In Kirchheims Innenstadt könnte es schon bald keinen Lebensmitteldiscounter mehr geben
Kunden bangen um ihren Laden

Die Lebensmittelversorgung scheint nicht nur in den Dörfern schwieriger zu werden, sondern auch mitten in den Innenstädten: In Kirchheim befürchten die Verbraucher jetzt ganz ernsthaft, dass mit der Norma-Filiale in der Metzgerstraße der letzte Lebensmitteldiscounter in Bälde die Innenstadt verlässt.

Andreas Volz

Kirchheim. Zwei deutliche Vorzeichen sehen die Verbraucher für eine Umstrukturierung des Norma-Angebots in Kirchheim: Zum einen baut Norma in der Tannenbergstraße derzeit einen neuen Lebensmittelmarkt. Zum anderen wird ein Mieter für ein „Ladenlokal“ in der Metzgerstraße gesucht, und zwar ab Mai 2014. Deshalb gehen die Kunden in der Innenstadt davon aus, dass sie sich im Frühjahr oder spätestens im Sommer nach anderen Einkaufsmöglichkeiten umsehen müssen. Wer zu Fuß einkaufen geht, weil kein Auto zur Verfügung steht, tut sich damit genauso schwer wie diejenigen, die – aus welchen Gründen auch immer – dem Discounter den Vorzug gegenüber den Vollsortimentern geben. Letztere haben ja durchaus großflächige Märkte zu bieten, zumindest am Rand der Kirchheimer Innenstadt.

Noch allerdings sei es keineswegs sicher, dass sich Norma in Kirchheim aus dem Stadtkern zurückzieht, sagt Albert Eichbaum, Niederlassungsleiter der Norma-Regionalgesellschaft mit Sitz in Dettingen/Iller, auf telefonische Nachfrage des Teckboten: „Bis jetzt ist noch keine Entscheidung gefallen. Kirchheim würde sicher auch einen zweiten Markt vertragen.“ Bei der augenblicklichen Suche nach einem neuen Mieter für den Standort Metzgerstraße handle es sich lediglich um den „Versuch, eventuell un­terzuvermieten“. Die Frage sei, ob es darauf überhaupt Resonanz gibt.

Tatsächlich gebe es Überlegungen, den Lebensmittelmarkt in der Metzgerstraße zu schließen. Aber definitiv werde darüber wohl erst Ende Februar ein Beschluss gefasst, „Wenn wir allerdings zu der Entscheidung gelangen, in der Innenstadt aufzuhören“, fügt Albert Eichbaum hinzu, „dann kann das auch sehr kurzfristig umgesetzt werden.“

Die Beunruhigung in der Bevölkerung kann der Niederlassungsleiter gut verstehen. Er verweist aber auf die „wirtschaftliche Frage“, um die es in diesem Fall gehe. Ein Lebensmittelmarkt in der Größenordnung und mit der Lage wie in der Metzgerstraße sei „nicht mehr zeitgemäß“. Die aktuelle Situation bezeichnet er als „nicht zufriedenstellend“. Baulich sei man in der Metzgerstraße „sehr eingeschränkt“, was Erweiterungsmöglichkeiten betrifft. Die Anlieferung sei alles andere als einfach, und außerdem sei es eine „große Herausforderung“, eine funktionierende Kühlanlage in der alten Bausubstanz unterzubringen – von den damit verbundenen Unannehmlichkeiten für die Anwohner einmal ganz abgesehen.

Albert Eichbaum sagt, dass er einen Standort bevorzugt hätte, der näher an der Innenstadt liegt als die Tannenbergstraße in der Bohnau. Aber er sieht generell auch die Tendenz in den Kommunen, die Lebensmittelhändler lieber außerhalb anzusiedeln. Außerdem verweist er noch auf die hohen Preise für Grundstücke oder Mieten in den Innenstädten, die sich mit dem Lebensmittelhandel nicht mehr ganz so leicht erwirtschaften lassen.

Für Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker sind es weniger die Kommunen, die die Lebensmittelhändler lieber am Stadtrand sehen. Für sie liegt es vielmehr an den Gesetzen des Marktes. „Discounter wollen Parkplätze“, sagt sie und fügt hinzu, dass in der Innenstadt auch nicht die zusammenhängenden Ladenflächen im gewünschten Zuschnitt zur Verfügung stehen, die dem Bedarf heutiger Lebensmittelmärkte entsprechen würden.

Dass es nun wahrscheinlich schon bald keinen Lebensmitteldiscounter mehr in der Innenstadt geben wird, findet sie natürlich „schade für Kirchheim“. Dadurch werde „ein wichtiges Angebot für die tägliche Versorgung“ wegbrechen. „Der Verbraucher, den wir uns wünschen, ist der, der zu Fuß einkaufen geht“, meint die Oberbürgermeisterin. Und dieser Verbraucher werde es künftig noch schwerer haben. Besonders für ältere Leute werde die Situation sehr schwierig, das sieht auch Angelika Matt-Heidecker klar und deutlich. Andererseits habe die Stadtverwaltung wenig Handlungsspielraum in dieser Angelegenheit: „Ich kann ja niemanden verpflichten, einen Laden zu betreiben.“

Die Frage, ob es für die Kirchheimer Innenstadt eine ähnliche Lösung geben könnte wie mit dem Cap-Markt in Ötlingen, beantwortet die Oberbürgermeisterin, indem sie von „zwei paar Stiefeln“ spricht. In Ötlingen habe die Stadt Kirchheim die Ansiedlung des Cap-Markts finanziell unterstützt, um dort einen befürchteten „Trading down“-Effekt zu verhindern – also den Effekt, dass ein Quartier langsam verkommen könnte, wenn keine angemessenen Läden mehr vorhanden sind. In der Innenstadt sieht Angelika Matt-Heidecker dieses Problem aber nicht. Dort gebe es sehr viele hochwertige Angebote. Außerdem habe sich die Stadtverwaltung, wie auch der Gemeinderat, damals in Ötlingen schon „sehr schwer getan“. Für die Innenstadt scheint diese Möglichkeit derzeit also völlig ausgeschlossen zu sein.

Insofern bleibt für die Kunden nur die vage Hoffnung, dass Norma auch nach Eröffnung der Filiale in der Tannenbergstraße – die frühestens im April erfolgen wird – noch möglichst lange in der Innenstadt bleibt. Ansonsten können sie eben jetzt noch die Gelegenheit nutzen, zu Fuß oder per Fahrrad in der Innenstadt ihre Lebensmittel einzukaufen. Dabei wird aber die drohende Schließung bei jedem Einkauf wie ein Damoklesschwert über ihren Köpfen schweben.