Bundestagswahl
Landwirtschaft: Alle wollen die Kleinen schützen

Bauernhöfe Für die Bundestagskandidaten im Wahlkreis Nürtingen sind die regionalen Erzeuger wichtige Lebensmittelproduzenten, die für die Versorgungssicherheit der Bürgerinnen und Bürger sorgen. Von Iris Häfner

Die Pandemie hat den Blickwinkel auf vieles verändert. Was für selbstverständlich gehalten wurde, konnte plötzlich zur Mangelware werden – Stichwort Klopapier. Auch die heimische Landwirtschaft rückte wieder in der Vordergrund. Vielen Menschen wurde bewusst, wie wichtig es ist, mit Grundnahrungsmitteln versorgt zu sein.
„Die Versorgungssicherheit ist mein Leib- und Magenthema, das durchzieht alle Lebensbereiche“, sagt Michael Hennrich (CDU). Das betreffe Lieferengpässe von Arzneimitteln ebenso wie Lebensmittel. „Wir brauchen mehr regionale Versorgungssicherheit, um nicht von den globalen Märkten abhängig zu sein. Auf die Grundbedürfnisse der Menschen muss die Politik ihr Augenmerk richten und die Produktion im Inland sichern“, so Hennrich. Die Pandemie habe den Blick dafür geschärft. „Wir haben uns in falscher Sicherheit gewiegt und gemerkt, wie empfindlich das System ist. Wir brauchen einen gesunden Mix.“ Deshalb ist es selbstredend für ihn, die heimische Landwirtschaft zu stärken.
„Die transparente Erzeugung von Lebensmitteln, regionale und jahreszeitengerechte Angebote, kurze Transportwege und der direkte Draht zum Erzeuger sprechen für die einheimische Landwirtschaft. Mit dem Einkauf Tierschutz, Natur- und Klimaschutz zu betreiben ist mir besonders wichtig“, sagt Matthias Gastel (Grüne). Für den Klimaschutz sei insbesondere die Verringerung des Tierbestands in den Ställen erforderlich. Hier seien alle in der Verantwortung, für „Klasse statt Masse“ zu sorgen. Die Politik muss aus seiner Sicht die Fördermittel so umverteilen, dass auch kleinere Erzeuger eine Chance haben und gezielt die ökologische und tiergerechte Landwirtschaft unterstützt wird.
„Die Landwirtschaft steht angesichts von Globalisierung, Klimawandel und gesellschaftlichen Erwartungen vor Herausforderungen“, sagt Nils Schmid (SPD). Corona habe auf ein bekanntes Problem aufmerksam gemacht: Das globalisierte Agrarsystem habe Grenzen. Statt pauschaler Flächenzahlungen der EU an Landwirte einzuschränken, müssten mit den EU-Fördermitteln landwirtschaftliche Betriebe, die sich für Umweltschutz und Tierwohl einsetzen, unterstützt werden. „Große Player der Schlachtindustrie, Molkereien und im Einzelhandel profitieren von Subventionen, die nicht bei Landwirten ankommen. Dagegen wollen wir vorgehen und der Preisdrückerei einen Riegel vorschieben“, verspricht Nils Schmid.

Im Studium zur Vegetarierin geworden

Renata Alt (FDP) hat während ihres Studiums der Biochemie und Ernährungswissenschaften entschieden, sich nur noch vegetarisch zu ernähren. „Damit Verbraucher Entscheidungen treffen können, ist Transparenz das Stichwort. Dafür brauchen wir ein einfaches und verpflichtendes Tierwohllabel in der gesamten EU und mittelfristig europaweit einheitliche Tierschutzstandards.“ Die heimische Landwirtschaft produziere zu höchsten Standards. „Ihr gebühren mehr als warme Worte – insbesondere ein fairer Umgang seitens der Politik, die in den vergangenen Jahren oft schmerzlich vermisst wurde und zu den bundesweiten Bauern-Protesten geführt hat“, so Alt.
„Die Landwirtschaft ist für mich unsere Lebensgrundlage und der beste Heimatschutz. Bauern erarbeiten nicht nur unsere Lebensmittel, gleichzeitig sind sie auch Landschaftspfleger, Saatgut-Erhalter und Tierpfleger. Sie machen alles das, was kommunale Dienste und Umweltverbände nie leisten könnten“, erklärt Kerstin Hanske (AfD). Die Rahmenbedingungen seien von der Politik gezielt gegen „die Kleinen“ gesetzt worden. „Die Politik habe gezielt zu „Wachsen oder Weichen um jeden Preis, ohne Rücksicht auf Mensch und Tier“ hingeführt. „Die großen Ställe, die immer wieder für Skandal-Videos sorgen, wurden so von den Ämtern genehmigt und gefördert, wie sie heute dastehen und betrieben werden.“
Großen Respekt vor den Menschen, die sich täglich um die Landwirtschaft in der Region kümmern, hat Hüseyin Sahin (Linke). „Das ist harte Arbeit.“ Die Linke wolle eine sozial gerechte und auf das Gemeinwohl orientierte Landwirtschaft fördern, mit dem Schwerpunkt auf regionaler Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung. „Wir setzen uns für eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik ein. Ab der kommenden Förderperiode sollen die Zahlungen konsequent an wissenschaftlich fundierte Umwelt- und Sozialkriterien und an den Tierschutz gebunden werden.“ Der Weg von bäuerlichen Betrieben in die industrielle Tierhaltung müsse rückgängig gemacht werden.

 

Welchen Stellenwert die Nahrungsmittel für die Verbraucher haben, das wollte der Teckbote von Besuchern der Kirchheimer Innenstadt erfahren.