Biomüll vermischen und kompostieren. „Das funktioniert sehr gut“, weiß der AWB-Geschäftsführer. Er schätzt, dass auch in der Stuttgarter Vergärungsanlage in etwa die gleiche Menge wie in der Leonberger Anlage an Gärresten anfallen werde.
„Wir haben ein sehr gutes Verhältnis mit den Esslingern und sind grundsätzlich daran interessiert, die Gärreste sinnvoll einzusetzen“, sagt der Leiter der Stuttgarter Abfallwirtschaft, Thomas Heß. Das Ganze sei lediglich eine Frage des Preises.
Letzten Endes wird sich diese Frage auch der Göppinger Kreistag stellen müssen. Denn der Leiter des dortigen Abfallwirtschaftsbetriebs, Eberhard Stähle, geht davon aus, dass der Staufer-Landkreis nicht umhinkommen wird, für seine 115 000 Haushalte eine Biomülltonne einzuführen. „Wir werden in der zweiten Jahreshälfte in die Diskussion einsteigen“, erklärt Stähle. Ohne dem Kreistag in Göppingen vorgreifen zu wollen, rechnet der AWB-Leiter mit einem positiven Beschluss bis zum Jahresende. Dann stellt sich für die Göppinger die Frage der Verwertung des organischen Abfalls. Kompostieren? Vergären?
„Wir wollen die Verwertung ausschreiben. Dabei bleibt es dem Landkreis Esslingen natürlich unbenommen, sich zu beteiligen“, sagt Eberhard Stähle, wohl wissend dass der günstigste Bieter zum Zug kommt.